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Fehlfarben - Glücksmaschinen

Fehlfarben- Glücksmaschinen

Tapete / Indigo
VÖ: 12.02.2010

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Geistig-moralische Wände

Die Neue Deutsche Welle steuert auf die Midlife-Crisis zu. Die deutsche Version der New Wave ist im dritten Jahrzehnt angekommen, und ihre ehemaligen Protagonisten tragen längst Bierbäuche, geschmacklose Anzüge und das gelegentliche Toupet mit sich herum. Wer Glück hatte, vermied Besuche in Bayreuth, die Couch von Oliver Geissen oder andere Wege, den eigenen Gehirntod vorzuziehen. Lange Zeit verbrachte Peter Hein deswegen in den Büros der Firma Xerox, bis ihn eine der vielen Rationalisierungen arbeitslos machte. Arbeitslos? Wer mit "Monarchie und Alltag" den ewigen Klassiker des kryptischen Auskotzens über gesellschaftliche Irrwege formulierte, hat stets zu tun. Anlässe, sich aufzuregen, gibt es schließlich immer.

Im Jahr 2010 widmet sich der Fehlfarben-Vordenker dem Offensichtlichen, ohne seine Rants jemals offensichtlich werden zu lassen. Beim Spott über freigesetzte Banker, entsozialisierte Web-2.0-Nutzer oder hektische Globalisierer hadert Hein mit der Moderne. "Man wusste doch nie / Ob man wirklich Freunde hat / Erst der Freundezähler / Hat's an den Tag gebracht." Aufgeregt fabuliert er über "Glücksmaschinen", die man ruhig einmal falsch bedienen kann. Zu rumpelnden NDW-Bässen entschuldigt er in der "Stadt der 1000 Tränen" die naheliegende Niedergeschlagenheit und zweifelt im scheppernden Neon-Reggae "Respekt?" an eben diesem. Am besten sind Fehlfarben, wenn sie in solchen Momenten das aktualisierte Wissen um Postpunk und New Wave mit den eigenen Klangerinnerungen verbinden.

Natürlich steht Heins Nichtgesang auf "Glücksmaschinen" im Mittelpunkt. In der zweiten Reihe hat der zickige Synthesizer von Kurt "Pyrolator" Dahlke breitgemacht. Zwischen DAF-Härte und Trance-Wabern nörgelt die Elektronik beinahe ebenso wie der Texter. Schön ist das selten, aber wer leere Schönheit will, soll ProSieben gucken. Wenn Hein aber zu den unterkühlten Rockismen von "Im Sommer" den Hartz-4-finanzierten Urlaub auf Balkonien propagiert, knarren die Gitarren wie abgewohnte Gartenmöbel. "Eiscreme und Sonnenöl / Leiden wird wieder schön."

Das ist der ursprüngliche, ruppige Charme der Fehlfarben, den sie seit dem 2002er Comeback mit "Knietief im Dispo" routinisiert haben, ohne die eigene Identität mit Anpassung oder gar Unterordnung zu gefährden. In den eckigen Grooves der Düsseldorfer Nichttänzer herrscht gebremster Zorn, der sie vor der Albernheit bewahrt. Die Jugend ist schließlich längst verschwendet. Angefressene Ausbrüche wie der einsilbige Refrain von "Ausgeraucht" gehören dennoch weiterhin dazu, und ausgespuckte Investmentbanker sind überaus angemessene Opfer. Irgendwer muss schließlich Schuld haben, und die dabei abfallenden Slogans sind für diverse T-Shirts (oder Retweets) gut. Die Zeiten haben sich zwar geändert, aber Peter Hein findet immer noch Grund zum Nörgeln. Heutzutage ist ja nicht mal mehr Platz für angemessene Panik: "Wir haben Angst / Aber leider keine Zeit dafür." Ein anderes Grau, der gleiche Frust.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Stadt der 1000 Tränen
  • Vielleicht Leute 5
  • Respekt?

Tracklist

  1. Glücksmaschinen
  2. Stadt der 1000 Tränen
  3. Neues Leben
  4. Ausgeraucht
  5. Im Sommer
  6. Vielleicht Leute 5
  7. Wir warten (Ihr habt die Uhr, wir haben die Zeit)
  8. Respekt?

Gesamtspielzeit: 34:09 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Torsten
2010-03-18 18:36:51 Uhr
Neue Tour (Support HERPES):
26.03.10 Lingen – Alter Schlachthof
27.03.10 Worpswede – Music Hall
28.03.10 Hamburg – Uebel & Gefährlich
29.03.10 Nürnberg – Hirsch
30.03.10 München – Backstage
31.03.10 A-Salzburg – Rockhouse
01.04.10 A-Wien – Szene
02.04.10 CH-Luzern – Konzerthaus Schüür
03.04.10 Freiburg – E-Werk
04.04.10 Schorndorf – Manufaktur
05.04.10 Regensburg – Alte Mälzerei
06.04.10 Rüsselsheim – Das Rind
07.04.10 Köln – Luxor
08.04.10 Leipzig – Werk 2
09.04.10 Berlin – Festsaal Kreuzberg
10.04.10 Düsseldorf – Zakk
07.05.10 Gera – Songtage @ Haus der Pioniere
28.05.10 Kiel – Pumpe
29.05.10 Hannover - Faust
Torsten
2010-01-18 16:55:57 Uhr
Neues Video:
http://www.youtube.com/watch?v=-Zi5HK6L3Ao
SvK
2009-12-16 23:55:32 Uhr
find knietief im dispo besser als handbuch.

freut mich auch, dass was neues kommt.
Sick
2009-12-16 23:22:49 Uhr
Sehr schön und erfreulich.
Ich kann nur zustimmen was die zwei genannten Alben angeht.
Amélie
2009-12-16 17:12:11 Uhr
Am 12. Februar kommt mal wieder ein neues Album von Deutschlands bester Wave/Punk-Band. Ich bin mal gespannt, der Vorgänger "Handbuch für die Welt" ist für mich nach "Monarchie und Alltag" ihr bestes Werk. Na ja, wenn Peter Hein am Mikro ist, kann es eigentlich nicht schlecht werden. Erstklassige Texte sind da garantiert!
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