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Girls - Father, Son, Holy Ghost

Girls- Father, Son, Holy Ghost

Fantasytrashcan / Turnstile / PIAS / Rough Trade
VÖ: 09.09.2011

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die scheinheilige Dreifaltigkeit

Wenn es etwas gibt, das man Christopher Owens und Chet "JR" White, den beiden Gründungsmitgliedern von Girls, nicht vorwerfen kann, ist es Unpünktlichkeit. Oder gar Faulheit. Fast genau zwei Jahre nach Veröffentlichung ihres bis in den Indiehimmel hohe Wellen schlagenden Debüts "Album" und gut ein Jahr, nachdem die EP "Broken dreams club" erschien, stehen die beiden Männer gemeinsam mit drei neuen Mitstreitern wieder auf der Matte, um ihr drittes Werk - und zweites Studioalbum - zu präsentieren. Und Girls wären eben nicht Girls, wenn sie nicht noch mehr Verwendung für die gute Primzahl 3 finden würden: "Father, Son, Holy Ghost" trägt die heilige Dreifaltigkeit im Titel - und hat es doch faustdick hinter den, naja ... Ohren.

Man erinnert sich zurück: Als die Kalifornier Owens und White zum ersten Mal auf der Bildfläche erschienen, ging es zunächst um alles andere, aber nicht um ihre Musik. Die Sekten-Vergangenheit des Sängers, der Drogenkonsum, die Prostitution seiner Mutter, die Obdachlosigkeit - fast hätte man meinen können, das Leben von Owens sei einer Seifenoper entsprungen. Und so verwunderte es kaum, dass man bei "Album" dann doch lieber ein zweites und drittes Mal hinhören wollte. Der Schmerz, die Verzweiflung, der Zorn, aber auch der Glaube an eine bessere Zeit machte die zwölf Songs des Debüts zu einem Erlebnis. Liebe, Hass, Sex, Religion, Sucht, es gab kaum ein Thema, das Girls nicht bewusst ansprachen. Und dann war er da, dieser eine, riesige Überhit, "Hellhole ratrace". Ein Monster von knapp sieben Minuten Länge, episch und doch ohne den Anspruch, überhaupt irgendetwas zu sein. Man habe nur Musik machen wollen, sagte Owens damals. Girls machten auf "Album" das, was sie wollten.

Die Frage, ob das auf dem Nachzügler eines so großen Bruders auch noch funktioniert, beantwortet sich schnell. Der Opener und zugleich die zweite Single "Honey bunny" kokettiert geradezu mit mehreren Umständen. Da wäre zunächst, dass natürlich nicht nur der Titel selbst klingt, als wäre er einem Tarantino-Film entsprungen. Tatsächlich nannten sich Amanda Plummer und Tim Roth in "Pulp Fiction" liebevoll "Honey Bunny" respektive "Pumpkin", und auch der Song startet mit einem Tarantino-würdigen Intro. Zugleich war Honey Bunny die erste Freundin eines gewissen Bugs Bunny, lange bevor Lola Bunny ins Spiel kam. Im ersten Song spielen Girls also bereits mit dem Bild eines Gangsterpaares und einem Flauschehäschens, und wenn Owens dann noch herzerweichend "I need a woman who loves me, me, me, me, me, yeah!" singt, während im Hintergrund ein Frauenchor vor sich hin seufzt, ist ganz klar: Hier ist der Hörer genau richtig.

Explosiver wird es auf "Die", das - kein Scherz - mit einem echten "Paranoid"-en Intro nach Black Sabbath startet, und mit der Vorabsingle "Vomit", die schwermütig beginnt, jedoch mit einem großen Gospelfinale aufwartet. Das große Liebeslied, das man zunächst vermutet, scheint "Vomit" dann doch nicht zu sein - eher das sehnsuchtsvolle Betteln nach dem nächsten Schuss. Ruhiger wird es mit dem traurigen "Just a song", das natürlich viel mehr als nur das ist, und dem verspielten "Saying I love you", das dank poppigem Sixties-Einschlag und dem liebevollen Titel einmal mehr zu verwischen versucht, was Owens eigentlich zu sagen vermag: "You threw my heart away / You made me blue." Mit dem Soulrocker "Love like a river" geht es nochmal auf Zeitreise, bis es zum Schluss schließlich zumindest ein halbes Wiedersehen mit einem der besungenen Mädchen vom Debüt gibt. Aus der "Lauren Marie" von einst wird nun "Jamie Marie", die Liebe ist dennoch vorbei. "Easy come and easy go / Whatever", beschwichtigt Owens trotzig, bis das endgültige Outro doch noch das Steuer herumreißt und aus Abschiedstränchen große Kullertränen der Freude werden. Nein, an "Father, Son, Holy Ghost" ist nichts, aber auch gar nichts heilig. Göttlich ist es dennoch.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Die
  • Saying I love you
  • Vomit
  • Love like a river

Tracklist

  1. Honey bunny
  2. Alex
  3. Die
  4. Saying I love you
  5. My ma
  6. Vomit
  7. Just a song
  8. Magic
  9. Forgiveness
  10. Love like a river
  11. Jamie Marie

Gesamtspielzeit: 53:34 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

humbert humbert

Postings: 2406

Registriert seit 13.06.2013

2021-09-15 10:16:29 Uhr
Zum 10-jährigen Jubiläum des Albums ein schönes Zitat gefunden (via Stereogum)

“When we first started [Girls] I didn’t care if we were big, I just wanted a band that big brothers and big sisters in the future would play for their little brothers and little sisters and be like check this out, this is a band that no one really knows and they should.”
- Chet “JR” White
Nun
2019-02-05 12:22:39 Uhr
Verdammt gute Band mit zwei sehr guten Alben und ner tollen EP. Schade das sie sich nach Album Nr.2 aufgelöst haben. Father, Son, Holy Ghost hat schon viele geile Momente auf die man aufbauen hätte können. Mit Owens Output danach kann ich leider überhaupt nicht's anfangen. Nicht wirklich schlecht aber auch wenig was wirklich gut ist.

Naja besser 2 gute Alben und Schluss, als irgendwann in Belanglosigkeit zu versinken.
stecha
2015-09-14 20:26:13 Uhr
supa dieser owens
IFart
2011-11-02 17:42:08 Uhr
sorry, aber das ist nix für mich
Demon Cleaner
2011-11-02 17:32:53 Uhr
Jop, bei mir bestimmt auch in den Jahres-Top-10. Durchgängig gut, "Vomit" gefällt mir aktuell am besten.
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