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Lord Cut-Glass - Lord Cut-Glass

Lord Cut-Glass- Lord Cut-Glass

Chemikal Underground / Rough Trade
VÖ: 19.06.2009

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Das Ende der Diplomatie

Bandausstiege und -auflösungen werden von den darin verwickelten Musikern nicht selten zum Anlass genommen, nach Jahren der Diplomatie endlich die Samthandschuhe wegzuschmeißen. Nicht jeder kann sich da so am Riemen reißen wie Blackmail und Aydo Abay zuletzt. Nicht auszudenken wäre, was sich Noel und Liam Gallagher im Fall der Fälle wohl an den Kopf werfen würden. Nicht schlecht ist aber auch, was Alun Woodward gerade als Lord Cut-Glass unternimmt, um sich abzureagieren. Schon in ihrer bambiäugigen Unschuldigkeit ist die neue Musik des ehemaligen Mitglieds von The Delgados mit deren 2002er-Platte "Hate" zu vergleichen. Erst mit Blick auf Woodwards Enthüllungsgeschichten aber zeigt sich die wahre Blutsverwandschaft zwischen jener Platte und seinem Solodebüt.

"Lord Cut-Glass" ist eine klassische Abrechnungsplatte - und selbst wenn sich die Wut und Garstigkeit darauf niemals direkt gegen seine alte Band richten, kann kein Zweifel daran herrschen, dass Woodward hier einen mentalen Frühjahrsputz durchführt, der nicht erst seit gestern geplant war. "Even Jesus couldn't love you" rechnet mit den verkorksten Kindern reicher Eltern ab. "Big time Teddy" ist die augenscheinlich wahre Geschichte eines vermeintlichen Freundes, der Woodward irgendwann in den Rücken fiel. "A pulse" nimmt die Selbstvergewisserung darüber vorweg, dass auch mit solchen Leuten fertig zu werden ist. Und in "Be careful what you wish for" ist sich Woodward dann nicht mal mehr als eigene Zielscheibe zu schade. Er ist ja auch nicht besser als die anderen - und irgendwo in Schottland nicken Malcolm Middleton und Aidan Moffat kurz über ihre Bierkrüge hinweg.

Die Musik zu so viel bösem Blutvergießen ist von vornherein auf offensichtliche Kontraste angelegt: lieblich, tapsig und verspielt. "Even Jesus couldn't love you" mauert sich zwischen schwungvollem Aufgalopp und Gesamtschul-Musical für Decemberists-Fans ein. "Big time Teddy" sucht seine Wahrheiten unter Kinderliedmelodie, Glockenspiel, Marschgetrommel und Rummelplatzmusik hervor. "A pulse" phantasiert sich von seiner Bettkante aus ein halbes Orchester herbei. Und "Be careful what you wish for" tarnt sich lange als Klavier-Ballade, bevor auch diesem Song noch die Streicher am Morgenmantel hochkriechen. Woodward sucht zwischen all diesen Optionen noch nach Stimme und Stoßrichtung, probiert sich als Brass-Band-Direktor und Belle-&-Sebastian-Soundalike aus. So sehr er im Lord-Cut-Glass-Kostüm aber noch am Anfang stehen mag - seine Feinde sollten besser schon mal den Hemdkragen hochkrempeln.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Even Jesus couldn't love you
  • Look after your wife
  • A pulse

Tracklist

  1. Even Jesus couldn't love you
  2. Look after your wife
  3. Holy fuck!
  4. I'm a great example to the dogs
  5. Monster face
  6. You know
  7. Be careful what you wish for
  8. Picasso
  9. A pulse
  10. Big time Teddy
  11. Toot toot

Gesamtspielzeit: 36:58 min.

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