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Dizzee Rascal - Boy in da corner

Dizzee Rascal- Boy in da corner

XL / Zomba
VÖ: 03.11.2003

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

London East End. Spät in der Nacht. Regen fällt auf gottverlassene Straßen. Irgendwo in der ferne werden Schußwaffen geladen. Und abgefeuert. Angsterfüllte Schreie zerschneiden die schwere Luft. Die hektischen Geräusche flüchtender Menschen werden von heulenden Polizeisirenen übertönt. Und dort an der Kreuzung sitzt ein anteilnahmsloser Mann im schwachen Lichtkegel einer Straßenlaterne. Zusammengekauert, das Gesicht unter einer dicken Kapuze verborgen. Er ist der Chronist der alltäglichen Ereignisse im tiefsten Ghetto von Großbritanniens Hauptstadt. Noch schweigt er. Aber schon bald wird er reden. Er ist Dizzee Rascal, der "Boy in da corner". Und seine pure Präsenz macht einem Angst.

Die Welt von Dizzee Rascal ist kaputt. Junge Männer verfallen der Kriminalität. Junge Frauen werden geschwängert und sitzen gelassen. Und die paar Familien, die es noch nicht zerrüttet hat, vegetieren jenseits jeglicher Armutsgrenzen vor sich hin. Auf dem Papier ist "Boy in da corner" die alte Geschichte von der Perspektivlosigkeit des No-Future-Kids aus der großen Stadt. So schonungslos wie hier ist sie einem aber schon seit Ewigkeiten nicht mehr um die Ohren gepfeffert worden. Ohne Punkt und Komma rappt sich Dizzee den Frust von der Seele, läßt lange aufgestauter Wut endlich freien Lauf und klingt dabei so schonungslos gnadenlos, wie sonst nur noch das Leben selbst. Der Kerl hat das, was wir behüteten, weißen Vorstadt-Kinder "street credibility" nennen.

Dort wo er herkommt, hält man Dizzee Rascal schon jetzt für den größten MC, den London je erlebt hat. Und falsch ist das höchstens, weil er mit einem Master Of Ceremony etwa soviel gemeinsam hat, wie ein Aufenthalt im Knast mit einem Fünf-Sterne-Hawaii-Urlaub. Wenn Dizzee Rascal in "Sittin' here" ganz ohne Selbstmitleid die Leere des eigenen Innenlebens durchwühlt, wird einem schwarz vor Augen. Und wenn er sich das ungekannte Gefühl der Liebe vorknüpft, bleibt von den schönsten Worten der Welt nicht mehr als eine zynisch-spottende Computerstimme übrig, die es ausspuckt, bis einem schlecht wird: "I-I-I luv u-u-u."

Die eigentliche Sensation an der ganzen Sache ist dabei nicht mal die brutale Wahrheit in Dizzees Worten. Sondern die schlicht und ergreifend vollkommen perfekte Umsetzung des schweren Stoffs. Verwurzelt, nicht aber verankert im UK-Garage fertigt Dizzee sich wuchtige Beats, die springen wie ein Flummi. Frickelt mit aufopferungsvoller Detailversessenheit zahllose Kleinigkeiten von der E-Gitarre bis zum Fernost-Klimpern dazwischen. Und schafft es am Ende noch, selbst den Weltuntergang zur tanzbaren Veranstaltung zu machen. Eine absurde Idee. Genau wie das Leben, einmal mehr. Ach, und übrigens: Dizzee Rascal ist gerade 19 Jahre alt geworden. Happy birthday.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Sittin' here
  • I luv u
  • Fix up, look sharp

Tracklist

  1. Sittin' here
  2. Stop dat
  3. I luv u
  4. Brand new day
  5. 2 far
  6. Fix up, look sharp
  7. Cut 'em off
  8. Hold ya mouf
  9. Round we go
  10. Jus a Rascal
  11. Wot u on
  12. Jezebel
  13. Seems 2 be
  14. Live o
  15. Do it

Gesamtspielzeit: 57:14 min.

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