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Kinski - Down below it's chaos

Kinski- Down below it's chaos

Sub Pop / Cargo
VÖ: 24.08.2007

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Illegale Einwanderer

Die Grenze ist stets ein heiß umspielter Ort: Was aus der Luft besehen ein Tumult aus sich an- und abstoßenden Punkten zu sein scheint, das wird im Ego-Shooter zur klaustrophobischen Suche nach dem besten Versteck oder freiem Schussfeld. Alles hängt an der Linse, der Brennweite, der Position im Raum. Und manchmal ist der Minimalabstand, der das Überleben sichert, nur der, in dessen Lücke gerade so eben die Schrotflinte passt. Kinski sind nicht die Wächter, sondern die Wissenschaftler eines solchen Grenzverkehrs. Gesprengte Ketten interessieren sie nicht. Eher schon die Vermessungsarbeiten an dem, was möglich wird, wenn man kaum etwas verändert. Und dabei ganz genau hinhört.

Allerdings muss man "Down below it's chaos" schon ziemlich genau lauschen, um davon etwas zu spüren. "Crybaby blowout" und "Dayroom at Narita Int'l" geben zunächst nur ein angekratztes Psychedelic-Rock-Gepolter von sich, das sich auf "Passwords & alcohol" mit dem typischen Ziehen auf der Lunge, dem Grummeln im Magen und dem Schleier im Kopf zu einem postalkoholischen Tiefgaragentanz verbindet. Der sparsam eingesetzte Gesang von Chris Martin gibt sich konventionell genug, um die Aufmerksamkeit an sich zu ziehen, schwingt aber auch in dem tiefen Bewusstsein vor und zurück, dass er hier eigentlich nichts zu suchen hat. Vielmehr wird er von den Riffs in einem seltsamen Magnetismus angezogen und stößt sich wieder ab. Ein illegaler Einwanderer, dessen Weg sich eher physikalisch erklären ließe, als songinnenpolitisch.

Einen eigenen Minister brauchen Kinski auch fortan nicht wirklich. Vielmehr weiten sie mit "Boy, was I mad!" einfach ihr Magnetfeld auf Kraut-, Stoner- und Post-Rock aus. Und ziehen nun auch den Hörer unweigerlich in ihren Teilchenentschleuniger hinab, wo er zum unersetzlichen Partikel einer riesigen, analytischen Maschinerie wird. Wohl, willkommen oder auch nur am rechten Fleck fühlt man sich hier eher weniger. Dafür erfreulich und schmerzhaft ernst genommen.

Wenn mit "Plan, steal, drive" eines der besten Stücke von "Down below it's chaos" ganz lange vorglüht, die Gitarrenmelodie geduldig auf ihre Erfüllung wartet und einzelne Orgeltupfer im Hintergrund den Pinsel schwingen, weiß man auch, dass in Kinskis Musik im Grunde gar nichts etwas verloren hat. Außer dem Flirren und Vibrieren der Verstärker, die sich zu einem Statement entrollen, das ebenso klarstellt wie unterdrückt. Denn Kinskis Songs, so konventionell sie auch vor sich hin rocken mögen, sind stets tief analytisch, quergedacht und innerhalb ihrer bewusst eng gezogenen Grenzen äußerst erfindungswütig. Genau aus dieser Konzeption ziehen sie ihre Energie. Die Lust am Entgrenzten wird dabei automatisch auf einen herben, aber aufrichtigen Real-Player-Modus heruntergefahren. Und so wird sich auch der Wunsch nach ein wenig mehr Utopie, der des Hörers Kopf entgeistert, nicht von alleine erfüllen. Ehrlich, aber wahr.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Passwords & alcohol
  • Boy, was I mad!
  • Silent biker type

Tracklist

  1. Crybaby blowout
  2. Passwords & alcohol
  3. Dayroom at Narita Int'l.
  4. Boy, was I mad!
  5. Argentina Turner
  6. Child had to catch a train
  7. Plan, steel, drive
  8. Punching goodbye out front
  9. Silent biker type

Gesamtspielzeit: 47:22 min.

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