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Blur - Think tank

Blur- Think tank

Parlophone / EMI
VÖ: 05.05.2003

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Die Drei von der Tankstelle

Die Platte danach. Nach dem Opus Magnum. Nach dem kommerziellen Erfolg des Nebenprojekts. Nach dem Rausschmiß des Klampfers. Vier Jahre nach "13" sind Blur wieder da. Hat da jemand "Endlich!" gesagt? Recht so. Denn jeder, der behauptet hat, ohne Graham Coxon würde der kreative Höhenflug der Briten in sich zusammenfallen, dürfte prima als Rotlicht durchgehen, wenn er sich verschämt in die Ecke zurückzieht. Denn "Think tank" ist nicht weniger als brillant - auch wenn man das nicht gleich merkt.

Zunächst stellt sich nämlich ein gerüttelt Maß an Ratlosigkeit ein, wenn Blurs siebtes Album zum ersten Mal im Player rotiert. Hört man da etwa die heimliche Machtübernahme der Gorillaz? Herumtaumelnde Beats und ein dubbender Baß irren schon im Opener "Ambulance" umher und warten darauf, daß ihnen Zeremonienmeister Damon Albarn endlich die Hand reicht. "I ain't got nothing to be scared of", flötet der. Na, dann ist ja gut. Und der plötzliche Umschwung des Songs von einem dezent unterkitschten Schwelger zu einem zappeligen Elektrofunk-Teil ist sogar gleich noch besser. Weg mit der Ratlosigkeit, her mit der mundoffenstehenden Begeisterung.

"Feel the sunshine on your face / It's in a computer now / Gone is the future / Way out in space." Die Welt da draußen besteht aus Bits und Bytes. Digital ist bekanntlich besser. Und doch lassen Blur in der hinreißend subtilen Single "Out of time" die Gitarren zirpen. "Everything turning the wrong way round", klagt Albarn hier, doch seine verzagte Melodie entscheidet sich instinktiv für die genau richtige Richtung. Selbst wenn man der zarten Melancholie des Songs etwas Zeit und Raum zum Wachsen lassen muß, nimmt sie einen glatt mit in den Pophimmel. Wow! Eine so famose erste Single hatten Blur seit "For tomorrow" nicht mehr. Und da waren immerhin Überhymnen wie "Beetlebum" oder "Tender" dabei.

Es deutet sich schon an: Blur haben den Song wiederentdeckt. Auch wenn der abseitige Schöngeist von "13" und die lustvollen Experimente von "Blur" immer noch greifbar sind, lenken sie diesmal nicht hauptberuflich von den Melodien ab. "Gene by gene", nur echt mit original quietschender Bettfeder, gibt die Parole vor: "Got a radio hit in mind." Das vermeintliche Worst-Case-Scenario, Coxons Ausscheiden, hindert den verbleibenden Dreier kein Stück daran, einen Hammer nach dem nächsten auszupacken. Da wäre der kieksige Schunkler "Moroccan people's revolutionary bowls club", der süßliche "Good song" oder das kopfnickende "Brothers and sisters". Das sanftmütige LoFi-Lalala "Caravan", das trübsinnig groovende "On the way to the club" oder das ruppige "We've got a file on you": nur halb so lang wie "Song 2", aber doppelt so heftig.

Ja, auch wenn sie bisweilen im Pro-Tools-Gewusel vergraben sind, läßt Albarn mittlerweile höchstselbst die sechs Saiten angemessen unordentlich brüllen. Wie in "Crazy beat". Produziert zusammen mit Norman "Fatboy Slim" Cook nimmt erst eine Computerstimme reichlich den Mund voll und bekommt dann eine ganze Ladung Fuzz-Pedal in den Hals gedrückt. Man möchte "Woo-hoo!" schreien und wild durch die Gegend hüpfen.

Vermißt in all diesem herrlichen Eklektizismus eigentlich noch jemand den abtrünnigen Saitenmann? Der darf sich im abschließenden "Battery in your leg" noch ein letztes Mal hervortun. "This is a ballad for the good times / So put a battery in your leg", wird da zu sanftem Bombast geschwelgt. Man kreuze frühe Suede mit mittleren Radiohead. Ein gelungener Abgang für Coxon. "You ain't coming back." Traurig, aber wahr. Und doch für uns nicht ansatzweise Grund, den Kopf hängen zu lassen. Denn Blur sind auch ohne ihn immer noch so verdammt weit vorne. Man könnte - "Parklife" hin, "13" her - sogar sagen, nie waren sie besser. Wer dieses Jahr Anspruch auf die Platte des Jahres anmeldet, muß sich jedenfalls an "Think tank" vorbeimogeln. Freiwillige vor!

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Ambulance
  • Out of time
  • Crazy beat
  • Caravan
  • Moroccan people's revolutionary bowls club

Tracklist

  1. Ambulance
  2. Out of time
  3. Crazy beat
  4. Good song
  5. On the way to the club
  6. Brothers and sisters
  7. Caravan
  8. We've got a file on you
  9. Moroccan people's revolutionary bowls club
  10. Sweet song
  11. Jets
  12. Gene by gene
  13. Battery in your leg

Gesamtspielzeit: 56:05 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Mitschi

Postings: 452

Registriert seit 29.09.2022

2023-07-22 12:16:28 Uhr
Hab das Album rauf und runter gehört.....und ist abwechslungsreicher als dieses neue fade Album.
Für mich 8/10

jo

Postings: 5658

Registriert seit 13.06.2013

2023-07-22 08:05:26 Uhr
Bei mir wäre es auch keine 9, aber durchaus ne gute 8. Starkes Album mit vielen tollen Songs; auch meine Favoriten wurden hier schon des Öfteren erwähnt. Erst im Juni wieder gehört und immer noch sehr gemocht.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2023-07-22 01:41:12 Uhr
Schleppende Hitze ist ein gutes Stichwort. Verbinde das Album extrem damit, auch dank des heftigen Sommers 2003, in dem es rauskam. Und irgendwie klingt viel auf dem Album so.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2023-07-21 23:02:38 Uhr
Eine 9 steht bei mir nicht vorne, aber es ist ein sehr, sehr tolles Album. Neben "Out Of Time" und "Battery" ist bei mir "Caravan" der heimliche Favorit. Ich mag diese schleppende Hitze so gerne.

Ituri

Postings: 413

Registriert seit 13.06.2013

2023-07-21 22:39:53 Uhr
Ich bin hier um Zoran vollends zuzustimmen.
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  • Blur (146 Beiträge / Letzter am 19.11.2022 - 18:34 Uhr)

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