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Dr. John - Locked down

Dr. John- Locked down

Nonesuch / Warner
VÖ: 30.03.2012

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Das durchdachte Biest

Das Hohelied vom Generationenkonflikt, vom ewigen Altwerden im Neuen, das ganz große Fass vom Abgesang auf das Moderne, all das könnte als Einstieg dienen - wenn da nicht Dan Auerbach wäre. Der junge Mann, der sonst bei den Black Keys ins Mirko flötet, produzierte nämlich dieses "Locked down", die x-te Platte von Dr. John. Und der wiederum macht seit über 40 Jahren Musik, allerdings ohne dass davon irgendjemand groß Kenntnis nimmt. Dabei bietet er neben illustren Zusammenarbeiten mit Frank Zappa und Aretha Franklin auch den nötigen Mythos, damit die Kritik ihn als Legende durchwinkt. Bei einer Auseinandersetzung in einem Nachtclub zu Beginn seiner Karriere greift jemand zum Gewehr. In bester Deeskalationsmanier greift John Rebennack Junior an den Lauf der Waffe und wird am Ringfinger verletzt. Von da an bleibt die Gitarre in der Ecke stehen und vom Bass geht es dann ans Piano als Dr. John. Ihm fehlte für die Saiten einfach das Gefühl nach dem Unfall. Seine Platten verkauften sich trotzdem meist eher mau.

Also sind alle Geschichten gestrichen, wie Dr. John seine erste Platte veröffentlicht, bevor Mama Auerbach Sohn Dan überhaupt stillen konnte. Es ist ein Glücksfall, dass diese beiden Musiker zusammentrafen. Denn Auerbach schafft es, der gesamten Produktion dieser Platte einen modernen Anstrich zu verpassen, in der sich die Melodien und der Blues entfalten können. Wenn die Orgel in "My children, my angels" einsetzt und die Gitarren dahinziehen, funktioniert das perfekt. Der Sound bleibt durchweg klar, ohne allerdings die Verschrobenheit von Dr. John in den Hintergrund zu stellen. Dass sich der alte Fuchs ab und an sogar anhört wie Auerbach selbst, ist vermutlich ein Kniff der Verehrung. Dazwischen tankt die ganze Kiste seine Kraft aus dem Groove, den zum einen der Bass, zum anderen Auerbachs Gitarre einfließen lassen. Dahinter warten manchmal wie in "Big shot" Bläser, die sich dem Rhythmus unterordnen und wie Treibgut auflaufen. Das passiert alles so wahnsinnig geschlossen, natürlich und perfekt, dass "Locked down" die meiste Zeit versteckt, was für ein verflucht durchdachtes Biest es eigentlich ist.

In "Revolution" zeichnet Dr. John mit wenigen Zeilen ein bitteres Bild, während dahinter die Mulatu Astatke-Gedächtnisbläser die Takte flottmachen. "Hands in surrender / Killed in they tracks / Babies, women raped /Leaders on they backs / Religious delusions / Stone confusion", posaunt er da. Die Nostalgie kriecht langsam in den Beinen hoch, der Whiskey fordert seine Vernichtung und der Kopf wird so wunderbar schwer, Babe. Es gibt nur eine Möglichkeit, dem Elend auszuweichen. "This is the ice age / Smokin' crack, firing up" - ein Rat vom Doktor höchstselbst. Die Tür bleibt geschlossen, gepennt wird bis um Drei am Nachmittag. Dr. John steht auf der Seite der Verlierer, doch sein Blues klagt nur noch an manchen Stellen an. Vielmehr mischen sich Funk, Jazz und auch afrikanische Rhythmen unter die vierzig Minuten von "Locked down". Dazu bleibt Rebennack ein Teufel an den Tasten, mit denen er die Platte am Brennen hält. Die Zusammenarbeit mit Auerbach wird seine Verkaufszahlen wohl nicht befeuern, aber dafür all die hoffnungslosen Seelen, die Dr. John mit diesem Sound fangen wird.

(Björn Bischoff)

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Highlights

  • Locked down
  • Revolution
  • My children, my angels

Tracklist

  1. Locked down
  2. Revolution
  3. Big shot
  4. Ice age
  5. Getaway
  6. Kingdom of izzness
  7. You lie
  8. Eleggua
  9. My children, my angels
  10. God's sure good

Gesamtspielzeit: 42:33 min.

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User Beitrag

Jennifer

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 4711

Registriert seit 14.05.2013

2019-06-07 12:06:26 Uhr
afromme
2012-05-05 23:28:39 Uhr
Klingt doch spötze. Sehe auch gerade dies hier, eine anständige Sammlung seines Frühwerks aus den 60ern/70ern zu anständigem Preis. Beschäftige ich mich bei Gelegenheit mal ausführlicher mit.
Nochmaler
2012-04-15 16:14:02 Uhr
Ich weiß nicht, ich weiß nicht.
Kommt, Leute, denkt nochmal drüber nach!
Klarsteller
2012-04-14 20:08:03 Uhr
Bon Iver=gut
john Zorn=schlecht
Sushi
2012-04-14 20:03:16 Uhr
Das Album ist einfach nur klasse. Rotiert hier oft! Bon Iver sind ja Schlaftabletten dagegen...
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