Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Guillemots - Through the windowpane

Guillemots- Through the windowpane

Polydor / Universal
VÖ: 26.09.2006

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Die bunte Stunde

Wenn Euch jemand aus heiterem Himmel fragen sollte, ob Ihr mal ein Stündchen Zeit hättet, dann empfiehlt es sich, sofort alles stehen und liegen zu lassen. Es könnte schließlich um die 3600 euphorischsten, überraschendsten, abenteuerlichsten, buntesten, liebevollsten Pop-Sekunden des Jahres 2006 gehen. Die Antwort auf die most frequently asked question gleich zu Beginn, dann haben wir das hinter uns: Der "Guillemot" (sprich: Gillimott), zu deutsch "Trottellumme", ist ein verrückter Brutvogel im Piccolo-Pinguin-Kostüm, kraxelt am liebsten auf schmalen Felsvorsprüngen an den britischen Klippen herum und legt auch direkt dort - einfach so, ganz ohne Nest - sein Ei hin, das so clever geformt ist, daß es nicht herunterollt.

Genau diese intuitive, natürliche Cleverness ist es auch, die "Through the windowpane" - eine Wundertüte randvoll mit Pop, Northern Soul, Samba, Jazz, Motown, Avantgarde und Klassik - so unwiderstehlich macht. Zu den Akteuren: Der Kopf des in London beheimateten Quartetts nennt sich Fyfe Dangerfield, ist klassisch ausgebildeter Pianist und hat es mit Senseless Prayer, einer seiner vorherigen Bands, 1999 immerhin bis zu einer Session bei John Peel gebracht. Gitarrist MC Lord Magrão hingegen heavymetallte bis vor ein paar Jahren noch in Brasilien, die kanadische Kontrabassistin Aristazabal Hawkes studierte in New York Jazz, und der Schotte Greig Stewart perkussionierte schon in unzähligen unterschiedlichen Formationen.

Das Stündchen beginnt mit einer feingesponnenen Streicher-Ouvertüre - ein sanft schillernder Libellenschwarm wie direkt aus einer Dvořák-Sinfonie. Und dann macht es sich der Frontvogel in der Lounge gemütlich, drapiert Klavier-Kristalle ganz sachte auf ein Samtplaid und singt gleichermaßen herzzerreißend wie herzerwärmend - von Liebe und Verlust und Ohnmacht. Die großen Themen eben. Überhaupt scheint bei den Guillemots alles groß zu sein, sogar übergroß: die Melodien, die Ideen, die Arrangements, die Details und nicht zuletzt Dangerfields wahnsinnige Stimme - honigumflossen fragil und doch in jedem Moment zum dramatischen Exzess bereit.

"There's poetry in an empty Coke can" heißt es im wunderbar verspielten "Made-up love song #43" und wahrscheinlich ist genau das die große Botschaft: die Schönheit im Alltäglichen finden. Die Guillemots machen es vor und integrieren völlig selbstverständlich Schreibmaschinen, Trillerpfeifen, Eieruhren und tirilierende Rotkehlchen in ihre Stücke. "Trains to Brazil" kommt dem perfekten Popsong atemberaubend nahe und schüttelt mal eben Karneval-in-Rio-Flair aus dem Ärmel, während es bei "Redwings" mit feierlichen Blechbläsern und Harmonien zum Niederknien aufs Allerschönste weihnachtet - als duettierender und violinierender Engel erscheint dann auch noch die himmlische Joan Wasser.

Die Guillemots-Magie funktioniert aber auch mit spartanischer Instrumentierung: bei "Blue would still be blue" begleitet lediglich ein Mini-Keyboard im Harfenmodus. "We're here" und "Annie, let's not wait" sind wieder fluffige Popfiletstückchen in Regenbogenfarben, aber das Beste, das kommt floskelfreundlich zum Schluß: "São Paulo", ein himmelhohes 12-minütiges Monument, das unter Glockengeläut in einen Jazzkeller schwebt, von dort aus über einen riesigen Orchestergraben hechtet, in einer schweißtreibenden Verfilmung der West-Side-Story landet und dann doch noch mit Pauken und Trompeten glücklich im Samba-Paradies ankommt. Der resümierende finale Satz, er stammt von den Guillemots selbst und kommt zum Vorschein, wenn man die CD aus dem Jewel-Case befreit: "Words can't express what it means."

(Ina Simone Mautz)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Made-up love song #43
  • Trains to Brazil
  • Redwings
  • São Paulo

Tracklist

  1. Little bear
  2. Made-up love song #43
  3. Trains to Brazil
  4. Redwings
  5. Come away with me
  6. Through the windowpane
  7. If the world ends
  8. We're here
  9. Blue would still be blue
  10. Annie, let's not wait
  11. And if all...
  12. São Paulo

Gesamtspielzeit: 60:00 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2020-02-03 20:41:53 Uhr
Und "If the world ends" erst!

Meine Nummer 2!

Gordon Fraser

Postings: 2536

Registriert seit 14.06.2013

2020-02-03 20:38:44 Uhr
Haha, und mein Posting vom 10.01.2011 könnte ich glatt wieder 1 zu 1 zum PT-20-Jahre-Poll hervorbringen. :D

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19947

Registriert seit 10.09.2013

2020-02-03 20:25:09 Uhr
Und "If the world ends" erst!

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2020-02-03 20:08:40 Uhr
Meine Fresse ist "Sao Paolo" fantastisch.
The MACHINA of God
2011-04-15 20:12:26 Uhr
Sao Paolo. Immer wieder. Für immer.
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify