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Golden Kanine - Scissors & happiness

Golden Kanine- Scissors & happiness

Pet Hate / Stargazer / Broken Silence
VÖ: 31.07.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

We've got everything

Irgendwas braucht ja jeder. Ein "Ding", das Besondere, das Unverwechselbare, was Identifikationspotenzial hat und als Aufmacher taugt. Weil es einfacher ist, "die Band mit diesen ekligen Anbieder-Songs auf deutsch" oder "der Typ, der 13 Schnitzel essen kann" zu sein, als einfach Revolverheld oder Max Mustermann. Also verrutschen Slips und Image, wringen sich gewöhnliche Menschen wie Künstler (und letztere sind nicht selten ersteres) aus, werden Kindheiten und Narbengewebe zu astreinen Ausnahme-Biografien destilliert und direkt tausendfach über Facebook-Accounts, PR-Getöse und Twitter-Auswurf in die Welt geschnäuzt. Was aber haben Golden Kanine? Sie haben Musik.

Hier gibt es sie nicht, die große Geschichte oder die große Neuerung, ebensowenig wie die wahnsinnig aufregende Anekdote von den Aufnahmen zum Debütalbum "Scissors & happiness", und auch das Cover ist mit seiner schlichten Kombination aus schwarzweißer Abstraktheit und Blumenornament-Elch kein Aufreger. Da stehen einfach nur fünf Schweden, die seit 2006 zusammen Musik machen und schon einmal mit The Great Bertholinis auf Tour waren. Dann ist da noch die Musik. Und plötzlich klart der eigene Erfahrungshorizont auf. "Kenn ich doch irgendwoher" lautet die Parole, denn natürlich ist "A call to arms" als Titel kein Zufall.

Wie Zach Condon von Beirut versöhnt das Quartett seine krude Auslegung von Indie und Songwritertum mit der Rotweinschwere osteuropäischer Folklore. Ausgeblichene Streicher und wettergegerbte Bläser fügen sich zu opulenten Arrangements, lustvoll stöhnt die Posaune, Weingläser und Glockenspiel tönen in hellem Einklang. Die Melancholie schütteln die Stücke nie ab, sie brandet auf und schwillt wieder ab, wenn die Sänger Linus Lindvall und Andreas Olrog sich in "Scissors" mit hoffnungsvoller Euphorie ins Leiden werfen: "Tomorrow love can be found / on this dark desert ground". Zusammen mit dem nachfolgenden "Cough" beschwört das Stück die misstrauische Hoch- und kämpferische Katerstimmung, die Modest Mouses "Good news for people who love bad news" zu einem Meisterwerk machte.

So reichen sich die großen und kleinen Momente die Hände, das Herz dreht sich zur zurückgenommenen Romantik von "Came down" im Dreivierteltakt, Muse und Radiohead klingen an der Gypsy-Mandoline von "December" vorbei. Was "Bones" an schrägen Zwischentönen ausbreitet, steckt das exzellente "God almighty" mit seiner anfangs noch reduzierten Gitarrenharmonie locker in die Tasche. Zwei Mal keimt der Ausbruch im leise brodelnden Bass und der wohldosierten Perkussion, doch zwei Mal beruhigt sich der Song wieder und verklingt ins Ungewisse. Man könnte lange so weitermachen mit all diesen hübschen, anrührenden und fesselnden Details von "Scissors & happiness": der fantastischen Schlagzeug-Arbeit, dem Elektro-Rappeln in "A call to arms" oder der beschädigten Romantik von Zeilen wie "Get your scissors and run". Wer all das hat, braucht nicht mehr.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights

  • God almighty
  • Scissors
  • Cut

Tracklist

  1. A world to save
  2. Came down
  3. December
  4. God almighty
  5. Scissors
  6. Cough
  7. Happiness
  8. Cut
  9. A call to arms
  10. Bones
  11. Lover don't start

Gesamtspielzeit: 38:32 min.

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