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My Brightest Diamond - A thousand shark's teeth

My Brightest Diamond- A thousand shark's teeth

Asthmatic Kitty / Cargo
VÖ: 20.06.2008

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Da draußen

Shara Worden verkleidet sich gern und kann ihre Stimme sehr effizient verbiegen - hätte sie letztes Jahr auch noch in der "Popstars"-Jury gesessen, wären sie und Nina Hagen also gar nicht mehr auseinander zu halten gewesen. Shara Worden hat aber auch keine Zeit für so einen Scheiß, weil sie Musik machen muss, sehr dringend sogar. Sechs Jahre hat sie an den Songs geschrieben, die nun auf "A thousand shark's teeth" erscheinen, ursprünglich als Kammermusik für ein Streicherquartett gedacht waren und irgendwann so kompliziert wurden, dass Worden lieber erstmal "Bring me the workhorse", ihr Debüt als My Brightest Diamond, einspielte. Von einer Getriebenen will man da noch nicht sprechen, aber wer sich schon vor der ersten fertigen Platte von der eigenen Arbeit ablenken muss, scheint zumindest ein interessanter Typ zu sein.

"A thousand shark's teeth" unterstreicht diese Vermutung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Im Beisein von bis zu 20 Musikern an Geige, Cello, Bratsche, Harfe, Marimba, Klarinette, Oboe, Vibraphon, Gitarre, Bass, Schlagzeug und jeder Menge Undsoweiter spielt sich Worden zur bösen Hexe hoch, die man bisher höchstens in jenen verwunschenen Wäldern vermutet hatte, die sich Rufus Wainwright kurz vor dem Einschlafen ausdenkt. Ihr Album leuchtet allerdings auch in der moosgrünen Weltabgewandtheit des Goldfrapp-Debüts "Felt mountain", stellt um fünf Ecken herum Tom Waits nach und seine Ehe in Frage, studiert Jonny Greenwoods Streicherkompositionen für Ameisenorchester und jagt mit belastbarer Stimme den Mythen der Joanna-Newsom-Musik hinterher. Das zu schaffen und dabei wie keiner der genannten Kollegen zu klingen - kann halt schon mal sechs Jahre dauern.

So macht "A thousand shark's teeth" gleich gar kein Geheimnis aus seinen gehobenen Kunstliedabsichten. Entschlossene E-Gitarren unterstützen hier eher den grimmigen Grundtenor, statt sich als mutlose Rock'n'Roll-Rückversicherung zu begreifen, und auch Wordens Diplom in Operngesang hängt prominent an den Wohnzimmerwänden der Platte. Ein wenig Theoriewissen schadet also nicht beim Versinken in "A thousand shark's teeth" - es sind aber doch vor allem die Songs, die einen am Ende wieder ausspucken, mit denen man den unmittelbaren Körperkontakt sucht. Vom abgewetzten Gitarrenschluss des vorher schon probierwütigen Jazz- und Klassik-Crashkurses "To Pluto's moon" kann man sich zum Beispiel sehr gründlich die Beine rasieren lassen. Und was in "Goodbye forever" zwischen vereinsamter Geige und "Rain dogs"-Percussion nie ganz zum völligen Stillstand kommt, trägt man auch lieber auf dem Arm herum, statt es irgendwo da draußen im Dunklen vermuten zu müssen.

Finsternis ist ohnehin ein Schlüsselbegriff hier: "Black and Costaud" lässt kaum mehr als ein ersticktes Rabenkrähen von seiner Gitarre übrig, "From the top of the world" konzentriert sich trotz moserndem Bass, bebender Stimme und großer Orchesterausstattung doch vor allem auf die eigene Fallhöhe, "Apples" dreht sich nervös um ein eiliges Phil-Selway-Schlagzeug, und selbst in "If I were queen“ werden keine naiven Kinderwunschlisten abgehakt. Spaß macht "A thousand shark’s teeth“ also zuallerletzt, und für die Muskulatur kann so viel Anspannung auf Dauer auch nicht gesund sein. Wer Musik aber immer schon als Künstler-Hörer-Schlagabtausch verstanden hat, kriegt hier die Gelegenheit, gleich mehrere Gewichtsklassen auf einmal zu überspringen. Erfahrenen Kämpfern sollte das durchaus die eine oder andere Sportverletzung wert sein.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Inside a boy
  • Apples
  • Black and Costaud
  • To Pluto's moon

Tracklist

  1. Inside a boy
  2. Ice and storm
  3. If I were queen
  4. Apples
  5. From the top of the world
  6. Black and Costaud
  7. To Pluto's moon
  8. Bass player
  9. Goodbye forever
  10. Like a sieve
  11. The diamond

Gesamtspielzeit: 46:04 min.

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