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The Toten Crackhuren Im Kofferraum - Jung, talentlos & gecastet

The Toten Crackhuren Im Kofferraum- Jung, talentlos & gecastet

Beat The Rich / Universal
VÖ: 10.09.2010

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Kein Ponyhof

"Abkürzungen sind Umwege." Könnt Ihr sie auch nicht mehr hören, die klugen Sprüche der Altvorderen? Na also. Und deswegen sei in aller Deutlichkeit gesagt: Abkürzungen sind eine feine Sache. Besonders in der Popmusik. Wer nennt die Komplexen aus Austin schließlich nicht der Einfachheit halber bloß Trail of Dead? Oder hat Alec Ounsworths Band nicht schon einmal zur praktischen Buchstabenreihe CYHSY eingedampft? Aber zugegeben: Manchmal sind Abkürzungen auch weniger sinnvoll. Wer zum Beispiel diese zwei bis elf Mädels aus Berlin als T.C.H.I.K. bezeichnet, hat glatt das Beste verpasst: The Toten Crackhuren Im Kofferraum - nur diesen Namen wird man sich hinterher zuraunen, allein um seinetwillen wurde die Band überhaupt gegründet. Wegen ihrer Musik zumindest offenbar nicht.

Man könnte nun wohlwollend erwähnen, dass sich die Gang um Luise Fuckface und Netja Triebeltäter mit Bandnamen und Albumtitel absichtlich zwischen sämtliche Stühle setzt und so wenig auf irgendetwas festzunageln ist, dass selbst die Teenie-Postille "Popcorn" ihre Single lediglich lauwarm besprach. Doch hier irrt die offizielle Verherrlichungsinstanz von Justin Bieber oder Miley Cyrus: Hat man den anfänglichen Schock überwunden und die ersten zwei Liter intus, ist "Ich und mein Pony" tatsächlich ein ziemlich cooles Stück. Samt stumpfem Keyboard-Umz-Umz, gefährlich nah an der Schlager-Schlangengrube spazierentorkelndem Refrain und Zeilen wie "Wir sausen auf der Koppel rum / In China fällt ein Reissack um." Nicht bloß grenzdebil, sondern vollkommen bescheuert und psychisch wie physisch unfassbar. Wenn da nur nicht dieses komische Grinsen wäre.

Doch keine Sorge: Das vergeht einem im Verlauf dieses Albums früh genug. Die Crackhuren (Ha! Abkürzung!) bescheren einem darauf nämlich hauptsächlich bemerkenswerte Kaiserstunden des Fremdschämens, wenn sie lauthals "Ich hab keinen Spaß" krakeelen, "wie Schweine schwitzen" auf "Botox spritzen" reimen und Mutti um mehr Taschengeld anbetteln. Musikalisch ist ihnen dabei alles recht oder vielmehr nichts zu billig: Als Punk-Attitüde missverstandene Electro-Zerrsounds stehen im Raum wie bestellt und nicht abgeholt, ab und zu irrt eine gesampelte Ascheimer-Gitarre ratlos zwischen Plastikrhythmen und Eurodisco-Tralala umher, angedeutete Prodigy-Breakbeats versinken wahlweise blubbernd in elektronischem Treibsand oder hinter dem entfesselten Geschrei der Protagonistinnen.

Immerhin muss gelegentlich ein Sozialarbeiter im Studio vorbeigeschaut haben, um wenigstens einen ansatzweisen musikalischen Standard zu gewährleisten. Anders wäre ein scharf auf den Punkt stechender Maunz-Electro-Hit wie "Katzenfleisch" wohl kaum möglich gewesen. Zu Anfang covern die Mädels gar den rotzigen Oldie "Spaß muss sein" von Inga Humpes NDW-Jugendsünde Neonbabies, und "Alles Lüge" verquirlt mit "Enola Gay", "Blue Monday" und Kissing The Pinks "Last film" kichernd gleich drei Wave-Pop-Klassiker aus den Achtzigern auf einmal. Erträgliche bis erfreuliche Momente, in denen die Crackhuren von Deichkind-Partykrawall oder planvoller Häme Marke Chicks On Speed gar nicht so weit entfernt sind. Auch wenn sie wahrscheinlich gar nicht wissen, was sie da tun. Doch um das Ganze einmal abzukürzen: Das Leben ist kein Ponyhof. Und dieses Album ein zweifelhaftes Vergnügen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Katzenfleisch
  • Alles Lüge

Tracklist

  1. Spaß muss sein
  2. Ich und mein Pony
  3. Crackhurentanz
  4. Ich hab keinen Spaß
  5. Wir hassen Sport
  6. Katzenfleisch
  7. Amt
  8. Die Wahrheit
  9. Alles Lüge
  10. Ronny & Clyde
  11. Mutti Mutti
  12. Zieht Eure T-Shirts aus
  13. Bambi
  14. Süße Boyz
  15. Lauft um Euer Leben

Gesamtspielzeit: 45:47 min.

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