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Charlie Winston - Running still

Charlie Winston- Running still

Real World / Warner
VÖ: 24.02.2012

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Auf weiter Flur

Wer rastet, der rostet, wer aber nicht rastet, wird relativ schnell nicht einmal mehr Zeit zum Rosten haben. Ein Kritzelstift hat das Booklet zu Charlie Winstons dritter Platte in Beschlag genommen und durchkreuzt den Titel "Still running". Darunter steht nun in bläulichen Lettern: "Running still". Dass beides weiterhin zentral und lesbar neben einem scheinbar schwerelosen Winston prangert, ergibt durchaus Sinn. Auf der einen Seite der strukturierte Hobo, der rastlose Musiker, der tourt und dauerhaft unterwegs ist; auf der anderen Seite Winston, der diese Aktivität nur deshalb an den Tag legen kann, wenn er in sich ruht und Zufriedenheit nicht nur ausstrahlt, sondern auch fühlt. Und so geht "Running still" der Gesprächsstoff nicht aus: Schon im Opener "Hello alone" stelllt Winston fest: Wer einsam ist und verreist, um seiner Situation zu entfliehen, bleibt letztlich immer noch alleine.

Zudem entzieht sich Winston der heutigen Popwelt und bringt den Altgedienten seine Honorierung zum Ausdruck. Der werte Herr Beethoven wird sodenn in "The great conversation" auf Deutsch begrüßt und seine Mondscheinsonate mit Piano, Flöte und Pfeifen umgepflügt: "Please forgive me and be assured / I'm using all your chords / To illustrate that nothing's ever new." Dass dazu im Hintergrund das Knacken alter Vinylplatten gereicht wird, darf als weitere Ablehnung der Neuzeit gesehen werden. Winston verschließt sich nicht der Veränderung, nur vermeintlichen Trends: "Running still" ist nämlich divergenter als "Hobo".

"Speak to me" beginnt mit dem Krähen eines Hahns, der sich dadurch auch in den Credits wiederfindet, Winston lacht laut und schickt eine Beat-Box auf eine kleine Reise Richtung HipHop. Für "Until you're satisfied" lässt er den Funk und Prince aufleben, und es überrascht, wie gut Winston der dreckige Blues-Rock in "Wild ones" zu Gesicht steht. "Es gibt so viele verschiedene Arten, die Kraft eines Songs zu übertragen", erklärt der gebürtige Brite seine Experimentiertfreudigkeit in einem Interview. Da in den Zwischenzeilen der Melancholie das verschmitzte Lächeln eines Herzblutmusikers sitzt, wirkt das Album nicht zu verkopft, und weil Winston seine folkig-bluesigen Singer-Songwriter-Stärken in keinem Song aus den Augen verliert, verliert sich auch "Running still" nicht etwa in blindem Aktionismus.

Die mittlerweile obligatorisch gewordene Mundharmonika bedient einmal mehr Bandkollege Benjamin Henry Edwards, der die Single "Hello alone" befeuert und Winstons Rap'n'Roll in "Rockin' in the suburbs" unterstützt. Besonders stark ist Winston aber in den ruhigen Momenten. Von der Akustikgitarre begleitet, schmilzt er durch "Lift me gently", lässt dem Piano seine Freiheit in "Unlike me", und mit "She went quietly" gelingt ihm eine fantastisch emtionale Ballade: "She went quietly without a word of where / Just a note that wrote / Forgetting is easier." So allein auf weiter Flur inmitten des Trubels hat Winston seine Hobo-Freiheit eindämmen müssen und lebte sie im Produktionsprozess zu "Running still" aus. Die Richtung stimmt: einfach laufen lassen.

(Stephan Müller)

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Highlights

  • Hello alone
  • The great conversation
  • She went quietly
  • Wild ones

Tracklist

  1. Hello alone
  2. Speak to me
  3. Where can I buy happiness?
  4. The great conversation
  5. She went quietly
  6. Unlike me
  7. Until you're satisfied
  8. Wild ones
  9. Making yourself so lonely
  10. Rockin' in the suburbs
  11. Summertime here all year
  12. Lift me gently

Gesamtspielzeit: 45:49 min.

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