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Killing Mood - Just another love song

Killing Mood- Just another love song

GMR / Neo / Sony
VÖ: 30.10.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Kleine Tode

Die Liebe ist ein Schlachtfeld. Und wer anderer Ansicht ist, sollte einmal Belinda Kordic befragen. Für die kroatischstämmige Schwedin, einst Sängerin der Alternative-Rock'n'Roller Stabb, liegen die Reize des anderen Geschlechts auf der einen und gewaltsames Ableben auf der anderen Seite nämlich so nahe beieinander, dass tödliche Stimmungen bei ihr an der Tagesordnung sind - und sie sogar ihr Soloprojekt nach ihnen benennt. Schon das Cover mit Schaukelstuhl und Bulldogge wirkt so verdächtig beschaulich, dass einem hier eigentlich auch jeden Moment alles um die Ohren fliegen kann. Nicht, dass irgendjemand sagt, er habe von nichts gewusst, wenn hinterher überall verkohlte Holzsplitter und blutige Hundefetzen herumliegen. Der Titel von Kordics Debüt unter dem Namen Killing Mood ist vor allem eines: grobes Understatement.

Da kann "Dancing with the damned (The damned)" mit seinem feinen Banjo-Fingerpicking einen noch so beschwingten Einstieg abgeben: Zu gebrochen und unwägbar sind Kordics Songs. Sie warten wie offene Brunnenschächte im Dunkeln, in denen man bei mangelnder Vorsicht auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Unten lauert bereits der ewige Teufelskreis (un-)menschlicher Beziehungsgeflechte, für die die Protagonistin einfach nicht geschaffen scheint: "Stay further away / Cause love hurts in so many ways" sagt sie zum vermeintlich Liebsten, nur um ihn im nächsten Moment mit einem flehenden "Stay!" so fest an sich zu pressen, als wolle sie Blut sehen. Will sie wenig später auch: "Stay by my side / Still I kill you every night." Verführen und verstoßen, umarmen und umbringen - bei Killing Mood verschwimmen die Grenzen zwischen diesen Extremen.

Und so begibt sich "Just another love song" auf eine erstaunliche Geisterbahnfahrt durch Liebe, Tod und Schrecken. Die zudem reihenweise musikalische Register zieht, Country und Americana von ihrer Patina befreit und abwechselnd das laszive Hauchen von Elysian-Fields-Sängerin Jennifer Charles oder Alison Goldfrapps wundersame Stimmbandverrenkungen vorbeihuschen lässt. Der schwere Kontrabass-Groove von "Devils robe" entführt in mit Samtvorhängen bepuschelte Absackerbars, bevor rumpelnde Blues-Stampfer wie "Ramblin' man" die Tür eintreten, hinter der wiederum gewichtslose Folk-Miniaturen, Piano-Elegien und Streicherflächen durch die Luft schweben. Und doch sind es am Ende vergleichsweise kleine Tode, die hier gestorben werden.

Nur einmal wird es ernsthaft furchteinflößend. Die Coverversion von Billie Holidays "Strange fruit" übt mit sparsamen Gitarrenlicks, einsamer Bassfigur und beschwörendem Gesang bewusst Zurückhaltung - die grauenerregenden Bilder der Moritat über die Opfer rassistisch motivierter Lynchmorde überrollen die herausragende musikalische Umsetzung aber mit einer Wucht, die ein Durchatmen zweieinhalb Minuten lang unmöglich macht. Was den Rest dieses Albums nicht schmälern soll. Denn auch der ist ungleich eindringlicher und hochwertiger als das Gejammer aller, die sich über die Liebe wundern und dann auch noch gute Freunde bleiben möchten. Kordic aber bleibt eine Getriebene, die offenbar nicht anders kann, als großartige Musik zu produzieren. Und dabei bestimmt nicht mit Schoßhund im Schaukelstuhl sitzt.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Dancing with the damned (The damned)
  • Still
  • Devils robe
  • Strange fruit

Tracklist

  1. Dancing with the damned (The damned)
  2. Still
  3. The urge
  4. Devils robe
  5. If I could
  6. Love burns
  7. It's you again
  8. Strange fruit
  9. Killing you
  10. Orbit
  11. Road to nowhere
  12. Ramblin' man

Gesamtspielzeit: 45:20 min.

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