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Katy Perry - One of the boys

Katy Perry- One of the boys

Capitol / EMI
VÖ: 12.09.2008

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Beichtstuhlgang

Moral ist ein ambivalentes Arschloch. Ein Land, dass dies immer wieder auf ein Neues zur Schau stellt, ist Amerika. Kurz mal "Titten" in den Raum geworfen und schon hält man den armen Kindern die Ohren zu. Abends aber gucken sie dann heimlich Pornos. So überrascht es nicht, dass Katy Perry aus Santa Barbara für Bestürzung sorgt, wenn sie in "I kissed a girl" den Kuss mit einem Mädchen genießt und damit trotzdem auf Platz eins der Charts klettert. Skandalös. Wie kann sie nur über gleichgeschlechtliche Zuneigung singen und es auch noch mögen? Sie wurde doch so brav behütet in einer Pastorenfamilie mit religiöser Musik und christlichen Werten aufgezogen. Wie kann sie nur das Wort "Penis" in den Mund nehmen, wo sie doch einst ein Gospelalbum aufgenommen hat? Vielleicht möchte sie mit ihrer Vergangenheit abschließen oder aus ihrer normierten Welt entfliehen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie einfach eins und eins zusammen gezählt. Die Wirkung des Spiels mit dem Feuer kennt sie aus den Bibelstunden bei Mama und Papa.

"I kissed a girl" ist eine angerockte Popnummer, die Ohrwurmpotential versprüht. Ein weltweiter Hit, der Perrys Unentschlossenheit zur Schau trägt. "I kissed a girl / And I liked it" singt sie ebenso wie "It's not what good girls do." Und weil Perry als weiblicher Lausbub nun einmal so frech ist, beschuldigt sie ihren Ex-Freund, schwul zu sein ohne Penisse zu mögen, und fordert ihn auf, sich doch bitte mit dem H&M-Schal zu erhängen ("Ur so gay"). Da wird die Metrosexuellenszene sicherlich aufschreien und David Beckham kurz noch einmal frustriert zur Pediküre fahren.

Das ließe man sich ja alles mehr oder weniger gefallen, wenn dieser Song nicht mit Pfeifen, fehlplatziertem Scratchen und anderen Unsinnigkeiten wie "You're so sad / Maybe you should buy a happy meal" bereichert wäre. Leider stehen viele Songs diesem Flachsinn in Nichts nach. Bestes Beispiel ist das kaum in Worte zu fassende, unsägliche "Hot n cold". Immerhin zeigen sein durchgehender Beat aus dem PC und die nicht mehr schön zu redenden Zeilen "You're hot and you're cold / You're yes and you're no / You're in and you're out / You're up and your down" eine gewisse Konsequenz. Jeder Text versaut jeden Song. Kaugummipoprock hin oder her: Es schmerzt.

Das Pastorentöchterchen trägt rosa Fingernägel mit Früchten, vereint stimmlich Alanis Morissette, Avril Lavigne und Kelly Clarkson und qualifiziert sich damit für höhere Chartspositionen. Trotzdem ist sie nicht zu beneiden. Noch am Veröffentlichungstag wird ihr Vater sie und ihr selbst verschuldetes, ambivalentes Image vermutlich in den Beichtstuhl zerren. Da sind pro Song mindestens drei "Vater Unser" fällig.

(Stephan Müller)

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Highlights

  • I kissed a girl

Tracklist

  1. One of the boys
  2. I kissed a girl
  3. Waking up in Vegas
  4. Thinking of you
  5. Mannequin
  6. Ur so gay
  7. Hot n cold
  8. If you can afford me
  9. Lost
  10. Self inflicted
  11. I'm still breathing
  12. Fingerprints

Gesamtspielzeit: 43:36 min.

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