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The Wedding Present - El Rey

The Wedding Present- El Rey

Vibrant / Rough Trade
VÖ: 01.08.2008

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Lost on vacation

Ein Strand in Kalifornien lebt auf in bunten Farben und fordert die Sonne heraus. Selbstverloren liegt ein Flüchtender, auf der Suche nach sich selbst und funkenübersprühenden positiven Gedanken, zwischen sich bräunenden Einheimischen und wirkt dabei wie die Nadel im Heuhaufen. Das T-Shirt sieht aus wie ausgekotzt, die Hose ist überzogen mit Flecken und Flicken. Dem Fordern des Drei-Tage-Bartes nach Begnadigung hat er schon mehrere Mal stattgegeben. Es ist ein Gefühl der Leere, das ihn umgibt, während er in dunklen Gedanken der verflossenen Liebe nachweint und immer wieder durchspielt, wieso sie aus dem Nichts heraus das Ende verkündete. Es sind die Zeiten im Leben, denen man weder mit Logik noch mit klugen Argumenten kontern kann. Zeiten von tiefer Trauer, verbittertem Hass, Selbstreflexion, Internetpornographie und Aufbruch.

The Wedding Present kehren zurück ins aktuelle Musikgeschehen. Es ist Veröffentlichung Nummer Acht, nach dem offiziellen Reunion-Album "Take fountain", das als Konglomerat aus mehreren Perioden und Phasen der britischen Band allerbestens funktionierte. Das neue Album ist eine mehr oder weniger autobiographische Abhandlung der Trennung des Mastermindes David Gedge von seiner Langzeitfreundin Sally Murrell, mit der er auch in seinem damaligen Zweitprojekt Cinerama musiszierte und deren Auseinanderleben das Ende von Cinerama und die Wiedervereinigung von The Wedding Present bedeutete. "El Rey", entstanden im sonnigen Los Angeles, dem Gedge einen längeren Besuch abstattete, dient dabei nicht als vertonter Rosenkrieg, der böse Gerichtsverfahren nach sich ziehen wird.

Denn Gedge beschreibt zumeist aus seiner Warte, mit einem bravourösen Wechsel der Erzählstile und vielen Eingenständnissen und zwinkernden Augen, so dass nur schwer zwischen vermuteter Wirklichkeit und Fantasie zu unterscheiden ist. Einnehmend, einfühlsam, belustigend und beklemmend - die anspruchsvolle lyrische Arbeit erreicht trotz ihres simplen Sprachgebrauch einen neuen Höhepunkt in der Karriere Gedges. Damit einhergehend und noch in einem größeren Maß faszinierend: die fabelhafte Bedienung der Instrumente und die analoge Produktion von Steve Albini. Der große Pop von Cinerama, der auch noch "Take fountain" nachhaltig erklang, weicht hier einer dominierenden, ruppigen Gitarrenarbeit, immer wieder durchsetzt mit post-punkigen Abstürzen und ekstatischen Melodien im schrammeligen Lauffeuer. So zu hören in "The thing I ike best about him is his girlfriend" und "Spider-man on Hollywood", die sich von einfachen Jingle-Jangle-Akkorden in eine grenzenlose Euphorie steigern.

Verträumt-melancholisch mit eingestreuten ausartenden Saitengriffen gibt sich "Model, actress, whatever...", der wohl leidenschaftlichsten Ode an jugendgeschützte Medien aus dem World Wide Web. Flüsternd und enigmatisch beginnt "Boo boo", bevor brüchige Wände aus Gitarren, das rührende Liebensbekenntnis Gedges unter sich begraben. Zwischen diesem kraftvollen, melodischen und auch Aufrichtigkeit bedachten Post-Punk, der immer wieder an die C86-Frühzeit der Band erinnert, finden sich kurze Soundminiaturen, die fein arrrangiert aufleben und schnell verklingen. Mit diesem Wechsel von den introspektiven Experimenten zum energischen Wohlklang, schließt die Band den Kreis zum Konzept und beschreibt die konfusen Wirren einer Trennung mit Intensität und Realitätsnähe. Eine Momentaufnahme. Ohne Auflösung, aber mit Empathie für diese Periode fernab von der Welt. Selbst in Kalifornien.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Spider-man on Hollywood
  • Palisades
  • The thing I like best about him is his girlfriend (Santa Monica and La Brea version)
  • Boo boo

Tracklist

  1. Santa Ana winds
  2. Spider-man on Hollywood
  3. I lost the monkey
  4. Soup
  5. Palisades
  6. The trouble with men
  7. Model, actress, whatever...
  8. Don't take me home until I'm drunk
  9. The thing I like best about him is his girlfriend (Santa Monica and La Brea version)
  10. Boo boo
  11. Swingers

Gesamtspielzeit: 45:25 min.

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