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The White Stripes - Icky thump

The White Stripes- Icky thump

Third Man / XL / Beggars / Indigo
VÖ: 15.06.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Schneller als sein Schatten

Seit es das Internet gibt, ist vieles einfacher geworden. Leute verarschen zum Beispiel. Wie hier. Siehst Du, reingefallen, hahaha. Seit das Internet aber nicht mehr nur von der Porno-, sondern auch von der Musikindustrie als Massenvermarktungswaffe genutzt wird, scheint manche Band zu gesteigertem Querulantentum zu neigen. The White Stripes etwa finden in Web-2.0-Zeiten zunehmenden Spaß daran, sich von jedweder Kundennähe zu distanzieren. Interviews macht Songschreiber und Chefentscheider Jack White fast nur noch mit Fünfjährigen oder gar nicht. Lieber lässt er dann und wann ein Nachrichtchen auftauchen, das man am besten unter Zuhilfenahme eines Kryptologen durchgeht. Die Entwicklung seiner Garderobe erklärt, warum die White Stripes keinen Song auf diesem Sampler platzieren konnten. Und was die Musik angeht - da ist ja sowieso seit "Get behind me Satan" alles verloren.

Wer Jacks Piano- und Knochenspiel-Platte als Bewerbungsschreiben fürs nächstgelegene Erholungsheim auffassen wollte, unterschätzte natürlich die Absonderlichkeiten der vier vorausgegangenen Alben. "Get behind me Satan" war aber durchaus ein Riss in der White-Stripes-Diskographie, an dem sich "Icky thump" nun mit Sprengstoff und Brecheisen zu schaffen macht. Die Platte ist düsterer und härter als ihr Vorgänger, wohl weil Jacks dröhnende, dreckige E-Gitarre zurück ist im Kreislauf der Songs. Das Interesse an normalen Liedern hält sich dennoch weiterhin in Grenzen - oder, um da genau zu sein: Das Interesse daran, eigentlich sehr gewöhnlichen Blues- und Garagenrock mit allerlei Ungereimtheiten, Stolpersteinen und musikalischen Mäusefallen aufzuhübschen, ist weiterhin sehr ausgeprägt. Ein Tex-Mex-Trompeter? Hat noch keiner Band geschadet. Einen Dudelsackspieler? Hatten wir auch noch nicht bis jetzt.

"Icky thump" stopft da großzügig die Löcher; der orientalische Einschlag des Titelstücks bleibt deshalb eine Finte, so wie alles an dieser Platte aus Finten, falschen Fährten und gut gesetzten Notlügen zu bestehen scheint. Die Riffwalzen-Single wird mit fahrigen Gitarren- und hochgejazzten Orgelsoli demontiert, das Jucken am Dudelsack von "Prickly thorn, but sweetly worn" mit reichlich "Ladidas", bösen Riverdance-Vorahnungen und den Nachwehen aus "St. Andrew" überspielt. Die gewohnt großartige Nichtschlagzeugerin Meg darf sich bei der Gelegenheit wieder mal als Nichtsängerin hervortun, das notdürftig abgestaubte Cover der Patti-Page-Version des Corky-Robbins-Songs "Conquest" bleibt jedoch weitgehend Männersache. Jack und der Trompeter ziehen schneller als ihre jeweiligen Schatten, am Ende sind dann alle tot. Davor viel Geschepper, dazwischen der verbindliche unbeschädigte Folksong, danach noch einige Übungen für die Gitarre, die man nirgendwo nachlesen kann.

Worum es geht? Immer noch um obskure Wahrheitssuchen, was sich mit Blick auf "Icky thump" leicht als blanke Ironie missverstehen ließe. Außerdem um traditionsbewusste Liebeslieder, Stöbereien im Müll und das Anhäufen von Beweisstücken eben, die klarmachen, dass Captain Sparrow keinesfalls der schrägste Jack im Unterhaltungsgeschäft ist. Die besten Songs, die dabei abfallen - das verknickte, zerknüllte, am Ende überraschend schadlos aufgefaltete "I'm slowly turning into you" und das einzige wirklich melodieselige Stück "You don't know what love is" -, scheinen eher zufällig zu passieren. Daraus aber einen größeren Vorwurf für "Icky thump" zu stricken, hat schon deshalb keinen Sinn, weil es immer noch sehr viel Spaß macht, in Jack Whites höchsteigener Quizshow mitzuspielen. Das ist einfach eine super Antiquitätensammlung, die der sich da zusammensucht.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Icky thump
  • You don't know what love is (You just do as you're told)
  • I'm slowly turning into you

Tracklist

  1. Icky thump
  2. You don't know what love is (You just do as you're told)
  3. 300 M.P.H. torrential outpour blues
  4. Conquest
  5. Bone broke
  6. Prickly thorn, but sweetly worn
  7. St. Andrew (This battle is in the air)
  8. Little cream soda
  9. Rag & bone
  10. I'm slowly turning into you
  11. A martyr for my love for you
  12. Catch hell blues
  13. Effect & cause

Gesamtspielzeit: 48:40 min.

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User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19947

Registriert seit 10.09.2013

2016-06-16 11:45:05 Uhr
Für dieses Album gilt dasselbe wie für den Rest der White Stripes-Diskographie: gut bis sehr gut, aber nicht mehr. Jack White ist ein großartiger Gitarrist und ein klasse Typ, aber leider kein besonders starker Songwriter, weswegen ihm der ganz große Wurf bislang noch nicht gelungen ist.

Mister X

Postings: 3401

Registriert seit 30.10.2013

2016-06-16 03:04:06 Uhr
volles pfund das album ! seit 2011 kein beitrag mehr dazu ? geht vll in der starken disco der band unter. fuer jede andere band waere es das magnus opus
Einzelkind
2011-02-05 21:06:29 Uhr
Aus gegebenem Anlass mal wieder gehört und ich weiß zwar nicht, ob es an der Trauer liegt, aber ich sehe das Album gerade in einem völlig neuen Licht.
Verstehe übrigens garnicht, warum alle St. Andrew hassen. Ich finde das klasse, aber mir gefällt auch Aluminum auf White Blood Cells.
Demon Cleaner
2010-12-27 09:28:46 Uhr
Wie wird das Album denn so auf die lange Zeit gesehen?

Ich finde es aufgrund der recht häufig quietschigen Gitarrensounds und sonstigen Einstreuungen am anstrengendsten durchzuhören und "St. Andrew" in der Mitte zersägt dann endgültig jeden Nerv.
Andererseits sind die Songs für sich zum Großteil top. 7.5/10 würde ich verteilen.

01. Icky Thump (9/10)
02. You Don't Know What Love Is (You Just Do As You're Told) (6/10)
03. 300 M.P.H. Torrential Outpour Blues (8/10)
04. Conquest (6/10)
05. Bone Broke (9/10)
06. Prickly Thorn, But Sweetly Worn (8/10)
07. St. Andrew (This Battle Is In The Air) (2/10)
08. Little Cream Soda (8/10)
09. Rag And Bone (8/10)
10. I'm Slowly Turning Into You (9/10)
11. A Martyr For My Love For You (7/10)
12. Catch Hell Blues (8/10)
13. Effect And Cause (7/10)
peppey paloma
2009-01-19 20:19:12 Uhr
icky thump gibts momentan ziemlich günstig bei amazon. wer der musik von den white stripes nicht abgeneigt ist und "ichy thump" noch nicht besitzt, sollte zuschlagen. habs auch vor kurzem gemacht und wurde doch sehr positiv überrascht. auf jedenfall eines ihrer besten alben. die lieder zünden schnell und orientieren sich wieder mehr am furztrockenen sound der ersten white stripes-alben.

[8/10]
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