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Arbouretum - Rites of uncovering

Arbouretum- Rites of uncovering

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 26.01.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Auf der Suche

"I can only ride with you a while / No spring no shades stretching so many miles / These shapes forms the names they may bring / Go long go long the song that I sing." Im unscheinbaren Dunkel liegt er - der Weg der stillen Außenseiter, der selbstzweifelnden Vergessenen und Gemütskranken. In den Schluchten, Ecken und Kanten leuchten sie auf, die schüchternen Phantasien, die grenzenlosen Lebensängste und verlorenen Sehnsüchte von zerrütteten Seelen, von Alleingelassenen und Unverstandenen. Die schmerzverzerrten Seufzer und Klageschreie des "Pale rider blues" lassen traurige und unterdrückte Gestalten sprechen und wohlgeformte Trugbilder unserer Realität verstummen. Aggressionen und Gewalten brechen das aufgesetzte Stillschweigen. Gitarren und Drums beben in heftigen und strukturlosen Soli. Sie verfluchen Schmerz und Einsamkeit. Der bittere Blues und das stetige Mantra des vibrierenden Basses setzen den "Pale rider blues" auf einen dunklen, tränengesäumten Thron. Nicht kryptisch, nicht pathetisch. Eine leidenschaftliche, spröde Hymne im vernichtenden Sud der lebensnahen Panik und Verzweiflung. Man greift bemüht nach Hoffnung und sucht mit Beständigkeit nach Erlösung.

Dave Heumann aus Baltimore ist der Schöpfer dieses kargen wie gitarrenzersetzenden Songs. Viel gibt es über diese unscheinbare und zurückgezogen lebende Persönlichkeit nicht zu berichten. Die Jahre seiner bisherigen Musikerkarriere hat sich Heumann zumeist im Hintergründigen aufgehalten. Er griff Will Oldham, Cass McCombs oder Papa M unter die Arme und stellte sich selbst nie zur Schau oder gar zur Debatte. Nach zwei Jahren Vorarbeit, in drei langwierigen Session mit Bonnie-'Prince'-Billy-Bruder Paul Oldham und Tortoise-Vorsteher John McEntire, erscheint mit "Rites of uncovering" nun sein erster Schlag. Inspiriert und zum großen Teil beeinflusst wurde das Album durch den verschrobenen und gesellschaftskritischen Künstler Paul Bowles (1910 - 1991), der sich in seinen Romanen dem Leben von immerwährenden Außenseitern widmete; ihre aufgezwungenen Rollen subtil analysierte und die mitunter schockierenden Resultate ihrer Unterdrückungen trocken und geradeaus publizierte.

"Rites of uncovering" eröffnet ein düsteres Brachland der Emotionen, das mit jeder neuen Komposition in ihrer Zerrüttetheit auseinander zu reißen droht. Ergriffen von einem hypnotischen Mælstrom der Monotonie fließt der treibende und bluesgeschwängerte Folkrock durch die Hörgänge. Lodernde und peitschende Gitarrensoli, die alle Songs zum krönenden Abschluss bringen, fühlen dem Gleichschritt auf den Zahn. Das schwarz verhangene, rhythmisch eindrucksvolle Gebet "The rise" erhält nicht allzu lange Zeit für sein zauberhaftes Frage-und-Antwort-Spiel. Die Gitarrensaiten legen sich über die strukturierten Gegebenheiten, und die dunkle Pracht wird in einer unerbittlichen Kakophonie zum Einsturz gebracht.

Mit "Rites of uncovering" erschließt sich dem Hörer eine schwer poetische und gnadenlos unhumorige Rockmusik, die mehr ist als ein Abklatsch vergangener Großtaten einer gitarreninfizierten Kultur. Auch wenn diverse Verbindungen zu den Schluchten der Siebziger führen, als der Rock in Teilen nach mystifiziertem Zirkus stank und sich an sich selbst aufgeilte, hat Heumann mehr erreicht, als plumpe retrospektive Referenzen aufzustellen. Er verspottet mit seiner spröden Songkunst und der eigeninitiativen Gitarrenarbeit die Selbstdarstellung im gleißenden Licht der Scheinwerfer und stellt seine selbstbewussten Texte in den Dienst der Menschlichkeit. Zum Ergebnis stehen dort keine naiven und weltbessernden Drogenweisheiten aus den Schubladen der Geschichtsschreibung. Nüchtern betrachtete Wahrheiten, die noch so grausam klingen mögen, suchen nach erlösenden Antworten. So wie es einst Paul Bowles in seinen Lyriken tat, sucht auch Heumann schlussendlich nach dem unbekannten Trostspender. Gefunden hat ihn "Rites of uncovering" nicht. Aber Inspiration und Stärke für ein offenes Auge ist eine andere edle Hinterlassenschaft.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Pale rider blues
  • Ghosts of here and there
  • The rise

Tracklist

  1. Signposts and instruments
  2. Tonight's a jewel
  3. Pale rider blues
  4. Ghosts of here and there
  5. Sleep of Shiloam
  6. Mohammed's hex and bounty
  7. The rise
  8. Two moons

Gesamtspielzeit: 47:48 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
brüllaffe
2011-05-22 16:44:18 Uhr
Ich wollte deswegen kein neues Thema aufmachen, nur zur Info, falls es jemanden interessiert:
Heute WDR 00:30 ROCKPALAST: Arbouretum Live.
udw
2007-07-16 20:54:02 Uhr
Eine (nachträgliche) Kurzrezension gibt es jetzt ebenfalls unter:
http://popcultures.de/show_review_magazine.php?review=29
udw
2007-07-14 12:38:34 Uhr
Ja, geht mir auch so. Spät entdeckt und ins Herz geschlossen, eine seltsam-schöne Mischung.
bee
2007-07-13 17:58:15 Uhr
eben erst entdeckt - tolle Platte zwischen Alt.Folk und - äh - Stonerelementen - positive Überraschung! die 8/10 ist völlig berechtigt
steppenwolf
2007-03-13 21:39:57 Uhr
wie wahr, wie wahr ein sehr gutes Album, kann dem nur beistimmen. Der vibrator auf der stimme im ersten lied ist göttlich sowie die verschiedenen reverb sind wunderbar, pale rider blues ist auch nicht von schlechten Eltern. ich würde ihm eine 9 geben! super sache das!

PS: lasst doch das mit der recktschreipung einfach sein.
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