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Sophia - Technology won't save us

Sophia- Technology won't save us

City Slang / Rough Trade
VÖ: 27.10.2006

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Schweren Herzens

Heute dürfen wir Mäuschen spielen. In den Werkstätten von Trauer, Tristesse und Aussichtlosigkeit. Dort, wo die Macher von weinenden Weisen und melancholischen Melodien ihre Machwerke und Meisterstücke zusammenschustern. Dort, wo die künstlerische Depression ihr Imperium sitzen hat. Im Grunde genommen läuft es dort wie in jeder Firma: Es gibt ein Unten und ein Oben. Das Unten steht im Zeichen von Ramsch, Schnellschüssen und Oberflächlichkeit. Im Oben findet sich unprätentiöse Aufrichtigkeit, ehrliche Introspektive und ein eindrucksvoller Kampf um Hoffnung. Schleichen wir uns also hinein – in die Abgründe der Abgründigen. Wir finden Tanks voll von demonstrativem Liebeskummer, eimerweise schmalzigen Weltenschmerz, geliebte und gelebte "teenage angst", "pain" hier, "kill" da, "death" dort. Klettern wir die Leiter des Anspruches nach oben, entdecken wir Zeilen und Rhythmen untrennbar in Einheit, Symbolismen statt Plattitüden, Feingefühl und vergebene oder belohnte Liebesmühe.

Robin Proper-Sheppard, Vorsteher des Ein-Mann-Projektes Sophia, gehört nicht erst seit dem formidablen "People are like seasons" der oberen Etage der Trauerkloß-Songwriterszene an. War sein früheres Band-Engagement als Sänger und Gitarrist der schwer umschwärmten The God Machine noch geprägt von gotischer Wut und atmosphärischem Rockgigantismus, so hat er sich mit Sophia eine Nische von ausufernder und stiller Selbstreflexion geschaffen. Aber erst mit "People are like seasons" lockerte der Amerikaner sein standardisiertes Sadcore-Regelwerk und ließ ein wenig buntere und lebendigere Züge zu. "Technology won't save us" erscheint wie eine Rückkehr zu alten Leiden. Mit oder ohne Errungenschaften der Neuzeit – wir sind auf Gedeih und Verderb dem Untergang geweiht.

Das Unentrinnbare ist dann erst interessant, wenn es tiefgründig erschlossen vor uns ausgebreitet wird. Ohne Logik, aber mit Gefühl. Traumhaft schön startet "Technology won't save us" mit dirigiertem Brimborium, ohne Worte und letztlich umschwingend in frühere Härten, in eine folgende Odyssee aus nicht zu Ende gedachten Ansätzen. Der Wunsch, etwas mehr aus seinen dunklen Schatten herauszutreten, verspinnt sich zu Beginn des Albums in viel zu vielen instrumentalen Spielereien mit Großorchester, die nicht wirklich mit Proper-Sheppards sonstigem Repertoire fusionieren wollen ("Twilight at the Hotel Moscow"). Eine bleierne und unterkühlte Produktionsschwäche platziert sich vor einer feingesponnenen Verschmelzung zweier Extreme. Hinzu kommt bedrohlich Eingängiges wie "Pace", oder lyrisch ungewohnte und viel zu einfach gehaltene Banalitäten mit Namen "Where are you now" oder "Big city rot". "I'm tired of fighting", singt er da. Man scheint es ihm anzumerken. Auch die raffinierte Trauerarbeit kostet Hingabe.

Als hätte diese fordernde Kritik den Teufel heraufbeschworen, dreht "Birds" mit verqueren Sprechgesang, Blechbläsern und weiblichem Chor aus dem Nichts, den Spieß noch einmal herum. Hier paßt alles zusammen. "Lost (She believed in angels)" im Anschluß verzichtet auf geschliffene Großspurigkeit und startet den Ausklang von Proper-Sheppards viertem Album in vehementer Gitarrenkraft, die letztlich in "Theme for the May Queen No. 3" ihren konsequenten Abschluß findet. Insgesamt gesehen wirkt "Technology won't save us" aber zu vertrackt und zu wenig ineinander geschlossen. Ein Abdriften in die unteren Stockwerke der melancholischen Werkstätten ist das sicherlich noch nicht, aber ein leichter Schritt in die falsche Himmelsrichtung ist trotzdem zu konstatieren. Schmerz, laß nach!

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Technology won't save us
  • Birds

Tracklist

  1. Technology won't save us
  2. Pace
  3. Where are you now
  4. Big city rot
  5. Twilight at the Hotel Moscow
  6. Birds
  7. Lost (She believed in angels)
  8. Weightless
  9. P.1/P.2 (Cherry trees and debt collectors)
  10. Theme for the May Queen No. 3

Gesamtspielzeit: 39:49 min.

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