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Ron Sexsmith - Long player late bloomer

Ron Sexsmith- Long player late bloomer

Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 25.02.2011

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Politik der Politur

Es gibt Dinge, mit denen kann man einfach nicht rechnen. Zum Beispiel damit, dass ein zartbesaiteter Singer/Songwriter wie Ron Sexsmith sich die Metallica-Dokumentation "Some kind of monster" reinzieht und dann auch noch denkt: "Oh, dieser Bob Rock ist ja echt ein guter Typ - der könnte eigentlich mal ein Album von mir produzieren!" Es vergingen allerdings noch ein paar Jahre, bis der Zufall die beiden zusammenführte, als sie gemeinsam auf ein Taxi warteten, das sie nach der Verleihung des kanadischen Musikpreises "Juno" zu einer Aftershow-Party bringen sollte. Die Legende besagt, dass Sexsmith Rock mit einem schiefen Grinsen fragte, ob er denn eventuell einen guten Produzenten wüsste, woraufhin dieser sogleich seine Verehrung für das Werk des 47-jährigen kundtat und verlauten ließ, dass er eine Kollaboration mehr als begrüßen würde. Auf der Party traf Sexsmith dann Kollege Michael Bublé, der zu bestätigen wusste, dass Rock durchaus auch Ahnung von Pop habe. Er hatte Bublés Album "Crazy love" co-produziert, auf dem sich - und an dieser Stelle schließt sich der Kreis - auch eine Coverversion von "Whatever it takes" befand, ursprünglich auf Sexsmiths Meisterwerk "Retriever" erschienen.

Nun muss jedoch eines gleich zu Anfang klargestellt werden: Es stimmt schon, dass Rock in der Lage ist, Pop-Alben zu produzieren - allerdings nicht so, wie es Sexsmiths neuer Platte "Long player late bloomer" zu wünschen gewesen wäre. Rock hat eine Handvoll alter Studiocracks eingeladen, die sonst für Paul McCartney, Elton John oder Aimee Mann musizieren, und so ein Album vermutlich lässig an einem Nachmittag einspielen. Nur klingen diese Edel-Mucker manchmal doch eher nach Dienstleistung als nach Herzblut. Des weiteren wurden dem Album Hochglanz und Radiotauglichkeit verliehen, die dafür sorgen, dass die erste Single "Love shines" durchaus eine Kuss-Szene in einer amerikanischen Jugendserie untermalen könnte. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Das Lied ist ein wirklich hübsches, denn auch auf seinem elften Studioalbum gelingt es Sexsmith nicht, halbgares Songmaterial abzuliefern. Und solange ihm wunderbare Melodien und Zeilen wie "In every nowhere town / There are somewhere dreams" einfallen, kann ein Produzent ja fast nichts falsch machen. Aber eben nur fast.

Denn bereits der Opener "Get in line" reiht sich klanglich in die Sorglos-Country-Folk-Pop-Nummern namenloser Sänger ein, die gefällig vor sich hinplätschern, während man den Staubsaugerbeutel austauscht oder den Gefrierschrank abtaut. Sexsmiths Stimme wirkt dabei so aufpoliert, dynamisch zurechtgerückt und vermeintlich optimiert, dass man für einen kurzen Moment glaubt, sie käme aus einem auf Sexsmith getrimmten Computerprogramm. Glücklicherweise hält sich dieser Effekt in den kommenden vierzig Minuten weitgehend zurück - musikalisch verfährt allerdings auch das folgende "The reason why" nach dem airplayfreundlichen Muster. "Believe it when I see it" schielt sogar in Richtung Rock (das Genre), ist aber erstaunlicherweise das erste Stück dieser Platte, das trotz Politur ungetrübte Freude bereitet. "Miracles" hingegen hat etwas von Achtziger-Jahre-Tanzschulmusik, während "No help at all" in fluffiges Easy-Listening mit Flöten-Accessoire gewandet wurde, was ihm allerdings ziemlich gut steht.

"I'm a late bloomer / I'm a slow learner / And I turn the record over / I'm a long player / My song is my saviour" heißt es im Titeltrack und tatsächlich ist es die Qualität der Songs, die dieses Album haarscharf vor der von Rock produzierten Mittelmäßigkeit rettet. Wie Sexsmith von "Michael and his dad" erzählt und eigentlich seinen Sohn Christopher und sich meint, wie er sich lyrisch durch seine Zweifel und Sorgen pflügt, während die Musik sich tapfer ihre Fröhlichkeit bewahrt und wie er dann am Schluss wirklich bei der Hoffnung ankommt - das verdeutlicht, dass die Essenz seines Schaffens ganz bestimmt nicht von einem Produzentenstuhl aus manipuliert werden kann. Das herrlich unprätentiöse "Nowadays" beweist zudem, dass diese Songs eigentlich nicht mehr als Akustikgitarre, Klavier und höchstens noch ein bisschen Pedal Steel brauchen. Vielleicht sollte Sexsmith Album Nummer zwölf einfach selbst produzieren. Nicht nur seiner Musik würde ein ganz schöner Felsbrocken vom Herzen fallen.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • Believe it when I see it
  • No help at all
  • Love shines
  • Nowadays

Tracklist

  1. Get in line
  2. The reason why
  3. Believe it when I see it
  4. Miracles
  5. No help at all
  6. Late bloomer
  7. Heavenly
  8. Michael and his dad
  9. Middle of love
  10. Every time I follow
  11. Eye candy
  12. Love shines
  13. Nowadays

Gesamtspielzeit: 43:43 min.

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