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Mediengruppe Telekommander - Die Elite der Nächstenliebe

Mediengruppe Telekommander- Die Elite der Nächstenliebe

Audioakt / Rough Trade
VÖ: 23.09.2011

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Das Ende der Diskurs-Disco

Das ist es dann auch schon fast gewesen. Nach knapp zehn Jahren machen Florian Zwietnig und Gerald Mandl Schluss mit Mediengruppe Telekommander. Vorher muss es aber noch ein viertes Album geben. "Die Elite der Nächstenliebe" ist jedoch nicht nur die letzte LP, sondern gleichzeitig auch das erste Ausrufezeichen einer Label-Fusion. In Zukunft werden Staatsakt und Audiolith als Audioakt gemeinsame Sachen machen - und "Die Elite der Nächstenliebe" trägt Katalognummer 001. Wer allerdings dachte, dass auf der letzten Platte nochmal alle Register gezogen werden, der hat sich leider geirrt. Denn die Electroclash-Kombo macht eigentlich alles so wie immer. Und wenn man in gemütlichen Zeitabständen ähnliche Sozial-Plattitüden aufzudecken meint, wird es zwar schnell Konzept, aber eben auch nicht spannender. Che-Guevara-Kondom bleibt Che-Guevara-Kondom. Kurz könnte also zusammengefasst werden: "Sie, die Mediengruppe Telekommander, sie ist schon wieder völlig skandalös!" Nur verhält es sich hier eher wie bei den drei kleinen Schweinchen. Wer immer wieder plärrt, wird irgendwann einfach abgedreht. Dass die verkündeten Botschaften, wie auch schon vor vielen Jahren, keine falschen sind, soll hier nicht diskutiert werden. Schlimm ist, dass sich zwar einzelne Phrasen des Duos gewandelt haben, sie aber mit einer Krawall-Attitüde vorgetragen werden, die inzwischen dümmlich wirkt. Die Mediengruppe als Kunst-Konzept hingegen - stimmig. Angefangen, durchgezogen, aufgehört.

Die Beats könnten noch immer eine Packung Ritalin gut vertragen, und generell wird alles in den Topf geschmissen, was man an Equipment in der vergangenen Dekade eingesammelt hat. Der Effekt, wieder in einer linksalternativen Jugendorganisation irgendwo in der Provinz sitzend über die Gesellschaft zu debattieren, Sterni und Havanna-Cola zu trinken und sich dabei ganz gut vorzukommen, stellt sich schon im ersten Track "Auf der sicheren Seite" ein. Man fühlt sich von der Mediengruppe schnell bestätigt und verstanden in seinen Alltagsanalysen - gleich ob Milchkaffee-Trinker im Sankt Oberholz oder Geiz-Walter vorm Supermarkt. "Billig" sticht dann aber trotzdem heraus: Fette Synthesizer treffen auf den großen "Wir wollen alles kaputt kaufen"-Hall. Mandls Stimme erinnert tatsächlich ein wenig an die von Edi D. Winarnis (MIT). Nur, dass sich jene beim zweiten Album textliche Verstärkung vom Kraftwerk-Mann Emil Schult geholt haben. Dafür gibt es zu "Billig“ ein großartiges Splatter-Video in VHS-Optik mit kunstblutverschmierten Zombies. Stefan Fähler und Tom Erhardt sei Dank.

Der gute, alte Demowagen rollt dann spätestens bei "Draufhalten" in gewohntem Tempo und liefert das Megaphon gleich mit. Dubbiger wird es plötzlich bei "Nehmen" und dem Titel-Track "Die Elite der Nächstenliebe", die auf einer dicken Anlage sicher ganz ordentlich wummern. "Attention, Attention, wir sind die Elite", dazu lässt sich auch jenseits von allem wunderbar miteinstimmen. Interessanterweise hat ausgerechnet die Zeitung Die Welt "Die Elite der Nächstenliebe" zum Album der Woche erkoren. "Alles könnte also perfekt sein, wenn es denn nicht das letzte Album der deutschen Beastie Boys wäre", heißt es da. Treffender kommentierte einst die FAZ, nämlich im Jahre 2006, kurz nach Veröffentlichung der Single "Sprengkörper" und dem Album "Näher am Menschen": "Die Berliner Band Mediengruppe Telekommander macht Gesellschaftskritik zur großen Party." Nach endlosen Touren durch überall und nirgendwo ist man 2011 also am "Stoppschild" angelangt. Ganz gewitzt, der letzte Titel vom Album. Das Erbe der Diskurs-Disco versammelt sich zukünftig dann wohl auf Audioakt. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei.

(Carolin Weidner)

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Highlights

  • Billig
  • Nehmen

Tracklist

  1. Auf der sicheren Seite
  2. Deine Schule
  3. Billig
  4. Draufhalten
  5. Wer bist Du
  6. Überzahl
  7. Nehmen
  8. Die Elite der Nächstenliebe
  9. Stoppschild

Gesamtspielzeit: 30:00 min.

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