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Eels - Hombre lobo. 12 songs of desire

Eels- Hombre lobo. 12 songs of desire

Vagrant / Cooperative / Universal
VÖ: 29.05.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Zehnjahresbart

Er war an dem Punkt angelangt, an dem eigentlich nichts mehr kommen konnte. Über zehn Jahre hat Mark Oliver Everett als Trümmerfrau seiner Familiengeschichte die musikalische Selbsttherapie gepflegt und gleichzeitig die Spuren nachgezeichnet, die seine (zu) früh verblichenen Angehörigen auf dieser Welt hinterlassen haben. Einen Film über seinen Vater, den Physiker Hugh Everett III, hat er gemacht, eine erschütternde Biografie geschrieben, und nicht zuletzt mit seinen Eels jede Menge fantastische Musik veröffentlicht, um Leben und Sterben auszuhalten. Das innerhalb von sieben Jahren entstandene Doppelalbum "Blinking lights and other revelations" glich 2005 einem vollendeten Lebenswerk, war Ausrufezeichen und Schlusspunkt der langen, persönlichen Erzählung vom bewegten Leben des Musikers E. Was aber macht einer, der mit Mitte 40 sein definitives Statement abgegeben hat, der mit allem durch ist? Er lässt sich einen Bart wachsen.

Auf den Spuren des ebenfalls Bart-inspirierten "Dog faced boy" aus "Souljacker"-Zeiten hat E dessen erwachsenes Pendant als Protagonisten seiner neuen Platte entdeckt: "El hombre lobo", zu Deutsch "der Werwolf", erzählt aus der Außenseiterperspektive zwölf Geschichten von Begierde und Verlangen. Als Flucht aus der Ichbezogenheit von Es Musik funktioniert das nur bedingt: Deutlich spiegelt sich in dem von seinen Gelüsten gequälten Outcast auch der gesichtsbehaarte Sonderling E, dem der Blick von Außen nie fremd war. "Everyday I wake up / And wonder why / I'm alone when I know I'm a lovely guy", heißt es im sterbensschönen "All the beautiful things" - zu gut passt diese Charakterisierung auch auf ihren Schöpfer. Der zeigt sich an anderer Stelle versöhnlicher gestimmt: "We don't have a choice in matters of the heart / Just gotta be brave enough / To love and let yourself / Be loved" herzt einen mit "My timing is off" bittersüß eine dieser Eels-typischen Halbballaden, die grob die Hälfte von "Hombre lobo" ausmachen.

Die triebhaftere, animalische Hälfte der Sehnsucht bekommt ein passendes Klangkostüm verpasst: Krachender Lo-Fi-Garagenblues aus den Sechzigern schlägt einem biestig entgegen, "Tremendous dynamite" stampft zum Wolfsgeheul fiebrig voran, auch "Prizefighter" und "Lilac breeze" rumpeln und scheppern sich eine charmante niedere Klangästhetik zusammen. Auf "What's a fella gotta do" schließlich wären selbst The (International) Noise Conspiracy stolz gewesen, und dem beatbetonten Testosteron-Traum "Fresh blood" tropft der Geifer schon aus den Mundwinkeln. Dieser Sound ist zunächst gewöhnungsbedürftig und bleibt hinter der erprobten Schönheit von sonnigen Trauerklößen in Hippie-Soße wie "In my dreams" zurück, entfaltet aber nach einigen Durchläufen seinen eigenen Reiz.

Nachdem mit dem Best-Of-Album "Meet the Eels" und der Sammlung "Useless trinkets (B-sides, soundtracks, rarities and unreleased 1996-2006)" im letzten Jahr endgültig eine Ära der Eels abgeschlossen wurde, markiert "Hombre lobo" einen intuitiven Neuanfang. Auch wenn es das unfertigste und möglicherweise schwächste Eels-Albumm bisher ist: Die textliche wie musikalische Brillanz, mit der E in Tränenziehern wie "The longing" oder "That look you give that man" Traurigkeit und Hoffnung verheiratet, erreichen so nur die wenigsten Künstler. Allenfalls ähnliche Käuze wie Bonnie 'Prince' Billy können das mit vergleichbarer Erhabenheit. Oder wie E es selbst am Ende in einem seiner stärksten Songs überhaupt ausdrückt: "And you seem like someone who could / Appreciate the fact / That I'm no ordinary man". Wer wüsste das mehr zu schätzen als wir.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights

  • The longing
  • All the beautiful things
  • Ordinary man

Tracklist

  1. Prizefighter
  2. That look you give that guy
  3. Lilac breeze
  4. In my dreams
  5. Tremendous dynamite
  6. The longing
  7. Fresh blood
  8. What’s a fella gotta do
  9. My timing is off
  10. All the beautiful things
  11. Beginner’s luck
  12. Ordinary man

Gesamtspielzeit: 40:21 min.

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