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Six Organs Of Admittance - Shelter from the ash

Six Organs Of Admittance- Shelter from the ash

Drag City / Rough Trade
VÖ: 09.11.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Home sweet home

Romantische Vorstellungen schwinden. Ausweichmanöver führen zu nichts. Je älter man wird, desto aufdringlicher schiebt sich die Wahrheit ins Zentrum unseres Glaubens an das Gute, das Aufrechte, das Unabhängige. Verkauf, Absatzzahlen, komplexe Vertragsklauseln - es dreht sich doch alles nur um das Eine. Das väterlich agierende Plattenlabel, das ihre Ziehtöchter und -söhne an die Hand nimmt, auf dem Weg von ersten Enttäuschungen zu größeren Erfolgen, ohne Blick auf den aktuellen Umsatz - gibt es das überhaupt? Es ist wie mit Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Doch wer akribisch forscht, der findet. Das Lieblingslabel. Aus Chicago: Drag City. Seit 1989 eine eingeschworene Gemeinschaft von experimentellen wie traditionsversessenen Eigenbrötlern und neo-psychedelischen Bands. Chef Rian Murphy backt den unterhaltsamen Newsletter Monat für Monat immer noch selbst, greift mal Jim O’Rourke oder Bill Callahan mit filigranem Schlagzeugspiel unter die Arme, oder dient seinen dutzenden Untertanen gar als Produzent oder Artworkdesigner. Sicherlich wird auch hier gewirtschaftet, aber ein klein wenig Blauäugigkeit ist unter solchen Umständen kultureller Familialität gestattet.

Auch Benjamin Chasny, alleiniger Kopf des psychedelischen Noise- und Folk-Projekts Six Organs Of Admittance, gehört seit seinem persönlichen Meisterstück "School of the flower" von 2005 zur Familie Drag City und weiß sein noch frisches Engagement dort mehr als zu schätzen. Touren im Vorprogramm der Labelmates Joanna Newsom und Alasdair Roberts liegen hinter ihm. Nicht zu vergessen: seine Unterstützung als Gitarrist von Bonnie 'Prince' Billy auf dessen jüngst vergangenen Europa-Konzerten. Auch auf seinem neuen Album "Shelter from the ash" nutzt Chasny die Nähe zu seinen Kollegen und hat unter anderem Tom Green von den Fucking Champs und den allerspätestens durch "Superwolf" bekannt gewordenen Matt Sweeney als Mitmusiker geladen. Was nicht heißen soll, dass Chasny mit seinem achten Album die Fäden aus der Hand gäbe. Alleinherrscher bleibt er weiterhin und trägt seinen Gästen charmant die Arbeit auf. So brilliert Sweeney mit einem elegischen Gitarrensolo in "Strangled road" und beendet damit das wunderschöne, auf einzelne akustische Tonspuren bedachte Folkduett, von Elisa Ambrogio (Magik Markers) und Chasny in aller Klarheit vorgetragen.

Eine Klarheit, die sich aus dem Karriereverlauf der Six Organs Of Admittance als schlüssig erweist. Von Veröffentlichung zu Veröffentlichung verloren sich die unberechenbaren, basslastigen Noiseschleifen und rückten dennoch mit weiterhin vorhandener Präsenz in eine introspektive, fast esoterische Richtung. So auch die gesangliche Darbietung, die aufblühte von einem unsicheren Flüstern zu einer organischen, selbstbewussten Stimme. Folkloristische Wurzeln bissen sich immer fester ins Grundgerüst des Projekts, und so wundert es kaum, dass "Shelter from the ash" Helden der instrumentalen, kalifornischen Gitarrenkunst, wie John Fahey oder Robbie Basho gelungen nacheifert.

Zu hören ist das im formidablen "Final wing", das erst einmal vier Minuten dem immer gleichen Rhythmus folgt und mit voller Kraft jeden Ton zelebriert, bevor der variationsreiche Gesang ertönt. Saitenschneller Minimalismus steckt auch das leierige Piano und die Drums an. Lang gezogene, psychedelische Dekonstruktionsbemühungen und eine stets melancholische Geräuschpalette verstärken den Spannungsbogen, anstatt ihn zu zerstören. Zeit spielt dabei keine Rolle mehr. Chasny streichelt im Fortlauf schwarzverhangenen Blues, glänzt sowohl mit elektrischer als akustischer Intrumentierung. "Coming to get you" droht in der Apokalypse zu versinken, kontert aber mit neugefundener Milde und Besänftigung. "Alone with the alone" ist Freiheit und Ekstase zugleich. Nur der Titelsong und das schon zu Bett gegangene "Goodnight" stolpern über ihre eigene Geradlinigkeit, so dass zum Schluss doch noch ein minimaler Wermutstropfen auf der ansonsten meisterlichen Endabrechnung steht. Doch keine Sorge, Rian Murphy wird ihn auffangen. Zuhause in Chicago. Da, wo die Welt noch in Ordnung ist.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Jade like wine
  • Goddess atonement
  • Final wing

Tracklist

  1. Alone with the alone
  2. Strangled road
  3. Jade like wine
  4. Coming to get you
  5. Goddess atonement
  6. Final wing
  7. Shelter from the ash
  8. Goodnight

Gesamtspielzeit: 43:08 min.

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