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Eveline - Alphaomega

Eveline- Alphaomega

Sonic Vista / Urtovox / Locomotiv / Borowka / Cargo
VÖ: 25.03.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Radarpop

Ein juckendes, unterschwelliges Schnalzen unter der Haut. Drei Schläge auf der Gitarre - einer auf dem Bass, die Lücke füllend. Eine Bassdrum. Eine sich aus dem Nichts schälende, Vokale zu Gebeten ausarbeitende Stimme, die den Takt überbrückt und den Boden schafft für ein paar Beckenschläge, einzelne Tom-Wirbel, schließlich einen emporschwelenden Beat - der eine Zeit lang gehalten und ausgearbeitet wird, dann aber schon wieder in Stille zusammenfällt. Der Einstieg in Evelines drittes Album "Alphaomega" zeigt die Geburt eines Songs. In all jenen Details, die ansonsten in gottverdammter Gleichzeit unterzugehen drohen. Der Hörer ahnt: Die haben sich etwas vorgenommen. Die wollen ihrem Albumtitel auf Teufel komm raus gerecht werden. Hochwillkommen ist das. Denn schließlich gibt es so etwas heutzutage nur noch allzu selten.

Mehrmals spielen die vier Norditaliener dieses Spiel durch - finden jedoch in der Folge schneller zum Punkt, den Ausbrüchen, Gegentakten und/oder erhebenden Melodien. "She's from Mars" etwa beginnt als kaskadierende Klavier- und Schlagzeugparabel, wird mit angefressenem Geraunze aufgebohrt und bricht irgendwann mittendurch - arbeitet sich jedoch wieder empor, jetzt mit dem Klavier ausschließlich als harmonischem Köder, damit die Rockformation sich gegenseitig ihre schönsten Kapriolen unfallfrei um die Ohren pfeffern kann. Schließlich erfolgt erneut der Einbruch in Sigur-Rós-Gesang, der von dazwischen geworfenen "Schschs" zur Ruhe gemahnt wird.

Dann "Last time at Alpha Centauri" oder "Terrible N.1": Bassfiguren, zu gegenläufig für Funk, zu spartanisch für Jazz, ein Schlagzeug zwischen Trip und Stolperstein, und Gitarren, die sich kaum anders benehmen. Im Grunde eine einzige Reflexion auf Battles' "Atlas", allerdings noch kontrollierter und doch popaffiner vorgetragen. Noch auf dem Vorgänger "Waking up before dawn" zeigten sich Eveline spielerischer. "Alphaomega" regiert nun mathrockende Ultrakonsequenz. Doch alles halb so wild: Auf derart maschinisiertes Terrain begeben sich Eveline gerade einmal, wenn sie die Fünf-Viertel von "Little comet" von einem Dreiviertel-Takt klären lassen. Um darauf eine elfminütige Frechheit von einem Song an ihrer eigenen Verschrobenheit knallhart abprallen zu lassen.

"Lunar 8" heißt der abschließende Track, der seinen Widerwillen nicht mehr als musikalisches Verwirrspiel, sondern als eherndes Beharren exekutiert. Hier erwartet den Hörer ein trauerndes, doch sternklares Dur in einer absteigenden Tonfolge, derart offen und ultraharmonisch, dass sich die gesamte diatonische Klaviatur im Durchdrehmodus dazwischenpfeifen lässt - spart man sich ebenso wie Eveline ausnahmsweise die Zwischentöne, führt hier rein gar nichts vom Pfad ab. Durchsetzt allein von einigem atmosphärischen Knistern und als Weltraum-Flüstern vorgetragenen Sätzen bleiben die paar Orgeltöne hier auf gesamter Länge allein und für sich.

Was für ein Album man zuvor hingeklotzt haben muss, damit dieser auf Nanomillimetern plattgewalzte Minimalismus hervorsticht wie ein hochwillkommener Sommerregen, zeigt erneut die Strenge und Konzeptionalität, mit der diese Band musiziert. Indem Eveline zu guter Letzt ihre gesamte Harmonik klären, ihre Spartanik jedoch nochmals steigern, werfen sie sich selbst in den Spiegel, in dem man zuvorderst nur sich selbst erkennt. α/ω, Alpha/Omega, Anfang/Ende - faltet sich alles in eins unter den Fingern dieser großen Buchstabendreher.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • To Kaluza's White Quasar
  • She's from Mars
  • Last time at Alpha Centuari

Tracklist

  1. To Kaluza's White Quasar
  2. Interstellar
  3. Omega
  4. She's from Mars
  5. Last time at Alpha Centuari
  6. Terrible N.1
  7. Little comet
  8. Lunar 8

Gesamtspielzeit: 45:41 min.

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