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Team Sleep - Team Sleep

Team Sleep- Team Sleep

Maverick / Warner
VÖ: 09.05.2005

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Bettgeschichten

Die Zigarette danach. Voller Genuß. Im Anschluß an einen kräftezehrenden Akt, der sich zwar unnötig in die Länge gezogen und wenig Spaß bereitet hat, dafür aber immerhin in einem befriedigenden Ergebnis gipfelte. Ob Team Sleep genau diese Deutung vorschwebte, als sie das Cover für ihr Debütalbum aussuchten? Wenn ja, dann werden sie die Glimmstengel zur Zeit stangenweise wegdampfen. Und wenn eine Platte aufzunehmen wirklich ist wie Sex, dann müßten den fünf Team-Sleep-Herren jetzt sämtliche Extremitäten abfallen.

Die Geschichte von Team Sleep begann eigentlich schon vor mehr als zehn Jahren, als sich der damals noch vollkommen unbekannte Chino Moreno mit seinem Kumpel und vorübergehendem Mitbewohner Todd Wilkinson zur kleinen Hausmusik zusammentat. Erst im neuen Jahrtausend dann nahm das Projekt Fahrt auf. Irgendwann um 2001 nämlich wuchs die Heimarbeit durch Frickler DJ Crook, Drummer Zach Hill und Bassist Rick Verrett zur handfesten Band, die einen Namen verpaßt bekam, die US-Westküste entlangtourte und mit der Ankündigung eines Debütalbums für 2002 himmelhohe Erwartungen weckte. Die alsbald enttäuscht wurden. Weil irgendein Vollpfosten eine Demo-CD geklaut und das Material ins Internet verfrachtet hat. Team Sleep waren not amused, genauer gesagt wohl ziemlich angepißt, und kloppten das Zeug in die Tonne, bevor sich Chino frustriert auf ausgedehnte Deftones-Tour begab.

Irgendwann kehrte er zurück, und mit ihm die Motivation, es doch noch einmal zu versuchen. Und nachdem die Musikwelt die ganzen Jahre lang rätselte, ob es überhaupt noch was werden würde mit Team Sleep, ist es jetzt doch da, ganz plötzlich: das Debütalbum. Und es beantwortet zumindest einige der Millionen aufgeworfener Fragen. Team Sleep ist keine Supergroup, auf dem Album gibt es weder Mike Patton noch Melissa auf der Maur zu hören. Und es ist auch kein bloßes Nebenprojekt. Es ist eine ausgewachsene Band, bei der halt nur zufällig ein ziemlich bekannter Herr singt, der aber auch kein Problem hat, das Mikro anderen wie Mary Timony (Ex-Helium) oder Rob Crow (Pinback) zu überlassen. Und die Zügel seinen vier Kollegen.

Insofern ist "Team Sleep" doch weit weniger Deftones-Album, als es sich viele erhofft haben mögen. Der Opener "Ataraxia" immerhin begrüßt die wartende Meute mit einer Art Nachklapp zu "Change (In the house of flies)". Und auch das folgende "Ever" wäre zumindest auf "White pony" nicht groß aufgefallen. Und wenn, dann höchstens durch die ungewohnten Beats, die ganz schüchtern in den Song drängen. Und mit denen Team Sleep später immer wieder den Hörer hinterrücks überfallen. Nur, um ihm danach die Schulter zu tätscheln und sich mit einem smarten Liedchen zu versöhnen. Zuckerbrot und Peitsche.

So wird "Elizabeth" von klassischer Rock-Instrumentierung getragen, von Rob Crow intoniert, mit einer offenherzigen Melodie verfeinert und verläuft doch schwebend, holpernd, stockend und meilenweit neben der Spur. "Tomb of Liegia" ist nicht nur dank Timony ganz nah dran an Massive Attack. In "Staring at the queen" wird zunächst ohrenbetäubender Alarm ausgelöst. Dann spielt der Drumcomputer verrückt, prügelt wütende Samples durch den Wind, bevor jemand den Kaffee darüber auskippt, damit endlich Ruhe ist, und sich erleichtert die Gitarre schnappt. In "King Diamond" liefern sich Königin und König ein wüstes Crossover-Gefecht mit Sprechgesang und Laserschwertern.

Nicht alles gerät derart mitreißend, und doch geht das meiste gut. Damit beweist "Team Sleep" allerdings wohl weniger die Vielseitigkeit von Chino Moreno, als vielmehr das kongeniale Zusammenspiel mit seinen Mitstreitern. "11^11" heißt der letzte Track, vielleicht deswegen, weil 285.311.670.611 Ideen auf dieser Platte stecken. Die manchmal nahtlos zusammengeführt wurden, aber um so öfter Sollbruchstellen auftun, die unter dem Hörer zusammenkrachen. Die Traumphase des Schlafs soll dieses Album repräsentieren, hört man. Und wer genug Mut aufbringt, schließt einfach die Augen. Und erkennt das Gefühl wieder, sich abends ins Bett zu legen und nicht zu wissen, was die Nacht bringt. Träume nehmen die wildesten Wendungen, sind unmöglich zu steuern. Das Unterbewußtsein macht nun mal, was es will. Team Sleep gehen weiter.

(Armin Linder)

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Highlights

  • Ever
  • Blvd. nights
  • King Diamond

Tracklist

  1. Ataraxia
  2. Ever
  3. Your skull is red
  4. Princeton review
  5. Blvd. nights
  6. Delorian
  7. Our ride to the rectory
  8. Tomb of Liegia
  9. Elizabeth
  10. Staring at the queen
  11. Ever since WW1
  12. King Diamond
  13. Live from the stage
  14. Paris arm
  15. 11^11

Gesamtspielzeit: 53:57 min.

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User Beitrag

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 10783

Registriert seit 23.07.2014

2020-10-02 19:09:21 Uhr
Ja, da hätte ich auch sehr gerne noch einen Nachfolger gehört. Wunderbares Projekt.

hideout

Postings: 1637

Registriert seit 07.06.2019

2020-10-02 19:06:22 Uhr
Und natürlich "Ever"!
Sehr schade allerdings, dass es nie Nachschlag gegeben hat und wohl nicht geben wird.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2019-06-17 23:05:41 Uhr
Hach, schon allein "Blvd Nights" und "Our way to the rectory" sind das Album wert.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2019-06-17 22:38:59 Uhr
Gute Idee. Ewig nicht gehört. Mach ich jetzt mal.

boneless

Postings: 5293

Registriert seit 13.05.2014

2019-06-17 22:26:58 Uhr
Wahrscheinlich. :(

Light up the stage so we can all take off anywhere. We'll never come back. Ever.

Danke fürs erinnern. Mir gefällt längst nicht jeder Song, manche sind seltsam verschroben und fast schon unzugänglich (King Diamond), demgegenüber hat man aber auch Stücke, die einen auch heute noch feuchte Augen bescheren (Ever, Ataraxia, Our Ride to the Rectory, Princton Review, Live from the Stage). Hinzu kommt, dass das Album einen sehr hohen nostalgischen Wert hat und mich damals über Wochen sehr faszinierte. Diese Art von Melancholie hat Chino so nie wieder entfesseln können, weder mit den Deftones noch mit seinen anderen Projekten. Was nicht heißt, dass es seine beste Arbeit ist. Aber sicher die eigenwilligste.
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