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Ariel Pink's Haunted Graffiti - Mature themes

Ariel Pink's Haunted Graffiti- Mature themes

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 17.08.2012

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Fleisch ist sein Gemüse

"Er hatte dieses ... dieses ... also, er hatte was." So John Maus auf gewohnt beredte Art über Ariel Rosenberg alias Ariel Pink. Der gleichen Ansicht waren offensichtlich Animal Collective, als sie die unzähligen in Heimarbeit aufgenommenen Lo-Fi-Songs des Kaliforniers auf ihrem ursprünglich eigenem Material vorbehaltenen Label Paw Tracks veröffentlichten. Nur: Was hat er? Außer eine Meise, wovon man sich nicht nur auf seinen Frühwerken, sondern auch auf dem letzten Album "Before today" überzeugen konnte? Eine Menge. Vorsintflutliche Drummachines, gleichzeitig spitz gespielte und vernebelte Gitarren, Tasteninstrumente, die zuweilen klingen wie bei Toys"R"Us geklaut. Verschroben ziselierte Songs und Texte, die einem eigentlich nur auf der Hirnkirmes einfallen können, natürlich auch. Erst recht auf "Mature themes".

Ein einleuchtender Titel. Selbst wenn auf dem Opener "nur" ein Klaus Kinski nachempfundener Killer um sich schießt und Rosenberg von Darth Vaders in Weiß und Kamikaze-Klößen fantasiert, die Hoden als Bomben abwerfen - diese Details wurden vermutlich in wenig jugendfreien Gemütszuständen ersonnen. Von mannstollen Frauen in Bibliotheken und tödlichen Blowjobs ganz zu schweigen. Wenigstens heißt es zwischendurch trostreich: "And we will always have Paris." Was er wohl meint? Paris Hilton? Paris, Texas? Oder tatsächlich die französische Hauptstadt, sofern man ihr Wahrzeichen als Phallussymbol missverstehen kann? Dazu dudeln Bontempi-Orgeln, und Rosenberg brummelt wie ein David Bowie, der vom Meeresboden aus durch ein Schilfrohr singt. Oder war es Bryan Ferry? Eigentlich egal. Hier ist ohnehin wenig, wie es scheint.

Doch sind dieser entgeisterte Einstieg und der schockgefrostete Fuzz von "Is this the best spot?" zerkaut, wird klar: Ariel Pink's Haunted Graffiti beherrschen die Kunst, die bizarren Visionen ihres Mentors in herrlich ausgebleichten Glam-Pop zu überführen, bei dem der Himmel voller Discokugel-Luftballons hängt. Und während Ex-Kollege Maus meist nahe am Gefrierpunkt operiert, sind Sonnenschein und Summer Of Love hier plötzlich greifbar nahe. Im Titelstück genauso wie beim wunderbaren "Only in my dreams", zu dessen federnden Licks sogar The Mamas & The Papas nicken und den kleinen Ariel gewähren lassen würden: Er ist nun mal ein reizender Racker und isst immer seinen Teller leer. Auch im von Synthies durchtröteten "Schnitzel boogie" - inklusive abstruse Bestellung im Burger-Laden und Distortion-Chaos am Ende. Fleischeslust einmal anders.

Trotz der seit "Before today" deutlich akzentuierteren Produktion ist Lo-Fi aber weiterhin ein Thema - zum Glück, denn vermutlich würde es diesen in ihrer schludrigen Unvollkommenheit perfekten Liedern nur schaden, wenn man sie im Studio künstlich aufgepumpt hätte. Passend dazu greift der Blue Eyed Soul von "Baby", eine Coverversion der Milchbubis Donnie & Joe Emerson, zum Schluss ganz tief in die schmalzige Mottenkiste. Pikanterweise, ohne den Song merklich zu verändern - dank Gastvokalist Dâm-Funk ist sogar für das originalgetreue Duett gesorgt. Eine Deckungsgleichheit, die jedoch genausowenig stört wie bei der Fassung von The Rockin' Ramrods' "Bright lit blue skies", die den Vorgänger eröffnete. Denn Rosenberg hat sein bisher bestes Album gemacht. Das Schnitzel ist verputzt - "Mature themes" aber wird bleiben.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Kinski assassin
  • Mature themes
  • Only in my dreams
  • Symphony of the nymph

Tracklist

  1. Kinski assassin
  2. Is this the best spot?
  3. Mature themes
  4. Only in my dreams
  5. Driftwood
  6. Early birds of Babylon
  7. Schnitzel boogie
  8. Symphony of the nymph
  9. Pink slime
  10. Farewell American primitive
  11. Live it up
  12. Nostradamus & me
  13. Baby

Gesamtspielzeit: 50:55 min.

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