Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Paul Weller - Catch-flame!

Paul Weller- Catch-flame!

V2 / Rough Trade
VÖ: 09.06.2006

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Vergangenheitsbewältigung

Betrachtungen des musikalischen Schaffens von Paul Weller neigen dazu, das Präteritum über das Präsens zu stellen. Zu gewaltig ist mittlerweile der Backkatalog des Grand-Seigneurs des Britrock, als daß sich der Rezensent mit einer naiven Betrachtung des Status quo begnügen dürfte. Deshalb gerät die Werkschau des neuen Livealbums "Catch-flame!" zu einem Schwärmen über allerlei blühende musikalische Schaffensphasen. Es darf zunächst einmal zurecht die Frage gestellt werden, warum sich Weller erneut an einem Livealbum versucht, wo doch vor ein paar Jahren erst "Days of speed" erschien? Der große Unterschied: Während letzteres sich in melancholischer Rückwärtsgewandtheit den alten Hits nur mit einer Akustikgitarre annäherte, macht Weller uns nun wieder den großen Rocker. Er groovt mit einer juvenilen Würde, wie sie wohl nur wenige Musiker besitzen, die stramm auf die halbe Hundert zugehen.

Im Dezember 2005 wurde dieses Konzert in London aufgenommen. In einem Rutsch, alles drauf, viele Hits und natürlich Neues vom jüngsten überdurchschnittlich guten Studiowerk "As is now". Wellers Flamme brennt also noch. Und sie springt schon über, als der Britpop-Father vor dem ersten Track "The weaver" irgendwas ins Mikro nuschelt, was wohl nur Einheimische andeutungsweise als ihre Heimatsprache identifizieren werden. Erster Höhepunkt eines für viele Besucher wahrscheinlich denkwürdigen Konzertabends ist nachd einigem soliden Pflichtprogramm "From the floorboards up". Der Londoner Alexandra Palace kommt ins Schwitzen, man kann die Leiber förmlich swingen sehen. Und diese Menschen können mit dem Tanzen gleich im Takt bleiben, weil zum folgenden "Changing man" im Mittelteil ein kurioser Reggae-Part eingeschoben wird. Das macht "Catch-flame!" aus, diese immerwährende Spielfreude. Ein Nicht-Verharren auf tradierten Mod-Faden.

Die Briten stehen all ihrer Blitz-Pop-Kultur zum Trotz eben auch auf Helden wie Weller. Auf Männer, die sich nicht dem Zeitgeist beugen, die trotzig ihrem Sound fröhnen und warten, bis er wieder en vogue ist. Wellers Musik, dieser schmutzig-melodische Britrock, ist irgendwie immer aktuell gewesen. Das hört man in "Going places", dem einzigen Song von "Illumination", wenn sich dort Rock und Pop herrlich mischen. Sie werden geschmunzelt haben, Weller und seine Backing-Band, an jenem 5. Dezember in London.

Dann haut Weller mit "Porcelain gods/I walk on gilded splinters" (10:55 Min.) und "In the crowd" (9:14 Min.) zwei Elaborate raus, die doch eher der Abteilung "Fan" einen Dienst erweisen. Für den Weller-unkundigen Zuhörer, der sich mit dem Schaffen des Modfathers vertraut machen will, ist dies zuviel des Guten. Novizen können sich noch schnell an der neuesten Single "Come on/Let's go" vergnügen, ehe so langsam die Klassiker angespielt werden. Und hier kommen schließlich alle zu ihrem Recht. Erst der "Stanley Road"-All-Time-Favourite "You do something to me", was mal echt das schönste Liebeslied aller Zeiten ist, und danach die beseelte Coverversion "Wishing on a star", der auch nunmehr zwei Jahre Vergewaltigung durchs Dudelradio nichts von der Schönheit haben stehlen können. Weller bastelt mit einem neuen Gitarrenmittelteil brillant an diesem Song herum. Großartigst.

Jetzt sind sie hingerissen. Erst die zärtlich von vielen tausend Kehlen mitgesungene Hymne "Wild wood" vom gleichnamigen 1993-Album, danach der The-Jam-Klassiker "That's entertainment". Spätestens hier rutscht wohl auch der Londoner Alexandra Palace ins Präteritum. Und Weller, dem alten Haudegen, kann das nichts mehr anhaben. Während das Konservieren alter Hits bei so manchem Konzert ausgedienter Altstars wie Verzweiflung wirkt, hat dies bei Weller volle Berechtigung. Er spielt sich freudig "Shout to the top" und "A town called Malice" vom Leib, weil er weiß, daß auch die jüngeren Sachen zünden. Mit weiteren Großtaten ist zu rechnen.

(Sebastian Peters)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Going places
  • Wishing on a star
  • Wild wood
  • Shout to the top

Tracklist

  • CD 1
    1. The weaver
    2. Out of the sinking
    3. Blink & you'll miss it
    4. Paper smile
    5. Peacock suit
    6. From the floorboards up
    7. The changingman
    8. Savages
    9. Going places
    10. Up in suze's room
    11. Porcelain gods/I walk on gilded splinters
  • CD 2
    1. In the crowd
    2. Comeon/Let's go
    3. Foot of the mountain
    4. You do something to me
    5. Wishing on a star
    6. Wild wood
    7. The pebble & the boy
    8. That's entertainment
    9. Broken stones
    10. Long hot summer
    11. Shout to the top
    12. A town called Malice

Gesamtspielzeit: 106:38 min.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify