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The Ocean - Anthropocentric

The Ocean- Anthropocentric

Metal Blade / SPV
VÖ: 19.11.2010

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Lesestunde

Bei Alben von The Ocean war es schon immer in höchstem Maße anzuraten, sich zuvor ein wenig mit der von den Berlinern vertonten Materie auseinanderzusetzen. Nicht dass die Songs bis dato nicht auch für sich stehen konnten, ganz im Gegenteil, aber nur mit dem entsprechenden Hintergrund ist es möglich, die diversen Schichten angemessen zu erfassen. Auch wenn bewusste, intensive Rezeption einer Platte heutzutage wohl eine fast vergessene Tugend ist.

Im Fall von "Anthropocentric", dem zweiten Teil der Fundamentalkritik an Kernthesen der christlichen Kirche, ist vor allem profundes literarisches Wissen zum Verständnis erforderlich. Zunächst einmal zerlegt Vordenker Robin Staps das anthropozentrische Weltbild, also die These, dass der Mensch das Zentrum des Universums sei, in seine Einzelheiten. Und das tut er mit dem höchst geschickten Schachzug, die Geschichte "Der Großinquisitor", die von Dostojewski als Parabel in "Die Brüder Karamasov" konzipiert wurde, auf dieselbe Art und Weise in den Albumkontext einzuflechten. Klingt verwirrend, ist nach ein paar Semestern Literaturwissenschaft aber gar nicht mehr so schlimm.

Umso einleuchtender ist allerdings die musikalische Umsetzung. Denn wie schon bei "Heliocentric" passiert dem Kollektiv, das keins mehr sein will, nicht das Missgeschick, vor lauter Handlung ein Hörbuch zu produzieren. Zunächst einmal fällt der gegenüber "Heliocentric" wieder deutlich angezogene Härtegrad auf, was seinerzeit verschreckte Fans beruhigen dürfte. Zum anderen feuern The Ocean insbesondere im ersten Teil ein wahres Gewitter an Riffs, Breaks und verzwickten Melodien ab, nur unterbrochen von Refrains zum Niederknien wie bei "She was the universe" oder "The grand inquisitor II: Roots & locusts". Und das überragende Schlagzeugspiel von Luc Hess ist ohnehin nicht von dieser Welt.

Allerdings wandeln The Ocean auf einem verdammt schmalen Grat. Natürlich ist der Bandsound alles andere als Easy Listening, aber nur weil "The grand inquisitor III: A tiny grain of faith" oder "Wille zum Untergang" beruhigende Kontrapunkte setzen, kann sich in ihrem Sog auch ein Song wie "Sewers of the soul" vor des Hörers Gedächtnisverlust retten. Und verzwickte Konzepte sind sicher gut fürs künstlerische Ego, dürften aber so manchen überfordern. Wer sich allerdings darauf einlässt, und dazu gehören unzählige Sitzungen unter dem viel zitierten Kopfhörer, wird mit einer großartigen Platte belohnt. Auch ohne Dostojewski lesen oder gar begreifen zu müssen.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • She was the universe
  • The grand inquisitor II: Roots & locusts
  • The almightiness contradiction

Tracklist

  1. Anthropocentric
  2. The grand inquisitor I: Karamazov baseness
  3. She was the universe
  4. For he that wavereth
  5. The grand inquisitor II: Roots & locusts
  6. The grand inquisitor III: A tiny grain of faith
  7. Sewers of the soul
  8. Wille zum Untergang
  9. Heaven TV
  10. The almightiness contradiction
  11. The grand inquisitor IV: Exclusion from redemption

Gesamtspielzeit: 54:51 min.

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