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Manchester Orchestra - Simple math

Manchester Orchestra- Simple math

Columbia / Sony
VÖ: 13.05.2011

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zum Auswachsen

In der zweiten Hälfte des Jahres 2010 passierte in Nashville, Tennessee etwas: Eine Band verzog sich ins Studio, um ihr neues Album einzuspielen und packte mal eben ein Streichorchester und einen ganzen Kinderchor ein. Nun wurde Nashville natürlich nicht zum ersten Mal von Musikschaffenden besucht - dennoch war es für Manchester Orchestra aus Atlanta ein wichtiger Abstecher. Andy Hull, Sänger, Songschreiber und Gitarrist, erklärt das dort aufgenommene "Simple math" nämlich zum Konzeptalbum, auf dem es um einen jungen Mann Anfang 20 geht, der nicht nur des Menschen liebste Streitthemen wie Religion, Hochzeit und Sex hinterfragt, sondern sich seinen Ängsten stellt. Im Grunde kann man also vielleicht sagen, es ginge um Hull selbst.

Womit ein wichtiger Punkt bereits genannt wird: Manchester Orchestra sind erwachsen geworden. Vorbei sind die Tage, in der sie als Teenager-Band durch die Lande tingelten, um ihr Debüt "I'm like a virgin losing a child" vorzustellen und man sie noch mit Recht als grüne Jungs bezeichnen konnte. Auf ihrem dritten Studioalbum geben sich Manchester Orchestra erwachsener, nachdenklicher und detailverliebter. "Deer" fungiert nicht nur als Opener, sondern auch als eine Art Entschuldigungsschreiben an Familie, Freunde und Fans, in dem sich der Erzähler selbstreflektierend eingesteht, aus Unsicherheit und vor lauter Verwirrung angesichts des plötzlichen Erfolges falsch gehandelt zu haben: "Dear everyone that I ever really knew / I acted like an asshole so I could keep my edge on you". Und so beginnt "Simple math" eben vor allem tragisch, aber mit einem Funken Hoffnung.

Deutlich stimmungsvoller wird es im Rock'n'Roller "April fool", bei dem Hull seinen inneren Schweinehund nach Art von Modest Mouses Issac Brock nicht nur offenbart, sondern geradezu herausschreit. "I've got that rock and that roll" brüllt er verzweifelt, und man glaubt es ihm, noch bevor mit "Pale black eye" der nächste Arschtritt folgt. Die Geschichte eines Mannes, der wünschte, er würde seine Frau noch genausao lieben wie zuvor und seiner eigenen Lügen überdrüssig wird, funktioniert im Kombi-Paket aus hämmerndem Schlagzeug und Streichern noch besser - und wird im Verlauf des Songs zu einem wahren Monument einer Liebe, die in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr existiert und deren langsamer Verfall pompös zelebriert wird. Doch es soll nicht bei diesem einen Song bleiben.

"You built this up in one day / To fall downward and rust", beschwört Hull in "Virgin", bei dem sich Manchester Orchestra von dem erwähnten Kinderchor begleiten lassen. Schwermütiger geht es auch auf "Simple math" kaum, und die Verschnaufpausen tun an den richtigen Stellen gut. Das poppige und von Hörnern unterstützte "Pensacola" entspannt den Hörer ebenso wie "Leave it alone", das an Band Of Horses erinnert und als zarte Bluesnummer anfängt, sich dann aber immer mehr in eine wahre Rock-Oper verwandelt - die Streicher natürlich wieder inklusive. Nach all dem Drama könnte ein Ende, wie "Leaky breaks" es bietet, nicht angemessener sein. Ein siebenminütiges, letztes Aufschnaufen, erschöpft, kraftlos, schon lange am Boden liegend, und dennoch eines der letzten Highlights vom vermutlich besten Album, das Manchester Orchestra je veröffentlicht haben. Und eines darf man wohl mit Sicherheit sagen: Diese längst ausgewachsenen Männer stehen noch ganz am Anfang.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Deer
  • Simple math
  • Leave it alone
  • Leaky breaks

Tracklist

  1. Deer
  2. Mighty
  3. Pensacola
  4. April fool
  5. Pale black eye
  6. Virgin
  7. Simple math
  8. Leave it alone
  9. Apprehension
  10. Leaky breaks

Gesamtspielzeit: 44:43 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
The Triumph of Our Tired Eyes
2011-12-05 13:58:03 Uhr
Simple Math ist ein ganz heisser Song des Jahres Kandidat für mich.
Bernd
2011-05-27 20:22:49 Uhr
@Gump ja, wenn da mal was einergermassen "okayes" läuft. der kommerz-pop-scheiss ist natürlich schon noch schlimmer als die schwächeren M.O.-Songs..
Gump
2011-05-27 11:52:54 Uhr
@ mr. moe: Da geb ich dir Recht, "Deer" ist ein schöner Song, aber als Opener absolut ungeeignet.

@ Bernd: "Mighty" hört sich nach 1Live oder MTV an?
Bernd
2011-05-26 22:54:57 Uhr
Also:

Ich finds ein okayes Album: 6/10 Punkte.

Toll sind Songs-nr 1,8,9,10!

Der Rest nervt mit seinem OhOhOh-Bombast! Vor allem das 2. Lied ist nur Horror, klingt nach 1Live oder MTV, wenn man da einfach mal einschaltet!

mr. moe
2011-05-26 17:20:52 Uhr
Nachdem ich "Virgin" gehört hatte, habe ich mir geschworen, das Album nicht zu kaufen.
Aber wie es ja dann so ist, man erinnert sich an ein paar Grosstaten der Band wie "Wolves at night", "Colly Strings" oder "I can barely breathe" und urplötzlich liegt das neue Album doch im Briefkasten. Rätselhaft.

Nach dem ersten Durchgang wollte ich die Platte eigentlich im Garten vergraben. Dafür war ich dann zum Glück zu faul, denn der ein oder andere gute Song findet sich dann doch auf dem Album, auch wenn haupsächlich die Mittelmässigkeit regiert.

Nach 10-11 Durchläufen höre ich folgendes raus.

Deer - 7/10 Ist mächtig gewachsen. Und dennoch: Was für ein lahmer opener!
Mighty - 7/10
Pensacola 6/10
April Fool 8/10
Pale Black Eye 7/10
Virgin - 5/10
Simple Math 10/10
Leave It Alone 6/10
Apprehension 9/10
Leaky Breaks 6/10

Insgesamt klar das schwächste Album der Band.


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