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Kristofer Åström & Hidden Truck - So much for staying alive

Kristofer Åström & Hidden Truck- So much for staying alive

Startracks / V2 / Rough Trade
VÖ: 07.03.2005

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Lebenskünstler

Es ist spät, weit nach Mitternacht. Draußen versucht ein Regenguß in Sturmbegleitung, das explosive Schweigen der Dunkelheit zu brechen. Irgendwo im renovierungsbedürftigen Souterrain eines unscheinbaren Hauses stehen Kristofer Åström und seine Band Hidden Truck mit ihren Instrumenten. Das Bier fließt in Strömen, Emotionen und Erinnerungen auch. Das alte Lied vom Leben eben, dessen Refrain entweder Liebe oder Leid heißt. Manchmal ist es gar nicht schlimm, wenn die Dämme brechen, ganz im Gegenteil: Åström ist in Hochform. Bereit, alles noch einmal zu durchleben, was ihn seit dem letzten Album in dieser Formation, "Leaving songs" aus dem Jahr 2002, beschäftigt hat. Und das ist eine ganze Menge.

Die Herzkammerspiele des Kristofer Å. beginnen: "It's been raining for years / Now the sun burns my skin / And it hurts pleasantly." Erste Protagonistin ist eine liebevoll als "Midnight sun" bezeichnete Dame. Die unverhoffte Rettung nach jahrelangem Taumeln in der Finsternis. So viel Spannung ist selbst die elektrische Gitarre nicht gewohnt und zappelt aufgeregt, wie ein an Land gespülter Fisch, der schließlich doch den Weg ins Meer zurückfindet. Schon jetzt steht fest: In diesem Raum fließt mehr Energie als in jedem Feng Shui-Palast. Weiter geht's mit einer überraschenden Franz Ferdinand-Rhythmusgruppe und einer wenig erstaunenden Ansage in Richtung erster Stock: "Mother, don't come down here." Man möchte Frau Åström herzlich bitten, doch auf ihren Sohn zu hören, denn der darf jetzt bloß nicht gestört werden. Nicht jetzt, wo er seine seit "Northern blues" verschollene geglaubte Songform wieder gefunden zu haben scheint.

Und nicht nur diese Songform ist eine alte Bekannte, deren Wiederkehr Freude macht: Auch "The wild", ein Duett mit Britta Persson, dürfte noch in Erinnerung sein - von Åströms letztjährigem, streng akustischen Solo-Intermezzo "Loupita". Die neue, großzügigere Instrumentierung und die Folk-Pop-Brosche stehen dem Stück ausgezeichnet. Sieht so viel besser aus. Während die anderen zur Tankstelle wanken, um neues Bier zu besorgen, schleicht der Klang eines ebenfalls sanft betrunkenen Klaviers durchs Haus. Åström gesellt sich dazu und stimmt ein Klagelied über eine Beziehung an, die mindestens genauso renovierungsbedürftig ist, wie der Raum, in dem er sich gerade befindet: "You asked me how I was / I said: I asked you first." Und jetzt müssen sie alle raus, die angestauten Gefühle, alle! "The black dog" ist laut und wütend, und man könnte meinen, an der Zündschnur das Wort "Fireside" zu erkennen. "I won't ever die / I won't ever change for you."

Die irrige Annahme, daß der Åström ja ein ganz schön harter und verbitterter Kerl geworden sein muß, wird von den sanften Wogen des "Man of steel" fortgeschwemmt. Wenn das jedesmal zu einem so wunderschönen Song führt, wünscht man dem Schweden noch viele unglückliche Lieben. "Until tomorrow" verwirrt etwas mit seinem Die-Streicher-sitzen-im-Keyboard-Sound, der wohl eigentlich eine 80s-Revival-Party besuchen wollte und wahrscheinlich aufgrund des starken Regens da draußen in Åströms Haus Unterschlupf suchte. Stört aber nicht weiter, denn der "Frankfurt blues" macht seinem Namen alle Ehre. Zum großen Finale kommen bei "Telling lies" noch einmal alle Instrumente auf die Bühne, die zu einer Mischung aus Saloon und Zirkus wird. Wenn Åström am nächsten Morgen das Haus verläßt, tritt er garantiert als erstes in eine Pfütze. Weil er an eine verflossene Liebe denkt und die Sonne anblinzelt.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • Midnight sun
  • The wild
  • Man of steel

Tracklist

  1. Midnight sun
  2. The good you bring
  3. Givers of the world
  4. The wild
  5. The burn
  6. The black dog
  7. Man of steel
  8. Until tomorrow
  9. Frankfurt blues
  10. Gilded
  11. Empty hands
  12. Telling lies

Gesamtspielzeit: 44:58 min.

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