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Ween - Shinola Vol. 1

Ween- Shinola Vol. 1

Schnitzel / Rough Trade
VÖ: 05.09.2005

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Mischmasch

Ohne den "Boognish" wäre die Musikwelt ärmer. Vorwarnungen und Erklärungen sparte sich dieser verschrobene Dämon vor über zwanzig Jahren und kam einfach mit seinem Pupsschiff ("poopship") aus irgendeiner parallelen Galaxis angedüst. Er landete - warum auch immer - ausgerechnet neben irgendeiner Milchkanne im Winzkaff New Hope in der amerikanische Provinz und stattete Mickey Melchiondo und Aaron Freeman einen Besuch ab. Er überreichte ihnen ein Zepter, das ihnen Ruhm und Reichtum einbringen sollte, setzte ihnen den Floh ins Ohr, eine Rockband zu gründen und sorgte damit für den Urknall in den eh schon ungewöhnlich verschalteten Hirnwindungen der beiden. Fortan waren sie nicht mehr Mickey und Aaron, sondern Dean und Gene Ween und machten sich auf, der Welt ihren wirrköpfigen Marsch zu blasen.

Von nun an war nichts und niemand mehr sicher vor ihnen und dem gigantischen Schalk, der ihnen im Nacken hockte. Ein ganz klein wenig war es wie in der Miniplayback-Show. Die beiden Schlitzohren schlüpften einfach in fremde Kostüme, gaben sich komplett stilecht, um der Welt dabei aber - vor allem textlich - süffisant die lange Zunge rauszustrecken. Von zappaeskem Weirdogefrickel über avantgardistischen Rock bis zu blubberndem Funk, von zuckersüß schmachtendem Country über kunstvoll arrangierten Pop bis zu Easy Listening - sie bedienen sich ungeniert in allen Töpfen, spielen mit Konventionen, schlagen die Genres mit ihren eigenen Waffen und huldigen ihnen gleichzeitig. Heraus gekommen sind dabei durch die Bank äußerst skurrile und witzige, vor allem aber auch beeindruckend gute Songs jenseits der Schubladen, aus denen ihre Vorbilder gezerrt wurden.

Die enorm hohe Qualität der Kompositionen ist das einzig Konstante in der stilistischen Achterbahnfahrt der beiden; die einzige Routine, die sich bei ihnen eingespielt hat, ist die, daß sie versuchen, nie Routine aufkommen zu lassen. So munter, wie die Ideen bei den beiden charmanten Knallköppen sprudeln, liegt nahe, daß es weitaus nicht alle davon auf die Studioalben, frühen Demos und zig Live-Aufnahmen geschafft haben. Und während die beiden jetzt, zwei Jahre nach ihrem Letztling "Quebec", wieder im Studio wuseln und die Welt im Dunkeln lassen, in welche Richtung der künftige Streich gehen wird, haben sie sich vorher noch dick angezogen, sich ins musikalische Tiefkühllager gewagt und ein kunterbuntes Potpourri an Stücken aufgetaut, die es zuvor nicht auf die offiziellen Scheiben geschafft haben. Das kommt nun unter dem Namen "Shinola Vol.1" in die Läden, um das kribbelnde Warten auf das neue Studioalbum zu verkürzen.

Wollte man das aus allen Schaffensphasen der beiden auf einer Platte zusammengewürfelte Menü umschreiben, so hätte man hier wohl Countrypotatoes, Hummer, Vanillepudding und Currywurst auf einem Teller. In "Tastes good on th' bun" schrubbelt ein ein schweres, verzerrtes Gitarrenriff gegen filigranes Beatgeplucker und durch den Fleischwolf gedrehte Textfetzen an. "Boys Club" strotzt vor guter Laune, ist fluffig-lockerleichter Soulpop. Das famos tiefenentspannt vor sich hin groovende "I fell in love today" ist der vor der vor der Öffentlichkeit jahrelang versteckt gehaltene Zwillingsbruder von "Come together" der Beatles. Bei "Big fat fuck" rülpst der Synthiebass kilometertief im Kellergewölbe, wo auch die gnurpsend verfremdete Stimme herumkriecht. Das Schlagzeug matscht, die Gitarre jault wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten ist, es pluckert, fiept, quietscht und weht einen Erinnerungshauch an Beck zu "Mellow gold"-Zeiten herüber.

Bei "Gabrielle" schuffeln sie beschwingt durch das Bermudadreieck von Blues, Soul und Reggae direkt in einen ohrwurmträchtigen Breitwandrefrain. "Did you see me?" ist herrlich melancholischer Folk mit einer zwischenzeitlichen Prise Wahnsinn, "How high can you fly" ist windschiefer Zeitlupenbluesrock mit einem gehörigen Schuss Psychedelia. Wer noch Appetit hat: Es gibt auch noch ein paar Häppchen Porno-Funk oder Panflöten über kitschigen Streicherschwaden. Bis auf das etwas monoton plätschernde "Israel" kurz vor Schluß haben Ween auch mit diesem Outtake-Sammelsurium die Latte ziemlich weit oben gehalten, und selbst da passieren ganz am Ende noch absonderliche Dinge. Eine seltsam abstruse Mischung ist es geworden - aber was hätte man sonst auch erwartet?

(Ole Cordsen)

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Highlights

  • Boys club
  • I fell in love today
  • Gabrielle
  • Monique the freak

Tracklist

  1. Tastes good on th' bun
  2. Boys club
  3. I fell in love today
  4. Big fat fuck
  5. Gabrielle
  6. Did you see me?
  7. How high can you fly
  8. Transitions
  9. Israel
  10. The rift
  11. Monique the freak
  12. Someday

Gesamtspielzeit: 47:38 min.

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