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Dendemann - Vom Vintage verweht

Dendemann- Vom Vintage verweht

Yo Mama / Sony
VÖ: 09.04.2010

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Retrojaner

Wenn schon von gestern, dann richtig. Das dachte sich wohl auch Dendemann, als er sich optisch generalüberholte: Baggiepants und Glatze mussten einer speckigen Achtziger-Kutte und einem noch speckigeren Vokuhila weichen, dazu zieren postcooler Oberlippenflaum und ein stilbefreites Truckercap neuerdings den Kopf des gebürtigen Mendeners. Dass beim deutschen HipHop sowieso seit geraumer Zeit der Lack ab ist, kam seinem Vintage-Wunsch dabei nur entgegen: In neuem Gewand, mit druckvoller Liveband und ohne Berührungsängste mit Tourpartnern wie Beatsteaks und Herbert Grönemeyer erklomm Dendemann letztes Jahr die Konzert- und Festivalbühnen der Nation und rockte dem alten Onkel HipHop mit gleichberechtigt nebeneinanderstehenden Beats und Gitarren schön die Brille zurecht.

"Vom Vintage verweht" nimmt diesen frischen Wind mit. "Nesthocker" klärt zunächst umfassend über die Veränderungen im Hause Dendemann auf: "Der Rahmen war zu klein und leider viel zu eng / Ich pass partout nicht rein und neige ihn zu sprengen / Also tausch' ich meinen neuen Ghettoblaster / Gegen die Freiheit einer alten Stratocaster." Mit derben Gitarren, schepperndem Schlagzeug, fiependen und gurrenden Synthies und gewohnt schnörkellosen Beats holzt das Album dann vier Stücke lang mächtig los. Der Hit "Stumpf ist Trumpf 3.0" kaut im Schnelldurchgang sämtlichen Szene- und Trendunfug durch und macht dabei nicht nur dank Video für die Endachtziger-Fernsehgeneration zwischen "Das A-Team", "Ein Colt für alle Fälle" und "Auf Achse" seinem Namen alle Ehre. Spätestens bei "0 Robota" rappelt es richtig im Karton, wenn Dendemann sich einen Retrojaner einfängt und zum Bounce-Fallera äußerst menschlich gegen Einsen und Nullen anröhrt.

Statt "ErsoIchso"-Alltagsgeschichten assoziiert der Rapper seine Themen auf "Vom Vintage verweht" freier. Da kann man im ersten Moment glatt verpassen, wie schlau er Inhalte in seinem charmanten Wahnsinn unterbringt, wenn er in "Tierisch" die Fauna des Großstadtdschungels erkundet oder zum fröhlichen Klaviergeklimper eine Medien-"Petze" verbal abstraft. Nur das schwer groovende "I'm a record junkie und zurück" wird in seiner Erzählung von der Tonträger-Evolution noch richtig persönlich. Ansonsten feiert Dende lieber sich selbst und seine Band zum überschnappenden Gitarrensolo von "Freie Radikale GbRdH" und knallt dem Hörer wie im fiebrig schunkelnden "Und wenn ja, warum?" aus allen Perspektiven mehr Fragen zur als Antworten über die Gegenwart vor den Latz.

Ganz groß wird es zu guter Letzt, wenn Dendemann im eigenen Alptraum seiner Zettelwirtschaft den "Papierkrieg" erklärt und dazu im Refrain Tocotronics "Explosion" erst samplet und dann in ein Scratch-Inferno laufen lässt. So ist "Vom Vintage verweht" mit Erfolg alles auf einmal: eine Absage an die HipHop-Puristen, die Titelverteidigung in Sachen Wortspielkönig, ein stilsicherer Abstecher in die eigene Adoleszenz, Rock und Rap, neo und retro. Aus dem Bauch heraus ignoriert dass Album jeden Trend und wildert im Gegensatz zu anderen endlich einmal nicht halb ironisch in der Autotune-Galaxie. Wieviel Spaß ihm diese vielleicht bestmögliche Version von Crossover macht, hört man Dendemann dabei in jeder Sekunde an, und live ist dieser Sound sowieso zum Funktionieren verurteilt. An die Ewiggestrigen: Betrachtet dieses Album als Einladung. Denn irgendwann müssen wir alle zurück in die Zukunft.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights

  • Nesthocker
  • Stumpf ist Trumpf 3.0
  • 0 Robota
  • Papierkrieg

Tracklist

  1. Nesthocker
  2. Stumpf ist Trumpf 3.0
  3. V.N.D.
  4. 0 Robota
  5. Und wenn ja, warum?
  6. Freie Radikale GbRdH
  7. Tierisch
  8. Petze
  9. Metapher than leather
  10. Es geht bergab
  11. I'm a record junkie und zurück
  12. Hörma!
  13. Papierkrieg

Gesamtspielzeit: 49:27 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Larusso
2010-09-03 13:40:22 Uhr
"Brauchte für die Dende allerdings auch ein paar Hördurchgänge, da ich die letzte Scheibe genial fand und das Rockige beim ersten mal Hören eher nervig und anstrengend fand. Stehe zwar auch auf Rock, war aber im Zusammenhang mit Dendemann zunächst etwas störend."

Exakt so liefs bei mir. Hab die alten Dende und Eins Zwo Sachen immer abgefeiert (ähnlich wie Blumentopf, Main Concept, ...), aber die neuen Instrumentals fand ich anfangs sehr nervig.
Hab lange überlegt, ob ich mir das Album überhaupt zulege und mich dagegen entschieden. Zum Glück bekam ich es dann geschenkt und mit jedem Hören hats mir besser gefallen.

Tips: Die Tracks 1-5 und 9-13 !!

Mit "Freie Radikale", "Tierisch" und "Petze" konnte ich mich bis heute noch nicht anfreunden, aber die kann man schön hintereinander wegskippen ;-)

3 Ausfälle bei 13 Tracks sind zu verschmerzen
hm
2010-09-03 12:58:17 Uhr
wollt nur mal erwähnen wie genial der part in freie radikale ist:

Wir ham bestimmt kein Bock auf deine - Fire
geschweige denn auf mehr von deinem Ge - Sire
da gehn wir doch lieber früh in die - higher
denn ihr habt nix drauf nur die alte...

also wenn man das hier kennt natürlich (den anfang von dem song)
http://www.youtube.com/watch?v=_KSyCFHPzq0
Felix
2010-05-29 12:58:31 Uhr
Hallo,
das Album find ich sehr gelungen klingt je öfters man es hört immer besser. Hört sich auf jedenfall sehr nach Dende an. War auch auf der Tour, genial wie die auftreten und Stagediving hat er auch gemacht. Nur was ich nicht ganz verstehe ist die Tastatur, weiß jemand warum die Tasten durcheinander angeordnet sind?
jarada
2010-04-13 13:11:41 Uhr
Mir gings genau umgekehrt. Fand die Platte von Anfang an richtig gut, jetzt nach einigen Durchläufen nervt sie schon. Bisher wegen der bisher geringen Halbwertszeit 7/10.
Thinkman
2010-04-13 12:57:49 Uhr
Was hat denn das mit Deichkind zu tun?

Deichkind hat sehr stark Elktro-/Technomucke als Soundbasis, Dende hat jetzt Rockgitarren!

Ich find beides übrigens gut.

Brauchte für die Dende allerdings auch ein paar Hördurchgänge, da ich die letzte Scheibe genial fand und das Rockige beim ersten mal Hören eher nervig und anstrengend fand. Stehe zwar auch auf Rock, war aber im Zusammenhang mit Dendemann zunächst etwas störend.
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