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The Detroit Cobras - Tied & true

The Detroit Cobras- Tied & true

Bloodshot / Rough Trade
VÖ: 22.06.2007

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Vorruhestand

Das Alter. Aus kurzen Schwächeanfällen werden offensichtliche Missstände. Plötzlich fühlt sich jeder Morgen an, als sei man mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden. Die Zähne liegen in den Cornflakes, die Haare im Ausguss, die Beine mutieren zu Bremsblöcken. Nicht nur in ottonormalen Kreisen. Auch eine handelsübliche Rockmusikantencombo hat mit den Zeichen der Zeit zu kämpfen. Ja, auch die Asskickenden, die Widerspenstigen, die Anarchisten sind davon befallen. Selbst in Detroit, bei den dort ansässigen Cobras - der wohl begnadetsten Coverband dieses Planeten. In ihren schicken Kostümchen sehen sie zwar fesch aus, aber es stinkt unwiderruflich nach Lethargie.

Dabei verwundert es nicht wirklich, dass sich mit dem erst vierten Album "Tied & true" Ermüdungserscheinungen im Lager der fünfköpfigen Band aus der Motor City breit machen. Hatten sie doch zu viel um die Ohren im Laufe ihrer Karriere. Bereits nach dem in Flammen stehenden Debüt "Mink rat or rabbit" von 1998 trennte man sich und fand unter neuer Besetzung zusammen. Nur die beiden Damen an der Front, Rachel Nagy und Mary Ramirez, blieben dem Grundgerüst erhalten. Nach der besseren zweiten Veröffentlichung "Life, love and leaving" kam es erneut zum Bruch und die neu eingestiegenen Musiker verschwanden von der Bildfläche. Es folgte ein Deal mit Rough Trade, Begeisterung bei Singles-Käufern, Streit mit der Erstbesetzung über die letztes Jahr erschienene Raritätenkompilation "Lost and found", ein nettes Nachfolgewerk mit Namen "Baby." Schließlich weitere Umbesetzungen. Bei diesen Ereignissen können die Ringe unter den Augen schon mal bis zu den Knien hängen.

Bevor aber der vollständige Zerfall um sich greift, greifen die Cobras in ihrem Lazarettstatus noch einmal nach einem Strohhalm. "Tied & true" folgt in seiner Machart den Vorgängern. Dreizehn kurzknappe Coverversionen von lokalen Heroen. The Flirtations, The Cookies, Little Willie John - man muss sie nicht kennen, die verstaubten R&B-Perlen aus den sechziger Jahren, die die Band wieder einmal mühevoll in den Schluchten der Tonträgermüllhalde zusammengesucht hat. "Tied & true" lehnt sich zurück. Wann nimmt man endlich dem Schlagzeuger den Stock aus dem Arsch? Die Saiten kreischen nicht, sie jaulen mit dem Blues."As long as I have you" zerschlägt die Euphorie durch furchtbare Backing Vocals von einem schwulen Musicalchor in Matrosenanzügen. Ausartend, bebend und rücksichtslos hat ausgedient, ein bedächtiger Rhythm & Blues dominiert. Mehr Wohlgefühl, weniger Schweiß. Mehr CSU, weniger Die Grünen. Nur "Leave my kitten alone" ist so dreckig und sexy wie man sich das von den Cobras wünscht. "Nothing but a heartache" liebäugelt mit der Gleichgültigkeit, transformiert sich aber mit seinen glühenden psychedelischen Funken zu einem Hit. Der süßliche Bossanova "My delight" wendet sich zum rhythmischen Stakkato, beisst erst auf den zweiten Blick kräftig zu und entledigt sich langweilender Tendenzen. Brannte "Mink rat or rabbit" von Sekunde Eins in den Ohren, ist "Tied & true" ein Rückzug, der in seiner Behutsamkeit erst nach mehreren Runden seine dynamische Züge preis gibt. Ein Mehr an inneren Prozessen für den Hörer. Aber alles halb so wild, denn auch im Sitzen kann Musik Spaß machen. Man wird schließlich nicht jünger.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • My delight
  • Leave my kitten alone

Tracklist

  1. You'll never change
  2. Try love
  3. The hurts all gone
  4. Only to other people
  5. Puppet on a string
  6. As long as I have you
  7. My delight
  8. Nothing but a heatache
  9. If you don't think
  10. Leave my kitten alone
  11. What's going on
  12. On a monday
  13. Green light

Gesamtspielzeit: 31:55 min.

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