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Frightened Rabbit - The midnight organ fight

Frightened Rabbit- The midnight organ fight

Fat Cat / PIAS / Rough Trade
VÖ: 28.03.2008

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Self-fulfilling prophecies

Die schon wieder? Ja, die schon wieder. Schlanke fünf Monate ist es her, dass mit "Sing the greys" das Debüt von Frightened Rabbit dem heimischen Markt nachgereicht wurde. Der zusammengedampfte Veröffentlichungszyklus funktioniert damit einmal mehr eher als ironische Pointierung des ganzen Globalisierungsgeschwafels. Im Grunde ist doch alles wie immer: zu spät, zu früh, doch nie zur rechten Zeit. Und wenn die Verantwortlichen nicht wollen gerne auch mal: gar nicht. Ein stotternder Coitus Interruptus, der erst nicht recht in Fahrt kommen will und dann sein Pulver vorschnell verschießt. Mit Frightened Rabbits hervorragendem Zweitwerk hat all das allerdings weniger zu tun.

Denn als Globalisierungsgegner kann man "The midnight organ fight" sicher nicht bezeichnen. Gleich der von Fidel und Trompete beschleunigte Tröstergestus von "The modern leper" und "I feel better" breitet die Arme äquatorweit aus. Das Gemächte reibt sich auf Höhe weihevoller Americana, die Brust knuddelt am indielärmenden Londoner Nullmeridian, der Kopf ruht auf skandinavischen Traumkissen, die Gesichtshaut sprießt um ihre Heimatstadt Glasgow ins Bartkauzige. Zusammen ergibt das zwei übergroße Songs, zwei Monstren aus Zwielicht und Konsequenz, nach deren Muster auch das bei all seinem poppigen Scharfblick wunderbar verschüchterte "Head rolls off" mit erfreulicher Offenheit versehen wird. Eine Offenheit, die Sänger Scott Hutchinson ebenso immer wieder als Kontrastprogramm zu seiner nach wie vor mit heißem Wasser gurgelnden Intonation entwirft. "You won't find love in a hole / It takes more than fucking someone you don't know to keep warm", singt er etwa in "Keep yourself warm". Und baut so auf der Kehrseite der Zeilen monumentale Sichtsperren zu der in unfassbarer Güte vorgetragenen Musik, die sich zum Schluss allein deshalb noch einmal hymnisch aufzubäumen scheint, um die Worte zu ihrem gerechten Appell antreten zu lassen. Auf ganz ähnliche Weise hatte bereits "Be less rude" auf "Sing the greys" das Anliegen Frightened Rabbits in postulierende Form gegossen.

Eben jene Friedfertigkeit kocht "The midnight organ fight" mit den folkloristischen Klängen von "Good arms vs. bad arms", "Old old fashioned" und "Poke" nochmals herunter, um sie aus sich selbst heraus zu voller Dramatik zu treiben. Dafür holen Frightened Rabbit das absolute Optimum aus ihrem Minimalismus heraus. Arrangements, multiinstrumentale Zerstreuung und Choral- wie Chorusgesänge drücken die Songs in einem einzigen Strang nach vorne, suchen und finden ausschließlich Höhe- und Scheitelpunkte. Sie beharren, sie eskalieren, sie beruhigen, sie geben nach - so schaffen es Frightened Rabbit, ihre Lieder wie Schatten ihrer selbst klingen zu lassen. Harmonische Läuterung und Schlichtheit umgeben sie mit einem Spannungsfeld, das sie in Aufrichtigkeit und Freimut umwandelt und postwendend wieder zurück. Die großen, die kleinen, die unverblümten und die grundguten Gesten. "The midnight organ fight" hat sie alle. Und mehr braucht es in diesem Fall auch nicht. "Jesus is just a Spanish boy's name / How come one man got so much fame?", fragt "Head rolls off" eine große und bezeichnende Zeile. Das Heruntergekochte, das Universelle, das Zweifelnde und Fragende - käme noch der (verdiente) Ruhm dazu, wären Frightened Rabbit wahrlich die Propheten ihrer selbst.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • The modern leper
  • Fast blood
  • Head rolls off
  • Keep yourself warm

Tracklist

  1. The modern leper
  2. I feel better
  3. Good arms vs. bad arms
  4. Fast blood
  5. Old old fashioned
  6. The twist
  7. Bright pink bookmark
  8. My backwards walk
  9. Head rolls off
  10. Keep yourself warm
  11. Extrasupervery
  12. Poke
  13. Floating in the forth
  14. Who'd you kill now?

Gesamtspielzeit: 48:05 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Gomes21

Postings: 4867

Registriert seit 20.06.2013

2024-01-14 18:50:29 Uhr
Danke für den Tipp!

Immermusik

Postings: 565

Registriert seit 04.11.2021

2024-01-14 17:07:40 Uhr
FR Gitarrist Billy Kennedy hat in neues Projekt. Haiver. 2 songs sind online. Bis jetzt ist es nur ein Duo und entsprechend reduziert sind die Songs.

PS: Miss you Scott

Sloppy-Ray Hasselhoff

Postings: 1738

Registriert seit 02.12.2019

2023-11-19 21:52:54 Uhr
man hat schon gesehen, dass hutchison schwer atmet. ewig schade. https://www.youtube.com/watch?v=3wfmvDTyn0M
bester song über sex ever.

Hollowman

Postings: 202

Registriert seit 14.06.2013

2019-07-15 18:02:06 Uhr
Ich hab's mir gestern bestellt. Sind schon einige sehr schöne Versionen drauf, bei den tollen Vorlagen kann man auch nicht so viel falsch machen.
Bei Julien Baker's Modern Leper hatte ich beim ersten Durchgang Gänsehaut. Ansonsten kann ich kaum was hervorheben, gefällt mir fast durchweg wirklich gut.

SoundMax

Postings: 262

Registriert seit 19.05.2015

2019-07-15 15:47:25 Uhr
War zunächst ein wenig skeptisch, da The Midnight Organ Fight zu meinen Top 10 Alben der 00er gehört und mir ein gewöhnliches Remaster als Anniversary Edition mehr zugesagt hätte. Aber alleine schon die Auswahl der Interpreten auf dem Ding ist beachtenswert. Twilight Sad, Manchester Orchestra, Daughter, Aaron Dessner, Josh Ritter, etc.

Dann sind die Neuinterpretationen der ohnehin schon fantastischen Songs auch noch dermaßen gelungen. Insbesondere Josh Ritters Old Old Fashioned und Craig Finns Heads Roll Off tuens mir im Moment an. Einzing mit Harkins und Sarah Silvermans My Backwards Walk werde ich nicht warm. Da hätte die wunderbare Version von Manchester Orchestra gereicht.


Mit Scott hat die Musikwelt wohl einen der begnadetsten Lyriker verloren. Das fällt mir bei diesem Album wie auch bei den Nachfolgern immer wieder auf. So herrlich explizit und humorvoll werden düstere Themen verpackt und dabei eine Leichtigkeit verliehen, dass einem trotz Schwermut das Herz aufgeht. RIP
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