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Anne Clark - The smallest acts of kindness

Anne Clark- The smallest acts of kindness

NetMusicZone / Rough Trade
VÖ: 26.09.2008

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

These urban nightmares

Es muss schon ein komisches Gefühl sein, wenn man immer wieder auf ein einziges Erlebnis angesprochen wird. Man stelle sich das mal vor, das eigene Spiegelbild erinnert einen morgens immer mehr an den Metzger um die Ecke, der neulich in Rente gegangen ist, und dennoch wird man immer noch darauf angesprochen, dass man als unschuldiger Jugendlicher mal betrunken auf dem Dorffest randaliert hat. Oder man hat Anfang der Achtziger einen dicken Dance-Hit gehabt, dabei war man nur jung und brauchte das Geld. Nein, es ist nicht die Rede von New Order. Aber auch Anne Clark ist wegen der Tantiemen von "Sleeper in Metropolis" und auch "Our darkness" sicher nicht unglücklich.

Elektronische Stücke für den Tanzflur war immer schon nur eine Seite der Britin. Cello, Violine und Piano bildeten neben anderen akustischen Instrumenten oft genug den Hintergrund für ihren Gesang, der oft eher einem intensiven Sprechen gleichkommt. Ihre Texte drehen sich meist um Einsamkeit und Verletzungen, die gerade sehr enge Beziehungen mit sich bringen. Es geht um Angst und Wut über die Kälte der Gesellschaft im Allgemeinen und über das menschenverachtende Verhalten von Politikern im Speziellen. Doch auch Sehnsüchte, Wärme, Freundschaft und Liebe haben ihren Platz.

Das erste echte Studioalbum seit zehn Jahren zeigt die ganze musikalische, aber auch textliche Bandbreite von Anne Clark: die bedrohliche, rein elektronische Kälte eines "Nothing going on" kontrastiert mit dem warm instrumentierten und romantischen "Waiting". "Psalm", das den Dichter Andrew Darlington zitiert, ist die Anklage aller Missstände, die je im Namen einer Religion begangen wurden, und doch vor allem auch die Beschäftigung mit der Frage, ob alle diese Religionen den zutiefst menschlichen Bedürfnissen des Einzelnen gerecht werden. Die musikalische Reduktion auf ein führendes Piano, sanfte Streicher und exotisch klingende Schlaginstrumente stellt dabei Anne Stimme und damit vor allem den vorgetragenen Text in den Mittelpunkt, ohne dabei zu Hintergrundgedudel zu verkommen.

Das durch die Monotonität des Gesangs zwischen Einsamkeit und Bombast schwebende Duett "As soon as I get home" ist in seiner Getragenheit fast zur religiösen Meditation geeignet, bis dann (manche mögen "endlich" sagen) mit dem wuchtigen "Boy racing" wieder Schwung in die Bude kommt. Natürlich fehlt mit "Full moon" auch der Gruß an die Elektrofraktion nicht. "The smallest acts of kindness" ist eben vielschichtig. Diese Vielschichtigkeit führt jedoch auch dazu, dass die Homogenität, die etwa "Unstill life" auszeichnete, diesmal nicht erreicht wird - weder musikalisch noch thematisch. So galt es wohl auch einige schon länger live gespielte Stücke unterzubringen. Viellicht ist darin auch der Grund zu suchen, dass schwächere Stücke wie etwa das poppige "The hardest heart" oder das angestrengte "Boy racing" negativer auffallen.

Clarks Alben bestanden seit jeher nicht nur aus fürs Radio tauglichen Hits, nicht einmal zum Großteil. Das schnelllebige Musikbusiness wartet sowieso eher nicht auf die Rettung durch eine im Underground etablierte Künstlerin, die obendrein auch noch aussieht wie die ältere Nachbarin aus dem dritten Stock. Kein Problem: Oberflächlichkeit ist ohnehin nicht Anne Clarks Ding.

(Holger Schauer)

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Highlights

  • Psalm
  • Prayer before birth

Tracklist

  1. Nothing going on
  2. The hardest heart
  3. Waiting
  4. Psalm
  5. Know
  6. As soon as I get home
  7. Off grid
  8. Boy racing
  9. Zest
  10. Prayer before birth
  11. Full moon
  12. If

Gesamtspielzeit: 55:59 min.

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