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The Enemy - Streets in the sky

The Enemy- Streets in the sky

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 25.05.2012

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Die Himmelshüpfer

Es ist selten genug und erfreulich zu hören, wenn eine Band doch noch die Kurve kriegt, die bislang trotz spürbarem Potential hartnäckig durchs Mittelmaß mümmelte. So die englischen Chartstürmer The Enemy. Auf ihren bisherigen zwei Platten war das Problem entweder das Britpop-Elfmaleins (elf Songs pro Platte, ein Trademark pro Song) oder die Überambition bei zu wenigen tragenden Ideen. Andererseits haben die drei Coventrier dadurch heute eben den Vorteil, dass sie als blutjunge Band kaum wirklich herausragend waren - weshalb sie mit ihrem dritten Album einfach mal die jugendliche Unbeschwertheit entdecken können. Genau dort also, wo so viele andere älter, weiser und abgeklärter klingen möchten. Klingt komisch? Nö, klingt prima.

Denn damit ist keineswegs gedankenloses Haudrauf gemeint. "Streets in the sky" schafft es vielmehr, die haltlosen Ideen merklich abzuspecken und sich in einem konsistenten Songformat einzufinden. Das Uptempo von "Gimme the sign" und "Come into my world" reißt die 1970er nur noch ganz am Rande an und konzentriert sich stattdessen auf Powerpop und Britpunk der dritten Generation. Da sitzt dann auch Tom Clarkes Organ rotzig und kratzig genug auf kraftvollen Harmonien und muss nicht länger als Icon den ganzen Kasten zusammenhalten. Auch nach dem einen Riesenrefrain wird nur nach dann gefahndet, wenn es aus dem Song heraus Sinn ergibt - und plötzlich ist das tatsächlich weitaus häufiger der Fall als auf den beiden Vorgängern zusammen.

Zu den Killermelodien von "Saturday", "Like a dancer" und "1-2-3-4" etwa lässt es sich ausschließlich gen Himmel hopsen. Weil hier jedes Instrument die Kraft aufnimmt und vorantreibt. Weil Clarkes Stimme zusätzlich Druck macht. Und weil die Arrangements zwar unbeirrt nach vorne gehen, sich aber auch locker machen, um gleich darauf wieder energetisch anzuziehen. Und, da es bei der Armada an "Oh-oh-oh"s und Backgroundchören, die auch "It's a race" und "Turn it on" anzubieten haben, wohl unausweichlich ist: Wären etwa Everclear jemals so gut gewesen, man könnte sie ohne Weiteres augenzwinkernd in die Referenzen schreiben. Machen wir dann natürlich auch. Denn wenigstens das versteht sich bei dieser so seltsam beglückenden Platte von selbst.

So wuppen The Enemy auf "Streets in the sky" auch das Mid- und Downtempo mit Enthusiasmus und Entschlossenheit. Die typisch melancholische Minimelodie von "This is real" etwa kann sich gegen all die rhythmische und stimmliche Wucht kaum zur Wehr setzen. Die Kraft, die der Song allein aus diesem Missverhältnis erzeugt, quittiert der Hörer mit seligem Grinsen. "Get up and dance" deutet erwartbaren Disco-Punk nicht einmal an, sondern ist ein weiterer mehrstimmig skandierter Euphoriebolide. Und wenn es zu "2 kids" folkrockig balladesk wird, so muss der Hitfaktor stimmen - und er stimmt derart eindeutig, dass es einem zwischendurch schon einmal unheimlich werden kann. Schon bei Lied neun angekommen und immer noch ausschließlich hüpfende Herzen und schwingende Hüften? Was zum Teufel ist bloß mit dieser Platte los?

Nach Lied zwölf muss weitergefragt werden: Ein punkrockendes Kleinod, geschmiedet ausschließlich aus Glanztaten? Ein Album, das sich mit allem, was es hat, mit vollem Herzen und ganzer Seele einem einzigen Stil verschreibt, um ihm noch den letzten Glückstropfen abzupressen? Zudem von einer Band, die nicht nur ihre eigene Jugend vergessen macht, sondern die jedes alten Sackes an der Tastatur gleich mit? Sodass dieser sich postwendend wünscht, "heute" wäre tatsächlich das bessere "früher"? Was für ein wunderbares Missverständnis.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Gimme the sign
  • Saturday
  • Like a dancer
  • This is real
  • 2 kids

Tracklist

  1. Gimme the sign
  2. Bigger cages (longer chains)
  3. Saturday
  4. 1-2-3-4
  5. Like a dancer
  6. Come into my world
  7. This is real
  8. 2 kids
  9. Turn it on
  10. It's a race
  11. Get up and dance
  12. Make a man

Gesamtspielzeit: 40:38 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Gordon Fraser

Postings: 2537

Registriert seit 14.06.2013

2016-07-26 10:52:56 Uhr
Die 8/10 hat hier ja auch großen Anklang gefunden...

Britrock-Bashing war (und ist) halt en vogue: der Backlash zum Hype um 2004/2005 herum. Das ändert nichts daran dass das hier ein absolut okayes Album ist mit ein paar Killern und ein paar Fillern. Das gab es viel schlechtere Zweit- oder Drittalben von den damaligen Hypebands (Hard-Fi, I look at you).
Aber das hier das fünftschlechteste Album aller Zeiten (http://www.webcitation.org/6gNaGLf2c)? Also bitte...
Haha
2016-07-26 10:15:28 Uhr
http://www.plattentests.de/rezi.php?show=9419

versus

http://www.albumoftheyear.org/ratings/worst/2012/
http://drownedinsound.com/releases/17021/reviews/4145008
http://www.popmatters.com/review/159805-the-enemy-streets-in-the-sky/
Gordon Fraser
2012-08-20 19:23:30 Uhr
Überraschend gut geworden. Klar, ein paar Platitüden sind hier auch wieder dabei, aber der fantastische Opener oder auch "It's a Race" oder "Make a Man" sind wirklich gelungen. Lässt den gruseligen Vorgänger auf jeden Fall vergessen.
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