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Badly Drawn Boy - Born in the U.K.

Badly Drawn Boy- Born in the U.K.

Capitol / EMI
VÖ: 20.10.2006

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Fish & chips

Wir wollen nicht sagen, daß es der gemeine Familienvater leicht hat. Aber er weiß immerhin, was zu tun ist. Morgens verläßt er in aller Frühe das Haus, den Schlips noch wegen den gefürchteten Kaffeeflecken über die Schulter geworfen, die Zeitung leger unter den Arm geklemmt. Dann tut er zehn Stunden lang Dinge, die wir nicht verstehen würden, bringt dafür abends ein Eis für alle mit und hält gerade noch die Tagesthemen durch, bevor er, weiterhin im Anzug, auf dem Sofa einschläft. Die Frau sieht es ihm nach, sie lächelt selig. Er hat schließlich wieder tüchtig verdient heute, damit seine Kinder in 20 Jahren "irgendwas mit Medien" studieren können.

Wir wollen nun sicherlich auch nicht sagen, daß es Damon Gough schwerer hat als dieser gemeine Familienvater. Aber er muß zumindest mal mit einer gewissen Unsicherheit fertig werden. Wenn der Mann von seinem Badly-Drawn-Boy-Dayjob heimkommt, sind die Tagesthemen längst durch. Und falls seine Freundin überhaupt noch wach ist, um zu fragen: "Wie war Dein Tag?", sagte Gough in letzter Zeit ein paar Mal zu oft: "Och ja, weißt Du, ich hab 'ne ganze Menge geraucht, immerhin." Erst hakte es mit der Inspiration, dann soll er 20 fertige Songs eingestampft haben, weil: alle scheiße. Produzent Stephen Street (Smiths, Blur - ja was will der Gough denn?) wurde gegen Nick Franglen (Lemon Jelly) eingetauscht, danach lief es besser. Ein einziger Kampf sollte "Born in the U.K." trotzdem bleiben.

Vergessen sind alle hochtrabenden Pläne von Doppelalben und Akustik-Sessions, mit Ach und Krach hat Gough sein fünftes Baby als gewöhnlichen Longplayer nach Hause geschaukelt. Ganz bewußt habe er sich fürs Majorlabel entschieden, groß geplant sollte der Erfolg werden - Frau und Kinder bringen sich schließlich nicht von alleine durch. Klappen wird das alles nicht, natürlich, dafür bleibt der Kopf zu stur, sind die Songs zu eigen. Aber "Born in the U.K." geht immerhin einen Schritt zurück, weg von den introspektiven Selbstbeobachtungen auf "One plus one is one", hin zum slickeren Regatta-Pop, den sich "Have you fed the fish?" so herzlich vorgeknöpft hatte. Die Sache ist allerdings: Man merkt das erst, wenn man schon bis zu den Knien drinsteht in dieser Suppe. Selbst der größte Gefühlsdusel wurde diesmal erstaunlich bieder zurechtgemacht.

Vielleicht rührt die neue Hemdsärmligkeit von Goughs mittlerweile kultisch anmutender Springsteen-Verehrung her, vielleicht waren deshalb nur wenige Songs wie "The way things used to be" mit sanftem Country-Twang an der Pedal-Steel-Gitarre machbar. "Born in the U.K." stürzt sich jedenfalls zunächst einmal in die feierlich blinzelnde "Du bist Großbritannien"-Gala seines Titelstücks, komplett mit Nationalhymnen-Intro und nostalgisch verwischten Erinnerungen. Markiger Stiefel-und-Stirnband-Rock, die amerikanischste aller Musiken, hält verzweifelt dagegen, Gough läßt sich aber gerne gefallen, daß dieser Song als "hurrapatriotisch" bezeichnet wird. Es gehe ihm ja nur darum, stolz auf seine Herkunft sein zu dürfen. Das sollte sich in Deutschland nochmal wer trauen.

Sonstigen Ärger holt sich "Born in the U.K." allerdings auch mit wehendem Union Jack nicht ins Haus. "Welcome to the overground", geplant als verspäteter "Hair"-Beitrag, schießt sich seine Sicherungen mit effektvollem Gospelchor raus, "Promises" bleibt zurückhaltender und wächst über ein zerbrechliches Sigur-Rós-Intro zum unbehaglichen Streicher-Schauspiel. "Without a kiss" läßt sich seine Seelenruhe auch nicht nehmen, wenn es plötzlich von einem zweiten Drumbeat unterlaufen wird. Und während sich die zunehmend bestimmenden Klavierläufe immer erwachsener geben, textet Gough weiterhin mit ureigener kindlicher Naivität über alle Kitschgrenzen hinaus. "You're my woman / I'm your man / And if we still don't have a plan / We'll listen to 'Thunder road'." Solcher Zeilen wegen hören wir uns den Quatsch doch überhaupt erst an. Und wenn es nebenbei noch Goughs Familie über Wasser hält - umso besser.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Nothing's gonna change your mind
  • Promises

Tracklist

  1. (Swimming pool)
  2. Born in the U.K.
  3. Degrees of separation
  4. Welcome to the overground
  5. Journey from A to B
  6. Nothing's gonna change your mind
  7. Promises
  8. The way things used to be
  9. Without a kiss
  10. Long way round (Swimming pool)
  11. Walk you home
  12. The time of times
  13. One last dance

Gesamtspielzeit: 53:02 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Hogi

Postings: 522

Registriert seit 17.06.2013

2020-01-05 20:19:57 Uhr
Immer noch eines meiner absoluten Lieblingsalben...traurig, wie schnell Künstler manchmal doch in Vergessenheit geraten können. Scheint aber nach Ewigkeiten ein kleines Lebenszeichen von ihm zu geben: Hat einen neuen Song mit Saint Saviour rausgebracht.
musie
2007-07-30 08:49:51 Uhr
hab ich richtig liebgewonnen, dieses album. imo ganz klar das beste von badly drawn boy. seine version von thunder road - welche (leider) nicht auf dem album ist - kann nur das original noch toppen.
gerd
2007-04-23 18:45:43 Uhr
Für mich das beste BDB-Album!
peppey paloma
2007-04-23 18:04:58 Uhr
irgendwie bleibt kein lied richtig im ohr hängen. in manchen liedern nervt auch die etwas zu opulente aufmachung mit chören usw.
richtig schlecht ist born in the u.k. zwar nicht, aber die vorgänger-alben warn schon um einiges besser
Armin
2006-11-21 11:36:47 Uhr
Werbung und Hinweis: Das Album gibt's hier bei CD WOW! für 9,99 EUR incl. Versand.

Nachdem ich bislang nur "offiziell" von der Plattenfirma zur Verfügung gestellte Files hatte und die sehr gerne gehört habe, werd ich da auch mal zugreifen.
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