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Der Tante Renate - H4xX02

Der Tante Renate- H4xX02

Audiolith / Broken Silence
VÖ: 05.08.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der anonyme Elektroniker

Es gibt Dinge, die man einfach nicht lesen möchte. Erst recht nicht auf Plattentests.de. Zum Beispiel "Diese Rezension ist in Deinem Land aufgrund der restriktiven Einfuhrgesetze für Pilzrahmsuppe leider nicht verfügbar. Das tut uns leid." Groß war hingegen das Hallo, als das Aktivistenkollektiv Anonymous unlängst die Website der GEMA lahmlegte und dort nur noch eine hämische Abwandlung der allen frustrierten YouTube-Nutzern wohlbekannten Entschuldigungsfloskel erschien. Auch Norman Kolodziej, seines Zeichens eine Hälfte des Hamburger Proto-Pop-Duos Bratze, wird sich ins Fäustchen gelacht haben - schließlich laufen solche Aktionen für sein neuestes Album als Der Tante Renate vorzüglich rein.

Da passt es ins Bild, dass Kolodziej die Typographie des Artworks komplett im Netzjargon Leetspeak gestaltet und der Titel in herkömmliche Schreibweise übersetzt "Hacker" lautet. Zudem versteckt "H4xX02" per digitaler Schnitzeljagd allerlei Links zu Grafiken, womöglich konspirative Handynummern sowie Verweise auf seine restliche Diskographie. "Protect your privacy! Restore anonymity! Terrorize authority!", fordert das Booklet - und gehörig Terror macht Der Tante Renate auch musikalisch. Denn selten flogen abgesägte Filterfetzen tiefer und röhrten verwilderte Brutzelbässe rabiater. Der zurückhaltende Opener "Seconds" fungiert noch als die Ruhe vor dem Elektrosturm - der Rest sind Verwünschungen, Biere, Explosionen.

An denen hat nicht nur der Hörer, sondern auch Spaßvogel Kolodziej seine helle Freude. Fröhlich jubelt er in zwei grandios sinnfreien Zwischenspielen zuerst seinem ruhestörenden Punk-Mitbewohner einen Sprengsatz unter und grillt anschließend Würstchen über den Trümmern der zweitteuersten Klampfe der Welt - zu den scharfen Waffen in seinem Soundarsenal zählt die Gitarre aber natürlich weiterhin. Das grobschlächtige "Street sports" etwa presst zu Holzfällerriffs ein elektronisch moduliertes "Enjoy the violence" durch die chromblitzenden Zahnreihen, und "The bottom" versucht denselben digitalen Space-Rock, mit dem Der Tante Renate schon Colour Hazes "Raumschiffkommandant" auf den Pelz rückte. Rechts angetäuscht, links vorbei - auf "H4xX02" ein legitimes Mittel, denn am Ende kracht es so oder so gewaltig.

Wobei Kolodziej schlau genug ist, seine gegen vernichtend strebenden Bretterbuden gelegentlich abzumildern. Sei es im großartigen "Survive all warnings", wo brachiales Beatmalmen und Vocoder-Geteufel in einer zauberhaften synthetischen Melodie aufgehen, oder beim Remix von Bonapartes "Fly a plane into me", das morphend in einer elektronischen Gulaschkanone durchdreht. Zumindest zeitweilig ist also alles halb so arg - Der Tante Renate weiß lediglich aus Erfahrung, dass man auch einmal etwas lauter werden darf, wenn man etwas zu sagen hat. Und so zieht "H4xX02" als akustischer Flashmob mit Humor und knirschiger Elektro-Power einmal mehr den bestmöglichen Schluss. Applaus für den DJ Koze der allwissenden Schrottpresse.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Survive all warnings
  • Street sports
  • Smack
  • Void

Tracklist

  1. Seconds
  2. Rolls Royce
  3. Beast
  4. Killing Tipo
  5. Survive all warnings
  6. Street sports
  7. Don't tell me
  8. Smack
  9. Grillen
  10. The bottom
  11. Fly a plane into me (Der Tante Renate Rmx)
  12. Void
  13. UVB-76
  14. Bye

Gesamtspielzeit: 50:54 min.

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