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My Vitriol - Finelines

My Vitriol- Finelines

Infectious / PIAS / Edel
VÖ: 09.04.2001

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zitternde Kontraste

Die englische Musikpresse ist bekanntlich stets dem nächsten Hype auf der Spur. "Heute top, morgen Flop" ist dabei für gewöhnlich die Devise. Mit kritischen Augen sollte man daher jene neuen Bands beschauen, die nach der ersten Single von Postillen wie dem NME und Kerrang hochgejubelt werden. Weshalb aber gibt auch jemand Unverdächtiges wie Chino Moreno einen Satz wie "My Vitriol sind die beste Band der Welt" von sich? Wieso steht einem bereits nach dem ersten Durchgang von "Finelines" der Mund aufgrund der schieren Wucht, mit dem einem die Melodien nur so um die Ohren geprügelt werden, offen? Warum lassen Songs wie "Always: your way", "Losing touch" und "Cemented shoes" keinen Zweifel, daß hier wirklich Großes nach Beachtung schreit?

Die Antwort ist einfach wie immer: Hören, hören und nochmals hören. Nur so kann man sich angemessen auf die perlenden, aber doch zubeißenden Gitarren und die sanftmütigen, aber doch explodierenden Stimmen einlassen. Tief im britischen Gitarren-Indierock verwurzelt, nehmen uns My Vitriol durch ihre mal sanft gestreichelten, mal wie tieftraurige Wale singenden Gitarren in den Arm, nur um uns gleich wieder garstig zu verstoßen. Was sich zunächst weich anfühlt und zum anschmiegen einlädt, kann sich im nächsten Augenblick als kalter Stahl entpuppen. Das Herz, das man nur schüchtern schlagen hört, wummert bald schon wie tausend Gewitter. Die Blitze der Gitarren tupfen währenddessen helle Sterne ans Firmament. Vom sanften Ruhekissen bis zum infernalischen Ausbruch des Alptraums begleiten sie uns durch einen wachen Schlaf, auf dem ein dunkler Schatten liegt.

Den Zweikampf zwischen Hell und Dunkel inszenieren My Vitriol auf ihrem Debütalbum mit aufwühlender Dramaturgie. Auf der Suche nach Hoffnung und innerem Frieden fallen sie in stechende Dornen und finden doch immer wieder die blühenden Rosen. "The scars went up in flames / While we waited for the rain / That never came." Die vier Londoner spielen dabei mit Gefühlen, als hätten sie Figuren selbst geschnitzt. Wenn Som Wardner seine Leidenschaften und Sehnsüchte in Songs wie "Grounded" oder "Windows & walls" legt, ist er niemals Opfer. Diese Seele beißt zurück.

"Half the girl I used to be / She's still dressing up inside of me" flüstert er in "Infantile" und lauscht den Rasierklingen, die nur darauf warten, sein Innerstes zu zerschneiden. Statt aber diesen mit eigenen Tränen die Schärfe zu nehmen, greift er zu und wehrt sich. Selbst wenn der Kummer seine Seele bereits zerrissen hat, droht er noch immer: "I'm coming back with all the pieces". Er schreit, er zetert und skandiert im Donner der Gefühle, nur um im nächsten Augenblick wieder voller Leidenschaft zurück zur Melodie zu finden. "Twist me like your smile / So I can hide in here / Safe for a while." Verzweiflung verwandelt sich unter dem Sturm und Drang der Gitarren in Hoffnung, die wie ein Feuer in aller Dunkelheit leuchtet.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Always: your way
  • Cemented shoes
  • Infantile
  • Losing touch

Tracklist

  1. Alpha waves
  2. Always: your way
  3. The gentle art of choking
  4. Kohlstream
  5. Cemented shoes
  6. Grounded
  7. C.O.R. [Critic-orientated-rock]
  8. Infantile
  9. Ode to the red queen
  10. Tongue tied
  11. Windows & walls
  12. Taprodane
  13. Losing touch
  14. Pieces
  15. Falling off the floor
  16. Under the wheels

Gesamtspielzeit: 48:10 min.

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