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Wintersleep - Welcome to the night sky

Wintersleep- Welcome to the night sky

Labwork / One-Four-Seven / Soulfood
VÖ: 06.02.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schlägt Dein Herz

Wie sagt man andernorts so schön, wenn David gegen Goliath antritt? Man muss über das Kollektiv kommen, kompakt stehen und beißen, beißen, beißen. Kampf als Verzweiflungsakt, der zu Höchstleistungen anspornt. "Welcome to the night sky", der dritte Streich der kanadischen Wintersleep, ist solch ein tapferes Album. Eines von jenen, die zwischen all den bemühten, musikalischen Rekorden in Irgendwas mittlerweile fast in Vergessenheit geraten sind. Ein Teamalbum. Eines des Vertrauens und des Willens. Eines, das nicht viel mehr anzubieten hat als seine Standhaftigkeit, Schwermut und lauten Gitarren. Es köpft ein Bier zu jedem gewonnen Zweikampf. Und flüstert nach jedem Schluck seine Parole: Wir haben keine Chance - also nutzen wir sie.

So ist selbst Sänger Paul Murphy alles andere als ein echtes Ausstellungsschild. Er intoniert versiert, sehr einnehmend, mit Charakter und verschiedenen Launen auf den Stimmbändern. Ein absolut einzigartiges Timbre, das alles Recht der Welt hätte, sich in den höchsten Tönen selbst zu feiern, besitzt er hingegen nicht. Allerdings tut er genau das eben auch nicht - und macht deshalb stets das Allerbeste daraus. Wie Wintersleep auch sonst am liebsten gemeinsam durchdrehen, einknicken und sich aneinander wieder aufrichten. Auch hier wieder: Ein Bier für jeden Nackenschlag und ein Gläserklirren für jedes Schulterklopfen - und ein konzentrierter Wille zum Miteinander, der gegen die Welt aufbegehrt und jeden leisen Anflug von Schwäche mehr als ausgleicht.

Dabei vertrauen Wintersleep nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf längst liebgewonnene Gesten des - wenn man denn so will - Emo-Rock. Da gibt es den typisch angeschunkelten und wieder ausgebremsten R.E.M.-Flubber namens "Astronaut", die mehrschichtigen Uptempo-Gitarrenwände von "Oblivion" und "Archaeologists" oder kratzige Mondschein-Heulsusen wie "Dead letter and the infinite yes". Hinzu kommen das seinen Post-Rock-Trip sorgsam zum ekstatischen Faustschüttler umpolende "Miasmal smoke and the yellow bellied freaks" sowie akkordeon- und gospelchorgetriebene Folk-Pop-Mitklatscher wie "Weighty ghost" - und noch so einiges mehr zwischen resigniertem Schläfen-Griff und hochprozentigem Tröster-Besuch. Immer aber gilt: Diese Songs holen sich, was sie brauchen, und werfen es mit voller Wucht nach vorne. Wenn dann in den dazugehörigen Videos eine entfesselte Kinderhorde in Zeitlupe durch uramerikanische Vorstadtsiedlungen hoppeldipoppelt oder Fernseherwände im Zivilationskritik-Herzschlag hyperventilieren, während der Keyboarder unheimlich niedlich bemüht ist, bei den Typen mit den "echten" Instrumenten erklecklich mitzurocken, so ist das beinahe zu viel des minuziös platzierten Genre-Vaterunsers. Und doch einfach nur passend, kongenial umgesetzt sowie schwelgerisch mit anzuschauen und -hören.

Es mag deshalb sein, dass "Welcome to the night sky" von einem musikalischen Loch profitiert, das erst seit kurzem wieder tiefere Wunden reißt. Doch Wintersleep schaffen es auch in dieser Beziehung, sich punktgenau einzupassen. Herz, Po, Hose sitzen wirklich alle am genau rechten Fleck, ebenso wie Körper, Geist und Seele: " I don't need no surgery / Take those knives away from me / Just want to die in my own body / A ghost just needs a home." Nicht nur, weil es einfach mal reicht mit all dem musikalischen Alleinstellungswahn, heißt es hier sehr zu Recht: Arsch auf Eimer, Topf auf Deckel, Hand aufs Herz - jedem Bierchen sein Pläsierchen.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Archaeologists
  • Weighty ghost
  • Oblivion
  • Miasmal smoke and the yellow bellied freaks

Tracklist

  1. Drunk on aluminium
  2. Archaeologists
  3. Dead letter and the infinite yes
  4. Weighty ghost
  5. Murderer
  6. Search party
  7. Astronaut
  8. Oblivion
  9. Laser beams
  10. Miasmal smoke and the yellow bellied freaks
  11. The kids are ultra-violent (Bonus track)
  12. Early in the morning (Bonus track)

Gesamtspielzeit: 49:48 min.

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