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Ola Podrida - Belly of the lion

Ola Podrida- Belly of the lion

Western Vinyl / Cargo
VÖ: 05.03.2010

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Ganz reizend

Menschen, die mit Freuden und Leidenschaft ihre Gedanken zum Thema Musik zu Papier bringen, sich mitunter sogar professionelle oder semi-profesionelle Musikrezensenten nennen können, zeichnet ein grundoptimisitischer Wesenszug aus. Wie sonst ist es zu erklären, dass jährlich hunderte Alben in den höchsten Himmel gelobt werden und dann nach kurzer Zeit auf dem harten Boden der Mittelmäßigkeit aufschlagen. Es mag ein einzelner Track sein, eine erfüllende Melodie, ein memorabler Rhyhtmus, der einen Rezensenten dazu führt, gleich mal punkte- oder sternemäßig in die Vollen zu gehen – und dann ein halbes Jahr später zu merken: Mehr als dieser eine Fixpunkt ist da auch nicht gewesen.

"Belly of the lion", das zweite Album von Ola Podrida, bietet eben jene Momente, die so zauberhaft schön sind, dass es dem Rezensenten körperliche Schmerzen bereitet, das Album dann letztlich mit einem "doch, ja, irgendwie richtig gut" fast schon abwatschen zu müssen. Gerne würde er in die Trickkiste greifen, um zu schmücken und zu kaschieren, aber er fühlt sich letztlich der Wahrheit verpflichtet. "Donkey" ist eines dieser Stücke, die sich tief einfressen ins Hirn, um dort zu nisten und ihre wohlig-warmen künstlerischen Ausdünstungen zu verbreiten. Ein simpler gleichwohl lieblicher, bittersüßer Akkord wird auf dem Banjo gehalten, ein erdiger, weniger elektronischer Keyboardton tritt behutsam auf den Plan, um dem kargen Wohnzimmersound ein Vielfaches an Fläche zu verleihen. David Wingos Stimme, unaufdringlich und harmonisierend gedoppelt, baut sich von anfänglichem Wispern auf zu orchestralen Ausmaßen. Vom schüchternen Slowcore-Folk zum experimentell überfrachtetem Post-Rock, der in all seiner Größe dennoch nicht zu sehr nach vorne prescht.

"This old world", das letzte Stück des Albums, greift das minimalistisch-hypnotische Banjo-Spiel von "Donkey" erneut auf, präsentiert es allerdings um eine Nuance disharmonischer, um einen Hauch melancholischer - und entfaltet es ebenso kräftig zu einem drum-betonten Indie-Folk-Rock. Eine perfekt inszenierte Gratwanderung, ein rhythmischer Rausch, der leider viel zu früh endet. Ebenso überraschend wie ansprechend sind die anfänglichen Country-Spitzen von "The closest we will ever be", mit einem verschlurft singenden Wingo, dem sich die Instrumente in ihrer Langsamkeit anpassen. Aber "Belly of the lion" hat eben leider auch seine weniger hochinteressanten Seiten. In "Lakes of wine" verläuft sich die Gratwanderung von Disharmonie zu Harmonie beinahe in sich selbst. Auch "Sink or swim" macht mit seinem verträumten Folk zu Beginn eigentlich alles richtig, aber mäandernde Keyboardssounds quellen den Song auch unnötig auf.

Erst "Roomful of sparrows", vorletzter Track, bringt "Belly of the lion" mit einer einnehmenden Melange aus hintergründigem Noise und vordergründigem Indie-Folk, die mit der Zeit ihre Rollen wechseln, auf die Spur. Wingo ist sicherlich ein sehr großes Talent. Das hat schon das Debüt "Ola Podrida" gezeigt und beweisen nach wie vor viele vereinzelte Stücke, die auch über Jahre hinweg nichts an ihrem Charme eingebüßt haben und einbüßen werden. Und so gilt auch für "Belly of the lion": Was die Platte in der Mitte beinahe verspielt, das holt sie zu Beginn und am Schluss umso machtvoller hervor. Ein Auf und Ab, das letztlich auch seinen ganz eigenen Reiz versprüht. Reizvoll zerfasernd, aufreizend gut.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • We all radiant
  • Donkey
  • This old world

Tracklist

  1. The closest we will ever be
  2. We all radiant
  3. Your fathers basement
  4. Donkey
  5. Monday morning
  6. Lakes of wine
  7. Sink or swim
  8. Roomful of sparrows
  9. This old world

Gesamtspielzeit: 36:20 min.

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