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Metric Noise - Future from sand

Metric Noise- Future from sand

Quartermain / Broken Silence
VÖ: 15.08.2008

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Sitzfleisch

Im Olympiajahr muss es erlaubt sein, zu sagen: Konditionierung kommt von Kondition. Genau die muss man nämlich aufbringen, will man dem Versuchsobjekt beibringen, was es bei Diesem oder Jenem zu tun hat. Das wusste bereits Iwan Petrowitsch Pawlow mit seiner Hundemeute, verschwieg es aber geflissentlich. Die Reflexzone der Rockliebhaber heißt Rhythm'n'Lautstärke, und sie treibt ebenso viele Bands nach oben wie ins Abseits. Ob der Speichel als Orakel des guten Geschmacks oder Wettervorhersage des Mageninhalts fließt, ist wie immer ein schmaler Grad. Auch Metric Noise machen, was man halt so macht, wenn man Gitarre, Bass und Schlagzeug zur Verfügung, das Ende der Adoleszenz erfolgreich mit einer Überdosis The Cure bekämpft, die Frisuren aber immer noch nicht so recht im Griff hat. Sie lassen es knirschen und krachen. Sie verstehen ein Flüstern erst, wenn es ihnen direkt ins Gesicht schreit. Und sie schreiben wie bereits Generationen vor ihnen "Where is my mind" nicht noch ein-, sondern zur Sicherheit lieber gleich noch drei- bis viermal.

"Confessions", "Let's defy" und "I've been away" überlassen dem Bass die Oberaufsicht, streuen Surf- und Slidegitarren oder das Einfingerklavier als Pausenhof-Lümmeleien dazwischen und kommen im Rhythmus genau die Millisekunden zu spät, um ihr Kopfnicken zu einem Gummihuhnschlenkern zu entsaften. Da wachsen die Sofaarmlehnen ganz automatisch auf Wolkenkratzerhöhe, werden die Polster zu Treibsand. Slackermucke, Reminiszenz an eine Zeit, als man noch alle Zeit der Welt hatte, um möglichst wenig mit ihr anzufangen. Bevor jedoch der Rezensent von mit Taschengeldentzug drohenden Stimmen aus dem Untergeschoss seiner Großhirnrinde dazu getrieben wird, "endlich seinen Saustall" aufzuräumen, verlegen sich "Without hands", "My machine" oder "Loretta's smile" schnell auf Power-Pop der Neunziger-Schule. Und retten sich dabei durch eine gewisse Post-Core-Angefressenheit vor dem Offenhörlichen. Anders herum werden die schlierenden Kummerfeudel-Emotionalitäten von "Electric lights" oder "Sometimes" zu einem Teig aus begrüßenswerter Unterproduktion, mehrstimmigen Minibetonungen und einer gewissen Trip-Attitüde durchgeknetet, der sich selbst nicht allzu wichtig und gerade darum nichts auf die leichte Schulter nimmt.

Insgesamt misstrauen Metric Noise weniger sich selbst als vielmehr all den Eindeutigkeiten, die ihre Musik hervorruft. Ihr Gegensteuern ist ebenso subtil wie hinterhältig, beinahe schon ironisierend. Sie geben dem pawlowschen Hund High-Pfötchen - dafür, dass er seinem Herrchen beigebracht hat, bei Speichelfluss Leckerchen zu zücken oder Glöckchen zu schlagen. Sie rütteln an keinen Grundfesten, drehen keine Spieße um, schauen nur von der anderen Seite und zwinkern nicht mal dabei. "Future from sand" ist eine musikalische Anti-Reflexzonenmassage, die ausgerechnet durch Beharrlichkeit und Ausdauer ein Genre für all seine Klischees desensibilisiert: Konditionierung kommt halt doch von Kondition. Wer sich in jeder Polstermöbelabteilung intuitiv ein Bier aufreißt und danach für Tage nicht mehr gesehen ward, weiß, was gemeint ist.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Only a moment
  • Electric lights
  • Sometimes

Tracklist

  1. Only a moment
  2. Let's defy
  3. My machine
  4. Pins
  5. Confession
  6. Electric lights
  7. Without hands
  8. I've been away
  9. Loretta's smile
  10. Sometimes

Gesamtspielzeit: 32:02 min.

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