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Bonaparte - Sorry, we're open

Bonaparte- Sorry, we're open

Staatsakt / Warner
VÖ: 17.08.2012

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Dicht am Wind

Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein. Eine Erkenntnis ganz im Sinne von Bonaparte, egal ob die Band um Zeremonienmeister Tobias Jundt lediglich vordergründig kalauern oder doch eine versteckte Selbstdiagnose abgeben will. Hauptsache: Die bunte Chaostruppe weiß inzwischen nicht nur die feierwütigen Horden der angesagten Clubs, sondern auch einen dicken Major-Vertrieb und namhafte Features aus der elektronischen Fraktion hinter sich. Das ideale Gegenstück also zum wie üblich großkarierten Indie-Punk aus dem Rotlichtareal des Vergnügungszentrums. Das Transportmittel hat sich auf "Sorry, we're open" allerdings geändert: War das Motto auf "My horse likes you" noch "Hoppe hoppe Reiter", nehmen Bonaparte nun das Schiff. Denn sie wissen: Eine Seefahrt, die ist lustig. Manchmal unerträglich lustig.

Direkt zu Anfang erzählt der Stimmprozessor von fernen Gestaden und drohender Havarie, die Interludes sind nach Geokoordinaten benannt - wahrscheinlich pure Absicht, dass eine von ihnen ausgerechnet den Brooklyner Stadtteil Williamsburg bezeichnet. Schließlich wollen Jundt und sein Ensemble hoch hinaus. Auch wenn es bald "This ship is in quarantine" heißt und alle Bedenkenträger spätestens da laut aufjaulen dürften. Doch ob sie wollen oder nicht: Diese Vorabsingle kickt und treibt eine giftige Kratzfurie von einer Gitarre sowie zweckdienlich entsetzte Vocals aus dem Staubsauger vor sich her. Verwunderlich, dass der Berliner DJ Housemeister sich für den Gastauftritt bei diesem ausufernden Partysong nicht seines Pseudonyms Otherfucker bedient - aber im Grunde auch nebensächlich. Viel hört man von ihm hier ohnehin nicht.

Von Bonaparte umso mehr, denn auch "Sorry, we're open" besitzt musikalisch wie inhaltlich circa die Subtilität eines Pottwals im Zierfischteich. Metallischer Punkrock prallt ungeschützt auf Weisheiten wie "Spending money you don't have to impress people you don't like", die man von Facebook-Seiten namens "Hör auf damit, wir müssen jetzt seriös wirken" kennt. Aber Bonaparte hören nicht auf, sondern legen stets einen drauf. Beim angefressenen Hipster-Hop "C'est à moi qu'tu parles?" oder im designierten Tanzflächenfüller "Mañana forever", der "Anti anti" zu leicht gedrosseltem Tempo und Widerhäkchen aus Synthie-Gewinsel bald in den Clubs ablösen dürfte. Kein Wunder, wenn Jundt "If I had to send out marching orders / I'd make fuck not kill" und "Tomorrow I'll stop smoking" verspricht. Prokrastination für Dummies.

Dabei brauchen Bonaparte weiterhin kein Zentimetermaß für ihre Selbstdistanz - es würde sowieso spätestens dann nichts mehr nützen, wenn Deichkind bei "Alles schon gesehen" polternd das Studio entern und Jundt zu kolossalem Elektro-Brett den Wirrkopf geraderücken: "Du kannst doch gar nichts sehen mit Deiner Maske auf." Das bestmögliche Zusammentreffen zwischen den Wahnsinnigen mit der hedonistischen Bühnenshow und den Bekloppten mit der Jägermeister-Schubrakete. Doch zugegeben: Etwa ab der Mitte ist der grelle Drops gelutscht, und man beginnt sich nach einem ruhigen Plätzchen im Seniorenstift für alternde Seebären zu sehnen. Und so ist "Sorry, we're open" ein Zwischenfall mit Sollbruchstellen: Tendenz furchtbar, aber ansatzweise très charmant, da nach allen Seiten offen. Und daher - na ja, kann man sich ja denken. Oder?

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Quarantine (feat. Housemeister)
  • Mañana forever
  • Alles schon gesehen (feat. Deichkind)

Tracklist

  1. When the ship is thinking
  2. Quarantine (feat. Housemeister)
  3. Sorry, we're open
  4. C'est à moi qu'tu parles?
  5. 40°42'48.46 N 73°58'18.38 W
  6. Point & shoot (feat. Siriusmo)
  7. A little braindead
  8. Mañana forever
  9. Alles schon gesehen (feat. Deichkind)
  10. 53°32'26.81 N 09°58'47.28 E
  11. Quick fix
  12. High heels to hell
  13. In the breaks
  14. 40°51'42.94 S 173°00'46.63 W
  15. Bonahula

Gesamtspielzeit: 45:00 min.

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