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Bright Eyes - I'm wide awake it's morning

Bright Eyes- I'm wide awake it's morning

Saddle Creek / Indigo
VÖ: 24.01.2005

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Gold im Mund

Conor Oberst, das steht mittlerweile fest, ist zu Größerem bestimmt. Nämlich New York zum Beispiel, das er der gemütlichen Betulichkeit Omahas seit geraumer Zeit vorzieht, um mit Michael Stipe oder den Yeah Yeah Yeahs abzuhängen. Insgesamt sei er weltoffener geworden, schreiben die Magazine. Weniger fixiert auf sich und seine Probleme, bereit für neue Herausforderungen und, sagen wir es doch, einfach ein ordentliches Stück erwachsener. Er soll sogar weniger Rotwein trinken und überhaupt jetzt auch ab und an mal den Kopf hochhalten. Klingt gräßlich, nicht wahr? Macht aber gar nichts. Zumindest, solange er noch Platten wie "I'm wide awake it's morning" fertig bringt. Platten, die all dem gar nicht wunderbarer widersprechen könnten.

Vielleicht stimmt das ja sogar alles, und vielleicht gibt "Digital ash in a digital urn", die zeitgleiche, vorwärts gerichtete Pop-Platte derzeit besser wieder, wer Conor Oberst ist und was er überhaupt will. Dafür ist "I'm wide awake it's morning" aber die bessere Platte. Ein Album, das eben doch wieder nach schwerem Roten schmeckt. Das sich kopfüber in manche selbstgegrabene Verzweiflungsgrube fallen läßt. Und von Country-Liedern über Walzer-Anleihen bis zur Slide-Gitarre mit all den doofen Landeiereien ankommt, die einem kleinen, blöden Folksänger einfallen können. Einen entscheidenden Unterschied zu früher, zum Meere spaltenden "Lifted", gibt es aber trotzdem: Conor Oberst hat seinen Kram bedeutend besser beisammen.

Die Lieder sind kürzer geworden, weniger wortreich. Alles wirkt straffer, konzentrierter, die Stimme fester. Sicher wird das einigen leid tun. Aber "I'm wide awake it's morning" wird auch die versöhnen, die sich mehr Selbstaufgabe, mehr Abgrund, ihren Conor kaputter gewünscht hätten. Mit seinen Songs, die zwar immer noch Titel tragen wie "At the bottom of everything", aber von dort trotzig, mit geballter Faust statt geknicktem Hals berichten. Mit Geschichten, die bei aller Trostlosigkeit doch mit Blick nach vorn und für die Realität erzählt werden. Und einmal mehr mit genügend lebenswegweisenden Slogans, daß man sich auch mit Mitte zwanzig nicht schämen braucht, wenn man sie in Poesiealben verschenken will.

Der Opener entwickelt sich aus Nichts und ein bißchen Gitarrentackern zum Klagelied auf alles und überhaupt. Beim Refrain steigt Jim James von My Morning Jacket mit ein, ein kleiner Kniff, so simpel wie effektvoll. Emmylou Harris ist vielleicht deshalb in mehreren Stücken dabei, dem zärtlich gesungenen "We are nowhere and it's now" etwa oder dem Provinzler-Blues von "Another travellin' song". In "Lua" dann, das ausgerechnet zur Single gemacht wurde, ist Conor wieder ganz alleine an die Akustische geklammert. Und wenn sich "Poison oak" über seiner flächendeckenden Orgel aufbäumt, rudert er schon längst auf seinen letzten Wasserfall zu.

"When you're asked to fight a war that's over nothing / It's best to join the side that's gonna win", drückt Oberst in "Road to joy" durch die Lippen. Und bevor man überhaupt nur drüber nachdenken kann, ob das nun gegen den Rodeoreiter aus Texas ging oder doch noch die Kapitulation im Kampf mit dem eigenen Schweinehund war, brüllt er auch schon sein letztes Kommando für heute über die Brücke: "Let's fuck it up boys, make some noise!" Die Trompeten verbogen, die Saiten gerissen. Die Platte abgestürzt und dort wieder angekommen, wo sie begonnen hatte. "At the bottom of everything". Ein offenes Ende für ein rundes Album. Es geht Conor Oberst jetzt besser. Aber was heißt das schon?

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • At the bottom of everything
  • Old soul song
  • Poison oak
  • Road to joy

Tracklist

  1. At the bottom of everything
  2. We are nowhere and it's now
  3. Old soul song
  4. Lua
  5. Train under water
  6. First day of my life
  7. Another travellin' song
  8. Land locked blues
  9. Poison oak
  10. Road to joy

Gesamtspielzeit: 45:52 min.

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