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Various Artists - Plague songs

Various Artists- Plague songs

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 19.01.2007

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Bibelfest

Du bist im Konfirmationsunterricht leider von der Pubertät abgelenkt worden? Du denkst bei dem Namen Moses allerhöchstens an Pummel-Proll Pelham (3P) und an "Wir kommen direkt aus Rödelheim / Steck deinen Dödel ein"? Ganz schlecht. Immerhin könnte dein bester Freund morgen bei Günther Jauch sitzen und auf dem steinigen Weg zum steinreichen Millionär deinen telefonischen Rat suchen. Bei einer Bibelfrage. Weil auch er im Konfirmationsunterricht abgelenkt wurde - abwechselnd von der Pubertät und von dir. Wer möchte schon ein bitteres Quiz-Show-Aus zur Prime Time verantworten müssen? Du sicherlich nicht. Vorbeugen durch Nachhilfe - heute: die zehn Plagen.

Die attraktive Nachhilfelehrerin heißt Vicky Pedia und diktiert: "Die zehn biblischen Plagen bezeichnen eine Reihe von Katastrophen, die nach biblischem Bericht etwa im 13. Jahrhundert v. Chr. das Land Ägypten plagten." Falls jemand nachlesen möchte - das Ganze steht ausführlich im 2. Buch Mose. Die englische Künstlerorganisation "Artangel" ist anscheinend ziemlich bibelfest, das verrät ja schließlich schon ihr Name. Im vergangenen September inszenierte sie im Südküstenstädtchen Margate mit großem Tamtam den Auszug aus Ägypten - zehn Künstler vertonten exklusiv für das Projekt "The Margate Exodus" jeweils eine der zehn Plagen und machten sich sogar die Mühe, ihre kreativen Ansätze im Booklet ausführlich zu erläutern.

Hip-Hopper Klashnekoff verlegt die Blutflut der ersten Plage in ein Ghetto, schneidet im Refrain das Vater Unser an und erinnert nicht nur namentlich an ein Maschinengewehr. Er klingt auch so. King Creosote - file under: sophisticated Britpop à la The Divine Comedy - schlüpft in die glitschige Haut eines Frosches, der not amused darüber ist, Teil der zweiten Plage zu sein: "Although I prayed for company a hundred thousand times / I did not expect my prayers answered all in the same day." Er persönlich wäre dann doch viel lieber zu einem Prinzen geküsst worden.

Der New Yorker Magnetic-Fields-Kopf Stephin Merritt bringt die Läuse mit Achtziger-Jahre-Synthiepop zum Hüpfen, während Brian Eno professionell imitiertem Fliegensurren einen ausladend atmosphärischen Rahmen schneidert und Cody ChesnuTT den "Boils" Soul einhaucht. Außerordentlich bedrohlich und unberechenbar gerät Laurie Andersons Beitrag zum Thema "Viehpest", ebenso wie Scott Walkers zappendustere A-Cappella-Irrenhausmusik "Darkness". Im Grunde unerträglich, beinahe unhörbar - und vielleicht gerade deswegen dem Plage-Geist am nächsten.

The Tiger Lillies, ein Londoner Dark-Cabaret-Trio, erweisen sich als fantastisches Dramaturgenteam, lassen die Säge singen, den Kontrabass raunen, das Klavier klagen und schaffen es, neben allerlei mystischer Bibelsymbolik auch noch diverse Hardcore-Drogen in den Lyrics unterzubringen. Die beste Idee des Samplers hatte allerdings Imogen Heap, die sich die Heuschreckenplage als großen Rave vorstellte und aus Original-Heuschrecken-Geräuschen eine eindrucksvolle Rhythmus-Collage bastelte. Zum Schluss reist Rufus Wainwright mit einer bluesig-akustischen Folknummer im Gepäck in das amerikanische Dörfchen "Katonah", um einen Erstgeborenen zu beerdigen. Katonah wurde übrigens nach einem Indianerhäuptling benannt. Nur für den Fall, dass Günther Jauch morgen danach fragen sollte.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • Hailstones (The Tiger Lillies)
  • Glittering cloud (Imogen Heap)
  • Katonah (Rufus Wainwright)

Tracklist

  1. Blood (Klashnekoff)
  2. Relate the tale (King Creosote)
  3. The meaning of lice (Stephin Merritt)
  4. Flies (Brian Eno with Robert Wyatt)
  5. The fifth plague (Laurie Anderson)
  6. Boils (Cody ChesnuTT)
  7. Hailstones (The Tiger Lillies)
  8. Glittering cloud (Imogen Heap)
  9. Darkness (Scott Walker)
  10. Katonah (Rufus Wainwright)

Gesamtspielzeit: 41:01 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
BMB
2016-05-14 01:42:48 Uhr
Das Ding ist völlig an mir vorübergegangen, ist aber echt umwerfend. Von mir kommt sicher bald eine Track-by-Track-Wertung.
strange
2016-05-13 10:52:29 Uhr
der song hat sie wohl damals tyrisch gef---- :)

stephin merrit klingt irgendwie bizarrerweise etwas wie john maus.
Halbes Hähnchen
2012-12-13 12:39:10 Uhr
Wenn man heute die Rezension von Mautz liest, muss man schon schmunzeln wie sehr sie der eingängig-schräge Song von Walker überfordert hat. :-)
down the river
2012-12-13 01:45:01 Uhr
joah, ein biest von song:
http://www.youtube.com/watch?v=q0LmWUUVvUM
humbert humbert
2007-01-19 23:41:10 Uhr
Scott Walker; Unglaublicher Song
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