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The Tallest Man On Earth - The wild hunt

The Tallest Man On Earth- The wild hunt

Dead Oceans / Cargo
VÖ: 09.04.2010

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Bruder Löwenherz

Eigentlich müsste es unmöglich sein, auf dieser Welt noch ein Kornfeld zu finden, das nicht bereits Inspiration für ein Folkalbum war. Überall lauern sie: ungerettete Burgfräulein und Waldschrate, die sich zu Gitarre und Banjo mal mehr, mal weniger lebensnah geben, in den Wäldern hocken, sich filmen lassen und das Ganze bei youtube hochladen. Doch bei Kristian Matsson, der sich hinter The Tallest Man On Earth verbirgt, liegen die Dinge anders. Auf dem Cover seines Debüts "Shallow grave" von 2008 findet sich kein Bruegel, keine Waldimpression, sondern nur ein Blick in den Himmel. Da war er: der Mann, der mehr Country war als "Unsere kleine Farm", der sich die Zerealien scheinbar mit der Nase aus dem Weizen zieht, mögen sie noch so staubtrocken sein. Und zwei Jahre später? Die Felder und Wälder sind längst abgegrast, umgegraben, kahl. Doch bei "The wild hunt" kitzeln die Ähren immer noch an den Fingerspitzen.

Das liegt vor allem an der kleinen Geste, die dieses Album wieder und wieder aufbaut und umschmeißt. Es gibt kein Pathos, keine Lobpreisungen. Zu einem schwelgenden Gitarrenspiel erzählt Matsson Geschichten von Außenseitern, vom Anderssein und allen Dingen, die auf dem Feldweg so aufgegabelt werden können. Das mit einer Stimme, die sich an jeder Rinde reibt, die rau und manchmal korntrunken klingt. "Let us float in the tears / Let us cry from the laughters / When it's not for some sake / And the city's not near." Nie lassen sich die Klänge von Matsson in die Melodie pressen. Vielmehr taumeln sie über den geschrammelten Akkorden, die etwa in "King of spain" den Galopp einlegen. Über Stock und Stein stolpern sie dann aber fröhlich gemeinsam. Hier und da schleichen sich in den Stücken Klänge eines Banjos ein, um Harmonien zu unterlaufen oder einfach nur fröhlich vor sich hin zu tönen. Es sind kleine Ecken, die sich schüchtern einschmeicheln.

Doch trotz ihrer Gebrochenheit besitzen die Songs eine Naivität, die bis in ihren Minimalismus hinein ausstrahlt. "You're going back" schaukelt sich zu seiner Titelzeile hoch und presst die Fingerkuppen auf die Stahlsaiten. Das ist keine Attitüde, sondern einfach Energie, Fabulierlust und Leben. Zum Ende ist es "Kids on the run", das als einziges Stück nur mit Klavier auskommt und jede Kindheitserinnerung aus dem Gedächtnis des Hörers zu ziehen versucht. "But will we ever confess what we've done? / Guess we're still kids on the run." Die Finger drücken energisch auf die Tasten und Töne poltern zärtlich in die Melodie. Matssons Stimme bohrt in Erinnerungen und wirft sie gleich wieder in die Flammen. Die Erkenntnis ist so schmutzig, so gemein und unfair, dass nur noch die kindliche Flucht bleibt. Dann klingt "The wild hunt" aus in die Stille, und der Schutt an Erinnerungen ist um zehn Perlen reicher.

In allen Momenten, in denen der Schmerz mitschwingt, klingt immer auch die Hoffnung mit. Nichts ist verloren. Was auf dem Debüt noch in manch schmutziger Produktion unterging, blüht hier auf. "The wild hunt" besitzt Tiefe, obwohl es so schlicht ist. Matssons Ideen und Wünsche sind meist liebenswerte Abgedrehtheiten, seine Geschichten so bitter und traurig, so naiv und glücksversoffen. "And you know it's a lion's heart / That will tumble and tear apart." Es wird ein Kornfeld geben, ein Nangijala, einen See, die Sonne wird scheinen und die Luft nach Hitze duften. Schwer wird der Wind in den Staub greifen. Der Sommer wird da sein, eine Melodie langsam aufgehen, eine Stimme und eine stampfende Gitarre in der Luft liegen. Der Himmel über den Weiten.

(Björn Bischoff)

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Highlights

  • The wild hunt
  • You're going back
  • King of spain
  • Kids on the run

Tracklist

  1. The wild hunt
  2. Burden of tomorrow
  3. Troubles will be gone
  4. You're going back
  5. The drying of the lawns
  6. King of spain
  7. Love is all
  8. Thousand ways
  9. A lion's heart
  10. Kids on the run

Gesamtspielzeit: 34:44 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
basddsa
2012-01-19 22:44:53 Uhr
Ja, ist wirklich sehr ärgerlich. Grad King of Spain ist über Kopfhörer kaum zu ertragen. Kids on the run ist aber einer der besten Songs des letzten Jahres, musste noch mal gesagt werden.
Demon Cleaner
2012-01-19 22:34:11 Uhr
Ich kann das irgendwie nur schwer am Stück durchhören. Musste man das so scheiße produzieren? LoFi und Kratzen okay, aber das hier clippt einfach nur wie blöde. Und das bei der Musik.
h1ghfiv3
2011-02-27 16:26:47 Uhr
Aber er kann doch ausgesprochen hervorragend singen. Vielleicht sind zu viele Leute heutzutage auf solche anbiedernden 0815 Stimmen a la Bruno Mars sensibilisiert, als dass sie solch eine Stimme überhaupt schätzen können.
h1ghfiv3
2011-01-24 18:29:16 Uhr
Nicht umsonst ist sputnikmusic die beste Musikseite, wissenschaftlich belegt!
fräge
2011-01-07 22:17:15 Uhr
Wie oft muss man sich den anhören, um sich an die Stimme gewöhnt zu haben? Länger als bei Newsom?
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