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Ken - Yes we

Ken- Yes we

Strange Ways / Indigo
VÖ: 26.02.2010

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Isch kandidiere

Lange hatte Aydo Abay nach seinem Ausstieg bei Blackmail geschwiegen. Zu viel Säure hatte sich angestaut, als dass er Gentleman genug hätte bleiben können, wenn er seinem Ärger direkt Luft gemacht hätte. Später blieben nur Andeutungen, dass er den Ebelhäuser-Brüdern keinen Hampelmann mehr hatte geben wollen. Irgendwann wurde das Selbstbewusstsein stärker als die gewollte Teilzeitunmündigkeit: Abay braucht Blackmail nicht. Er hat schließlich Ken, und so wird das ehemalige Nebenprojekt einfach zur Hauptsache.

Nach dem spielfreudigen, aber inhaltlich etwas eindimensionalen Debüt "Have a nice day" hatten schon die zeitgleich rausgehauenen "Stop! Look! Sing songs of revolutions!" und "I am thief" mit erfreulicher Scheuklappenlosigkeit geglänzt. Schon damals konnte zwischen Elektronik, Indielärm, Wavepop und Krautrock vieles passieren. Der diffizile Walzgitarren-Lärm von Blackmail war zwar alles außer limitiert, aber so, wie Abay immer noch zwei, drei Ecken weiter lauscht, lässt das diverse unbefriedigende Kompromisse bei seiner Ex-Band vermuten. Ken nimmt stattdessen vieles mit und probiert noch mehr aus. Und weil Abay nach dem Blackmail-Aus noch ordentlich angefressen ist, brüllt er jetzt auch ein paar Mal.

Zum Glück ist "Yes we" keine Aufarbeitungsmissetat, sondern ein ungerührter Hüpfer voran. Schon das munter geschrubbte "21+21=21" kombiniert Placebo-Rock mit Screamo-Attacken und quietschenden Synths. "Women who love men who take drugs to make music to take drugs to" erinnert sich an die famosen Dazerdoreal und wippt an surrenden Bässen und flirrender Elektronik vorbei auf ein chaotisiertes Ende zu. Und mittendrin puzzelt sich "Get a life" mit Klavier und Glockenspiel dermaßen in die Ohren, dass man fast schon von feindlicher Harmonieübernahme sprechen muss. Ken führen gerne mal in die Irre von Ohrwürmern wie "Polecats", und anschmiegsame Pickings wie im charmanten "I'll sleep when you're dead" tun ihr Übriges. Dann aber taumeln immer ein paar knifflige Abseitigkeiten herbei, die die angeschlichenen Radiohörer überfordern. "Yes we" ist nix für Teilzeit-Indies. Hier ist Pop noch echte Überwindungsarbeit.

Und wenn es die von anderen ist: Halbversteckte Zitate gehören nicht erst seit Helene Hegemann zum guten Ton, Kens Retweets machen aber mehr her. Daher stört auch nicht weiter, dass sich "Yes we" mit seinem albernen Obama-Bezug angreifbar macht. Dieses Album will aller Zugänglichkeit zum Trotz unbequem sein, was sich schon in kruden Songtiteln wie "Y.K.I.W.G.T.T.End.O.T.W.W.Y." oder "Pirates vs. ninjas vs. zombies vs. robots" zeigt und bei verstimmten Gitarrenkurven und sturen Drumgrooves längst noch nicht aufhört. Immer wieder dehnt Ken den eigenen Horizont um noch ein paar Zentimeter. Und dann sitzt für "Reminder D" doch wieder ein breites Klavier mitten im Song, als könnten OneRepublic auch ohne Kitsch. Dafür bekommt die schockgefrostete Unwirklichkeit von "Dead as a dodo" im Mittelteil ein paar Bach-Arpeggien ab, bevor dann der Lärm der Gitarren wieder alles ins rechte Dunkel rückt.

Die psychedelischen Wände seiner Ex-Band sind auf "Yes we" vorwiegend Grundwissen. Von hier geht's weiter: Wenn der Song Krautrock-Stoizismus benötigt, bekommt er ihn. Wenn es synthetische Fransen braucht, gibt's die ebenso dazu wie weiche Melodienbögen, glitzernde Effekte und alarmierten Rock-Rock. Weil's gerade so viel Spaß macht, geht das eben auch alles in denselben Song. Nur keine Männerchöre. Und dennoch wirkt die Musik unvermutet vertraut. Oder wohlbekannt unerwartet. Hier macht ein Künstler endgültig seinen Freischwimmer.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • 21-21=21
  • I'll sleep when you're dead
  • Reminder D
  • Dead as a dodo

Tracklist

  1. 21-21=21
  2. Get a life
  3. Y.K.I.W.G.T.T.End.O.T.W.W.Y.
  4. Women who love men who take drugs to make music to take drugs to
  5. I'll sleep when you're dead
  6. Polecats
  7. Reminder D
  8. Dead as a dodo
  9. Pirates vs. ninjas vs. zombies vs. robots
  10. Quitting smoking is much easier than quitting talking

Gesamtspielzeit: 48:28 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Paul
2011-07-06 00:57:29 Uhr
Ja, das geht mir auch so. Wird immer noch gern auf langen Autofahrten gehört.
Konsum
2011-07-06 00:55:49 Uhr
Gestern erst wieder gehört. Das Ding macht immer noch Spaß.
Der Umblätterer
2011-01-27 18:36:29 Uhr
*umblätter*
Tama
2010-12-12 16:52:55 Uhr
Ich muss auch zugeben: nach anfänglicher Enttäuschung, lege ich das Album mittlerweile relativ oft auf. Ist wirklich interessant und vielschichtig. Wie oben schon gesagt wurde: wenn sowas im Radio liefe, würde ich es dann doch auch mal wieder einschalten.
Bärig Obarmer
2010-12-12 15:45:27 Uhr
Yes we...Ken?
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