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The Veils - The runaway found

The Veils- The runaway found

Rough Trade / Sanctuary / Zomba
VÖ: 16.02.2004

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Söhnlein brillant

Musiker und ihre Kinder. Meistens geht das ja in die Hose. Weil der durchschnittliche Rockstar zwischen Promo-Terminen, Werbespot-Drehs und Drogennehmen zwar die Zeit hat, sich um die Erzeugung, nicht aber um die angemessene Erziehung seines Sprößlings zu kümmern. Und vor allem auch, weil die freigeistig Heranwachsenden in der Regel das tun, was alle freigeistig Heranwachsenden tun: selber Musik machen. Wer weiß, vielleicht wäre Kelly Osbourne ja heute Azubi in einem Postzentrum, wenn ihr Daddy seine Nase in den Achtzigern nicht ständig in andere Angelegenheiten gesteckt hätte. Und der gute Jakob Dylan könnte ein anständiger Industriekaufmann sein, statt mit den Wallflowers Songs zu schreiben, wie man sie bestenfalls in der Fußgängerzone hören möchte. Wenn Papa Bob sich die Sache mit der "Neverending tour" mal besser überlegt hätte.

Was wir damit sagen wollen: Würde man aussichtsreiche Musiker beim Kauf ihrer ersten Gitarre zwangskastrieren, würde uns einiges erspart bleiben. Aber zugegebenermaßen auch eine Menge durch die Lappen gehen. Es gibt sie nämlich wirklich: Junge Songwriter, die nicht nur Name, Haus und Hof, sondern auch das Können von Vati geerbt haben. Und einer davon ist der 20jährige Finn Andrews. Wer sich das Jahrzehnt der Geschmacklosigkeiten nicht aus dem Hirn hat rausschneiden lassen, kennt dessen alten Herrn vielleicht noch als Bassisten der latent großartigen XTC. Alle anderen dürfen neben der Platte, um die es hier geht, auch gleich noch deren "Skylarking" mit auf den Einkaufszettel setzen.

Wenn wir nun also vom Debüt der Veils sprechen, heißt es zunächst, sich nicht abschrecken zu lassen. Vom Cover-Artwork, das uns schwülstigen Route 66-Nichtcharme ans Herz legen möchte. Oder eben von jenem Mr. Andrews, der zwar aussieht, als gehöre er dem gleichen Bridge-Club an, in dem auch die Starsailor-Jungs Karten kloppen, mit allzu verheulten Weicheiereien aber dennoch nichts am Hut hat. Ganz im Gegenteil. Es sind nämlich seine Songs, die hier so gewußt-wie zwischen ruppigem Gitarrenrock und theatralischen Balladen pendeln. Und es ist seine zerrissen quengelnde Stimme, die dem Ganzen ein paar gut zu Gesicht stehende Dellen ins Fahrwerk hämmert.

"The runaway found" klingt vom ersten bis zum letzten Takt, als hätte Finn Andrews Mitte der Neunziger nichts anderes gemacht, als mit dem Notizblock auf den Knien vor seinem Radio zu hocken und BBC 2 zu hören. Wie "The wild son" mit seinen himmlisch verhuschten Backing-Vocals mühelos die Kurve zum tränenreichen Über-Refrain nimmt. Wie sich das überschwengliche "Lavinia" von seinen glitzernden Streichern davontragen läßt. Und wie das nackenbrechende "More heat than light" den Bodenkontakt mit verbissener Bestimmtheit wiederherstellt - all das muß eigentlich aus einer Zeit kommen, als Brit-Pop noch König war. Tut es aber nicht.

Finn Andrews hat sich diese mitunter dramatisch großartige Platte ganz allein ausgedacht. Als man in London nicht mehr ohne Oasis-Button auf die Straße gehen konnte, war er nämlich gar nicht da. Sondern bei Oma in Neuseeland, um in kleinen Folk-Schuppen seine Liebe zur Musik zu entdecken. Was man spätestens hört, wenn er sich fertig ausgetobt hat und mit seiner Band den deutlich ruhigeren zweiten Teil des Albums einläutet. Die Songs bestehen jetzt aus weniger, stützen sich auf einzelne Instrumente und lassen mehr Platz für Andrews' charakterfeste Stimme. So bekommt "Vicious traditions" gerade noch genug Licht ab, um über sich hinauszuwachsen und "The nowhere man" verwischt mit seinem akkurat ausgearbeiteten Streicherarrangement die letzten Zweifel. Diese Kiwi ist reif. Selbst noch für mehr als das hier. Wir werden es erleben.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • The wild son
  • More heat than light
  • The tide that left and never came back
  • Vicious traditions

Tracklist

  1. The wild son
  2. Guiding light
  3. Lavinia
  4. More heat than light
  5. The tide that left and never came back
  6. The leavers dance
  7. Talk down the girl
  8. The valleys of New Orleans
  9. Vicious traditions
  10. The nowhere man

Gesamtspielzeit: 40:10 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
The Triumph of Our Tired Eyes
2011-02-02 11:16:51 Uhr
Oh ja. Die hier ist so gut.

"Someday The Walls Will Tremble With Terrible Flames Here..."
Gordon Fraser
2009-06-07 19:12:36 Uhr
9/10 muss man hier mindestens zücken. Was freu ich mich auf das Konzert morgen!

The Wild Son 9/10
Guiding Light 9/10
Lavinia 10/10
More Heat Than Light 8/10
The Tide That Left And Never Came Back 10/10
The Leavers Dance 8,5/10
Talk Down The Girl 8/10
The Valleys Of New Orleans 8/10
Vicious Traditions 10/10
The Nowhere Man 9/10

So groß.

Dengo
2009-02-09 15:13:12 Uhr
ich bin erst jetzt auf diese band gekommen, durch "vicious Traditions" in dem Film Mr. Brooks. Eine wirklich grossartige Band, bei der es sich lohnt reinzuhören
pete
2006-11-12 21:37:00 Uhr
Ich versteh echt nicht, warum es hier so wenig positive Resonanzen gibt. Das Album ist ganz große Klasse, so ein typischer Fall von "8/10 ist die wahre 10/10" ;)
Spaß beiseite, ich find das Album mehr als gelungen und für mich ist das ne sehr gure 8/10, wenn nicht sogar ne 9/10.
Armin
2005-09-08 20:53:42 Uhr
Die POPKOMM naht mit großen Schritten und in diesem Jahr präsentiert sich
das Label mit einer eigenen ROUGH TRADE NIGHT! Am 16. September finden sich
die BRAKES, die reformierten VEILS und die DELAYS im Magnet Club ein und
zelebrieren das Traditionslabel zusammen mit Geoff Travis und anderen
Kollegen aus London. Den Abend eröffnen wird die Berliner Band SPITTING OFF
TALL BUILDINGS, deren Debütalbum in Kürze bei Sanctuary veröffentlicht wird.
16.9. Berlin / Rough Trade Night - Magnet Club
(www.karsten-jahnke.de)
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