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The Herbaliser - Same as it never was

The Herbaliser- Same as it never was

!K7 / Al!ve
VÖ: 23.05.2008

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Schleiflack

Echter Hiphop kommt natürlich aus den USA. Jungs aus einem mindestens kleinkriminellen Milieu mixen aus den alten Blues-, Soul- und Funkscheiben ihrer Eltern neue Tracks zusammen und sprechen Texte darüber. Weil das Ganze inzwischen längst eines der größeren Marktsegmente in der Musikbranche geworden ist, verdienen die vormals armen Jungs massenhaft Geld. Und müssen das auch zeigen, indem sie die dicksten Autos fahren, die sonnendurchflutetsten Villen bewohnen und sich eine möglichst große Menge Gold um den Hals hängen.

Abseits der großen kommerziellen Epizentren jenseits des Atlantiks wird das gängige Klischee hingegen nicht so gut bedient, was der Qualität der Musik allerdings bestimmt nicht schadet. The Herbaliser etwa wohnen im trüb-regnerischen England, sind eher blass um die Nase und haben statt Gold um den Hals nur welches in den Fingerspitzen. Beim Basteln an ihren Tracks verwenden die beiden Briten eine Technik, die im Möbelbau als Schleiflackfinish bekannt ist. Nach dem Auftragen und Austrocknen einer dünnen Farbschicht wird diese bis auf einen Hauch wieder runtergeschliffen. Dann wird neu lackiert und die Prozedur wiederholt. Ein guter Schleiflack besteht aus mindestens acht Schichten, deckt wunderbar gleichmäßig und lässt trotzdem noch Feinheiten des Untergrundes durchschimmern.

Was The Herbaliser aus Funkgitarren, souligen Bläsern, Bigbandsounds und oft schweren, aber nie hektischen Beats aufeinanderschichten, ist dieser Technik durchaus ähnlich. Denn wie beim guten Schleiflack bestimmt die Zahl der Schichten die Qualität und gilt der Grundsatz: Je mehr, desto besser. Denn das Ganze bleibt ja trotzdem so transparent, dass man die Scratches ganz unten immer noch durchhören kann. Auf so gestalteten Flächen dürfen sich dann Vokalgäste austoben oder aber prominente Samples ein Instrumentalstück mit Melodie versorgen. "On your knees" beispielsweise breitet die warmen Farben von dunklem Soul aus, auf dem sich Jessica Darling lasziv und genussvoll räkelt. "Amores bongo" hingegen kommt ganz ohne Stimme aus und verheiratet kurzerhand Funkgitarren und Tangohörner. Die anschließende Hochzeitsnacht ist heiß und sexy. Da der Sprechgesang von More Or Les "Game set & match" zwar eine Menge Flow, aber keine Melodie verleiht, unterlegen es die Mischpultmeister mit etwas Kirmesmusik. Das absolute Highlight auf "Same as it never was" aber liefert Jean Grae, die bei "Street karma (A cautionary tale)" eindringliche Slam poetry vorträgt. Dazu liefern die Briten einen passenden minimalistischen Hintergrund und beweisen, dass sie auch wissen, wann man sich mal zurücknehmen muss.

Leider gelingt dieses Kunststück nicht immer. Zwischen Klangwelten, die der Zuhörer voller Vorfreude auf die nächste Überraschung mit den Ohren seziert, schleichen sich immer mal wieder Passagen, die bei den ersten Hördurchgängen zwar ob ihrer handwerklichen Qualität voll überzeugen, sich im Dauerrotationstest allerdings als Längen entpuppen. Filmmusikalische Sequenzen erinnern zunächst an die alten Schinken, die an Feiertagen im Dritten Fernsehprogramm laufen, sind bei der fünften Wiederholung aber leider auch genauso spannend. Da muss man sich dann nebenher noch mit etwas anderem beschäftigen. Falls die diamantbesetzte PlayStation mal wieder streiken sollte, wäre tanzen eine gute Idee.

(Rüdiger Pater)

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Highlights

  • On your knees
  • Amores bongo
  • Street karma (A cautionary tale)
  • Game set & match

Tracklist

  1. Same as it never was
  2. On your knees
  3. Just won't stop
  4. The next spot
  5. Can't help this feeling
  6. Amores bongo
  7. Street karma (A cautionary tale)
  8. You're not all that
  9. Blackwater Drive
  10. Game set & match
  11. Clap your hands
  12. Stranded on earth

Gesamtspielzeit: 51:41 min.

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