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Joachim Deutschland - Musik wegen Frauen

Joachim Deutschland- Musik wegen Frauen

Chet / Columbia / Sony
VÖ: 14.04.2003

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Wadde hadde dudde da

Damit hatte Ralph Siegel nicht gerechnet. Kaum hatte Mister Tränensack seinen neuen, scheißlangweiligen Song für die jüngste Grand Prix-Vorentscheidung in Position gebracht, kam einer, der all die scharchigen Standards des ärmlichen Senioren über den Haufen warf. Sein Name: Joachim Deutschland. Seine Musik: derb. Sein Hintern: häßlich. Trotzdem präsentierte er ihn bei der Präsentation der Grand Prix-Kandidaten der ganzen Nation. Die BILD-Zeitung hatte ihren ersehnten Skandal, um ihren braven und vor allem strunzdoofen Kanzlerimitator als Kontrast auf die Titelseiten zu hieven, und der farbige Nationalvokalist namens Deutschland nicht zuletzt dank urplötzlich bekannt gewordener Stoibertöchter-Haßtiraden seine Disqualifikation in der Tasche. Nackte Männer-Hintern will im prüden Wettbewerb der Sangesknaben niemand sehen. Deutschland, zero points. Der offizielle Sieger hieß am Ende natürlich Ralph Siegel. Der Meister der Herzen stand schon lange vorher fest.

Provokation als Aushängeschild. Oder auch: Gesellschaftskritik auf Pennäler-Niveau. Die Texte zu Deutschlands Debüt mit dem großartigen Titel "Musik wegen Frauen" nämlich lesen sich, als ob das "FAZ"-Feuilleton von einer Schülergruppe auf Klassenfahrt unterwandert wurde, die sich nach Herzenslust mit Kommentaren zur Lage der Nation austoben darf. Der Opener "Ich tu was ich will" gibt die Richtung vor: "Olli Kahn ist ein Versager / Helmut Kohl ist wieder da" heißt es da, und vor allem "Ich bin immer noch auf der Suche nach einem Babe, das mich versteht / Wie sie aussieht, ist mir nicht wichtig / So lange sie mir einen bläst / Ich fick, wen ich will". Männer sind Schweine. Und dieses Exemplar hier ganz besonders.

How low can you go? Kaum glaubt man, die unterste Schublade ausgemacht zu haben, findet Joachim Deutschland noch eine tiefere. Im zweiten Song zieht es ihn ins CDU-Hauptquartier zu Freund Ede Stoiber. Deutschland besucht den Superstar, sozusagen. Und der zeigt sich am Ende vor allem neidisch auf Joachim Deutschlands Frisur. "Beate Uhse, ich werd Dich vermissen" heißt es an anderer Stelle, und statt des erwarteten Reims mit "beschissen" folgt "Denn seit es sie gibt, trauen sich Frauen, im Stehen zu pissen" Womit wir beim Thema wären: Während Hunde dezent an Laternenpfosten ihr Revier markieren, pinkelt Joachim Deutschland gleich über die ganze Republik.

Wieso das Ganze? Ist der Typ so? Will er den Gummi-Kanzler wieder aus der BILD schubsen? Oder fällt ihm einfach nichts besseres ein als Rammel-Lyrics auf U-Boot-Niveau? Scheißegal. Tief drin ist schließlich jeder von uns noch ein Teenie. Also Hirn aus, Ohren auf, genießen! Und tatsächlich: "Marie" ist ein mittelschwerer Hit. Irgendwo zwischen den Ärzten und Selig trauert Deutschland seine Verflossenen zurück und tritt dabei kräftig nach: "Ganz egal, wo Du Dich rumtreibst, Schlampe! Drecksau! Ich hoffe, es geht Dir schlecht!" lautet der Refrain und geht sowas von ins Ohr, daß eigentlich die ganze Republik mit Deutschland gröhlen sollte. Mit "Sucht" und "Balkon" finden sich gar zwei großartige, vollkommen unpeinliche Balladen, wie man sie diesem Rüpel kaum zugetraut hätte. Ein Mann, zwei Gesichter. Und genau drei Perlen unter all den Säue-Songs. Für eine weitere, 24-sekündige Glanztat namens "Song für Echt" hat Herr Deutschland ohnehin einen Orden verdient: Auf einem Billig-Glockenspiel stümpert er "When the saints go marching in" und widmet es danach unter bissigem Gelächter mit den Worten "An die Leute von Echt. Von Deutschland für Euch!" seiner Lieblingspopgruppe. From Deutschland with love.

(Armin Linder)

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Highlights

  • Marie
  • Sucht
  • Balkon

Tracklist

  1. Ich tu was ich will
  2. Haare
  3. Oase
  4. Luder
  5. Song für Echt
  6. Satt
  7. Marie
  8. Cannabis
  9. Sucht
  10. -
  11. Prinzessin
  12. Perfekt
  13. Balkon
  14. 99 Helden
  15. Versuchung
  16. Johannes Faber

Gesamtspielzeit: 49:21 min.

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