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Enik - I sold my moon boots to a girl from Greece

Enik- I sold my moon boots to a girl from Greece

Studio Babushka / 3010 / Rough Trade
VÖ: 20.05.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Dosis

Musik und Medizin sind Geschwister. Schon der Universalgelehrte Paracelsus formulierte im sechzehnten Jahrhundert eine erst umstrittene und später nachhaltig bewiesene Weisheit über Drogen: "All Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist." Dass selbst fiesestes Krautzeugs in der richtigen Dosierung als heilsames Medikament dienen kann, bewiesen seitdem Heerscharen von schaffenden Künstlern, die die Pillen mal selbst und mal anderen einwarfen. Einige von ihnen sollen sogar Medizin studiert haben.

Wir wissen nicht, welches Zeugs Eniks Frisör genommen hat, um ihm die schimmeligen Haare zu verpassen, aber wenigstens passt seine Frisur jetzt endlich zum angespannten Nervenkostüm und den noch angespannteren Stimmbändern. Schon das manische "The seasons in between" spielte auf mehreren Bewusstseinsebenen gleichzeitig, und "I sold my moon boots to a girl from Greece" ist kein Stück sedierter. Gleich der Opener "How to trash expensive cars 1" nimmt mit Roboterstimmen, Plastikgitarren und jede Menge Schminke ein paar überteuerte Karossen unter Beschuss. Die Vorabsingle "The monkey wheel" schleicht erst untertrieben an Eniks Exaltiertheit vorbei und pumpt sich dann für den Refrain ordentlich auf. Und "Save your fucking light" stellt allerlei Siebziger-Jahre-Glamrock mit stampfendem Bass, quiekendem Chor und bunten Lichtern nach.

Schon in den ersten drei Songs passiert mehr als in den kompletten Downloadcharts, und noch sind keine zehn Minuten vorüber. Wer wie Enik ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs steht, hat keine Zeit zu vergeuden. Seine Songs sind nicht auf der Flucht, aber Eniks Stimme hat sich bereits diverse Dutzend Mal überschlagen. Dabei kann der Münchner auch die Kategorie Vermeintlich Harmlos™. Deswegen tut sich "People are bad" zu zirpender Gitarre mächtig leid, während das barmende "How to trash expensive cars 2" die Laserkanone von Teil eins gegen eine Familienpackung Geigenbögen eintauscht. "Shake off your past" streichelt hingegen sentimental die Schaltkreise und vermählt sie im dramatischen Finale mit Rocklärm.

Aber das sind nur kurze Episoden, weil Enik schon wieder weiter will, weiter muss. Alles ist im Fluss, und er lässt sich mitreißen. Vom schrillen "Anti anti anti", das sich nicht zwischen russischer Folklore, trümmerndem Postpunk und niedlichem Kinderklavier entscheiden kann. Von den Testosteronschüben "Let's play love", "Free love" und "Get me laid in San Francisco". Und vor allem vom allerliebst nachgestellten "Close to me", bei dem er Cure-Vorstand Robert Smith zeigt, was Overacting ist. Das kiekst im Bariton mehr als Smiths windschiefes Falsett im Original, und das will mal mindestens "I've made myself so sick" heißen. Im Vogelnest soll sich schließlich gefälligst vor allem der eigene Piepmatz wohlfühlen. Und trotz aller Überdrehtheit verliert sich Enik nicht in Doktorspielchen. Er hat seine Songs einfach gerne geschüttelt statt gerührt. Was immer auch da drin ist.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • The monkey wheel
  • Share your fucking light
  • Anti anti anti
  • Close to me
  • Shake off your past

Tracklist

  1. How to trash expensive cars 1
  2. The monkey wheel
  3. Share your fucking light
  4. People are bad
  5. Anti anti anti
  6. The place my songs came from
  7. How to trash expensive cars 2
  8. Let's play love
  9. Wasting beauty
  10. Free love
  11. Teardrops and stars
  12. Close to me
  13. Shake off your past
  14. Get me laid in San Francisco

Gesamtspielzeit: 46:32 min.

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